Von Alfred Denzinger – Schorndorf. Im September wurde bekannt, dass die AfD in den Remstalstuben wohl regelmäßig zu einem Stammtisch einlädt (siehe „AfD-Stammtisch gestört„). Als sich der Wirt Rüdiger Unverdruss offen mit der AfD solidarisierte, rief das Bündnis Zusammen gegen Rechts (ZgR) erneut zu einer Kundgebung vor dem Lokal auf. Dem Aufruf folgten am Montag, 19. Oktober, 50 Personen.
Der Fachbereich „Sicherheit und Ordnung“ der Stadt Schorndorf hat nach Angaben des ZgR per Mail mitgeteilt, dass der AfD-Stammtisch nicht stattfinden werde. Dies wertet das antifaschistische Bündnis als ersten Erfolg seiner Arbeit in dieser Sache.
Vor dem Lokal schrieben TeilnehmerInnen der Kundgebung mit Kreide und Sprühdosen Parolen auf die Straße: „Kein Raum für die AfD“, „Keine Pizza für Rassisten“ und andere.
Es wurden Reden gehalten. Unter anderem sprachen die Migrantifa Stuttgart und ein Gewerkschafter. Stellwände informierten über die rechte Szene im Rems-Murr-Kreis. Auch der Schorndorfer CDU-Stadtrat Thomas Schaal zeigte sich zunächst interessiert an den Informationen. Er gesellte sich jedoch alsbald demonstrativ zu der Handvoll rechten Zaungästen. In einer späteren Stellungnahme der CDU-Gemeinderatsfraktion war dann zu lesen: „Die Akzeptanz und Verharmlosung der perfiden Vorgehensweise der Antifa durch die Schorndorfer SPD machen sprachlos.“
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- Zaungäste mit …
- … CDU-Stadtrat
ZgR-Sprecher Tim Neumann erklärte: „Heute waren wir gemeinsam mit 50 AntifaschistInnen vor den Remstalstuben in Schorndorf auf der Straße. Nach dem Willen des Inhabers, Rüdiger Unverdruss, soll sich dort auch weiterhin die AfD für ihre Stammtische treffen dürfen. Wir hingegen haben mit den verschiedenen Redebeiträgen klar gemacht, dass wir Drohungen gegen Geflüchtete und ArbeiterInnen, sowie auch ein offenes Lokal für die AfD nicht ohne Protest und Aufklärungsarbeit hinnehmen. Gerade jetzt, in Zeiten von Wirtschaftskrise, hochschnellenden Infektionszahlen und Razzien bei faschistischen Terroristen in Backnang, ist Arbeit gegen Rechts enorm wichtig. Aufgrund letztgenanntem Ereignis planen wir bereits eine baldige Aktion.“ Die Aktion in Backnang fand am Samstag, 24. Oktober, statt. Unser Bericht hierzu folgt in den nächsten Tagen.
Die Rede von Tim Neumann auf der Kundgebung im Wortlaut:
„Ob Wahlkampfveranstaltung, Infostand oder die sogenannten „Alternative Runden“: wo immer die AfD versucht ihre menschenverachtende Politik zu propagieren, müssen wir präsent sein und klare Kante zeigen. Gerade jetzt ist das besonders wichtig: Bereits vor der Corona-Pandemie zeichnete sich eine Wirtschaftskrise ab, die besonders die Automobilbranche und damit den wichtigsten Wirtschaftszweig unserer Region besonders hart treffen wird. Diese Krise wird durch Corona noch verstärkt und stellt uns Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor große Herausforderungen. Im beginnenden Landtagswahlkampf spielt sich die AfD als Partei der kleinen Leute auf. Mit sozialdemagogischen Parolen sollen wir Werktätigen als WählerInnen gewonnen werden.
Doch die Maßnahmen, die die AfD zur Verbesserung unserer Situation vorschlägt, sind für jeden arbeitenden Menschen an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Dort werden kaum relevante Gebühren, wie der Rundfunkbeitrag oder angeblich steigende Stromkosten als unsere größten Probleme dargestellt. Zu unseren wirklichen Problemen, wie steigende Mieten und knapper Wohnraum, Kurzarbeit und Stellenabbau schweigt die AfD allerdings.
Das hat System! Denn die AfD ist die Partei der Bosse und Bonzen. Das zeigt nicht nur ihr arbeitnehmerInnenfeindliches Wahlprogramm, sondern auch die Lebensläufe der AfD PolitikerInnen. Nehmen wir zum Beispiel die Vorsitzende des Landesverbands Baden-Württemberg, Alice Weidel, die sich als Vermögensverwalterin bei der Investmentbank Goldman Sachs eine goldene Nase verdiente und illegale Spenden im 6-stelligen Bereich vom Schweizer Immobilienmilliardär Henning Conle erhielt.
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Aber auch die AfD Rems-Murr besteht aus gutsituierten Berufspolitikern, die lieber andere für sich arbeiten lassen, als selbst einen Finger krumm zu machen. Der lokale AfDler Daniel Lindenschmid, der seine sogenannte „Alternative Runde“ allmonatlich hier in den Remstalstuben abhält, ist ein Karrierist wie aus dem Bilderbuch. Noch nie arbeiten gewesen, hat er sich direkt als Referent des AfD-Europaabgeordneten Lars Patrick Berg alimentieren lassen. Als solcher ist er auch so gut wie nie in „seinem“ Wahlkreis anzutreffen, außer um Stimmen zu fangen und sich bei Unternehmern anzubiedern.
Doch damit nicht genug: die AfD versucht aktiv die ArbeiterInnenbewegung in der Region anzugreifen. Dabei ist sie sich nicht zu schade gemeinsame Sache mit dem „Zentrum“, einer faschistischen Betriebsgruppe mit engen Verbindungen zu rechtsterroristischen Gruppen wie NSU und Combat 18 zu machen. „Zentrum“ versucht unter anderem im Daimler Werk Untertürkheim den Betriebsrat von innen heraus in seiner Arbeit zu behindern und ruft zur Zersetzung von Gewerkschaften auf.
Damit steht die AfD als Bindeglied zwischen Kapitalisten und Faschisten in einer unrühmlichen Tradition. In der Geschichte wurden Rechte in zugespitzten Situationen immer als Rammbock gegen die ArbeiterInnenbewegung eingesetzt. Deshalb ist es für uns als linke, organisierte ArbeitnehmerInnen wichtig, einen antifaschistischen Selbstschutz zu organisieren. Unsere Kernaufgabe als AntifaschistInnen ist der Schutz linker Bewegungen und linker Aktionen vor Angriffen durch Faschisten. Das geht nur gemeinsam, solidarisch und organisiert: Gelegenheit dazu gibt es beim Offenen Antifaschistischen Treffen Rems-Murr, immer am zweiten Dienstag des Monats um 19 Uhr in der Fronackerstraße 60 in Waiblingen.
Rechte Hetze schafft keine Arbeitsplätze!“
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