Von Helena Kehr – Stuttgart. Europaweit gab es am letzten Märzwochenende Protestaktionen gegen die steigenden, für viele unbezahlbaren Mieten und für bezahlbaren Wohnraum. Auch in Stuttgart riefen mehrere Organisationen, darunter die Partei „Die Linke“ und die Initiative „Solidarität und Klassenkampf“, zu einer Kundgebung am Erwin-Schoettle-Platz auf. Mit FFP2- oder OP-Masken und Abstand versammelten sich auf dem Platz bis zu 150 Menschen bei schönem Frühlingswetter.
Ein Sprecher der Organisation „Solidarität und Klassenkampf“ machte den Anfang und erklärte, wie schwierig wegen stark steigender Mieten und jahrelangen Leerstands von Spekulationsobjekten die Lage für viele Menschen sei. Stuttgart war erst wenige Tage zuvor in einer Studie als Stadt mit den höchsten Mieten Deutschlands „gekürt“ worden.
Stadtrat Tom Adler nannte einige lokale Beispiele und informierte über vom Stuttgarter Gemeinderat abgelehnte Anträge zu sozialem Wohnraum. Die beiden ehemaligen Hausbesetzerinnen Adriana und Rosevita berichteten von massiver Repression, der sie ausgesetzt seien und die sie auch zivilrechtlich finanziell ruinieren solle. Sie berichteten aber auch von einer starken und vielfältigen Solidarität, mit der der Repression entgegengewirkt worden sei, und riefen zu weiterer Aktivität auf.
Nach der Kundgebung machte sich der Großteil der TeilnehmerInnen auf zu einem Spaziergang durch den Stadtteil Heslach. Begleitet von Beats aus einem Bollerwagen spazierten über 100 Menschen generationenübergreifend vor das ehemals besetzte Haus in der Wilhelm-Raabe-Straße. Dort stehen die Wohnungen weiterhin leer, und das Haus wird von mehrere Kameras „bewacht“. AktivistIinnen brachten einige Protestplakate am Haus an. Die spontane Demo zog weiter. Im Böhmisreuteweg und im Erdgeschoss an der Ecke Taubenstraße/Untere Straße wurde weiterer jahrelanger Leerstand markiert.
Die zwischenzeitlich aufgefahrene Polizei begleitete die DemonstrantInnen unter anderem mit einem Kamerawagen. Herbeieilende BereitschaftspolizistInnen wirkten gestresst und überfordert, kamen allerdings auch erst kurz vor Ende der Aktion an.
In der Böblinger Straße machte die Demo auf eine Großbaustelle aufmerksam. Auf dem ehemaligen Hofbräu-Gelände baut Aldi einen Supermarkt und Eigentumswohnungen. Von 60 aller Voraussicht nach hochpreisigen Wohnungen sollen lediglich vier Sozialwohnungen werden.
Ein Sprecher erklärte, dass der profitorientierte Wohnungsmarkt nicht vom Kapitalismus zu trennen sei und somit das gesamte kapitalistische System abgeschafft gehöre, gefolgt von einer Einladung, beim offenen Treffen von „Solidarität und Klassenkampf“ mitzuwirken, verschiedene soziale und betriebliche Kämpfe zu verbinden und für den Sozialismus zu kämpfen. Störungsfrei lief die Demo zurück zum Erwin-Schöttle-Platz, wo die Aktion selbstbestimmt beendet wurde. Der „Housing action day“ habe gezeigt, dass das Thema Wohnraum und hohe Mieten viele Menschen betrifft und auch auf die Straße bringt, so die OrganisatorInnen.
Infos zur europaweiten Kampagne: https://housingnotprofit.org/housing-action-day/
Zum deutschlandweiten Aktionstag: https://www.housing-action-day.net
Zur Organisation „Solidarität und Klassenkampf“: https://solidaritaet-und-klassenkampf.org
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