Von Franziska Stier – Basel. Das Pflegepersonal machte am Mittwoch, 12. Mai, international auf seine Situation aufmerksam. In Basel demonstrierten gleich zwei Gruppen. Der Pflegeverband SBK und die Gewerkschaft SYNA riefen für den Spätnachmittag am Bahnhof SBB zum Walk of Care auf. Pflegedurchbruch und die Gewerkschaft vpod versammelten sich eine Stunde später um 18 Uhr am Messeplatz. Von dort aus ging es unter anderem zum Uni-Spital, um der Krankenhausleitung einen Forderungskatalog des Personal zu übergeben.
Nach Angaben des vpod nahmen über 1000 Menschen an diversen Aktionen in den Spitälern und auf der Straße teil. Mehr als 600 von ihnen beteiligten sich an der Demonstration am Messeplatz. Die Forderungen des Gesundheitspersonals umfassen nicht nur anständige Löhne und eine adäquate Corona-Prämie, sondern vor allem Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und langfristige Massnahmen wie mehr Personal und eine Altersentlastung.
„Gesundheitsaufstand gilt für alle!“
Nicht nur das Gesundheitspersonal, das vor allem in Berufskleidung auf die Straße ging, erkennt den Pflegenotstand. Auch Menschen aus anderen Berufssparten solidarisieren sich mit den Pflegekräften. „Klatschen reicht nicht“, ist auf einigen Plakaten zu lesen. Wieder andere thematisieren, das längst nicht alle Pflegende Löhne haben, die zum Leben reichen. Gerade in der Altenpflege oder in der 24-Stunden-Betreuung sind die Löhne tief. Schilder wie „23 Franken, sonst klatscht’s – aber keinen Beifall“ machten auf die anstehende kantonale Mindestlohnabstimmung und den Notstand in der Pflege aufmerksam. Auch die Umziehzeit wurde thematisiert, da diese häufig nicht als Arbeitszeit anerkannt wird.
Deniz Killi, Aktivistin im Pflegedurchbruch, machte in ihrer Eröffnungsrede darauf aufmerksam, dass seit Pandemiebeginn das politische und öffentliche Augenmerk auf die die großen Krankenhäuser gerichtet ist, aber auch Altenpflege und ambulante Betreuung nicht vergessen werden dürfen. Dafür erntete sie regen Applaus. Die Systemrelevanz der Pflege zieht sich durch alle Bereiche, und die ganze Gesellschaft muss für sie Sorge tragen, jetzt und in Zukunft. In der aktuellen Situation, bemängelt sie, reiche die Zeit für Pausen häufig nicht. Die Grundversorgung der PatientInnen könne oft nicht gewährleistet werden, und Überstunden sind eher Standard als Ausnahme.
„Der Pflegenotstand ist nicht neu“
Das Gesundheitssystem stellt häufig nicht die Gesundheit von PatientInnen oder gar Personal ins Zentrum, sondern den Profit. „Wir haben diesen Beruf nicht gewählt, um Menschen nur einen Bruchteil der Fürsorge zu geben, die sie verdienen und brauchen“, erklärt die Rednerin.
Seit Pandemiebeginn drang die Arbeit des Gesundheitspersonals stärker ins gesellschaftliche Bewusstsein. Während jedoch auf den Balkonen geklatscht wurde, mussten einige Pflegekräfte trotz positivem Corona-Testergebnis arbeiten gehen.
Der Pflegenotstand begann nicht erst vor einem Jahr. Die Geschichte der Krise des Gesundheitswesens ist lang und begann nicht erst mit Corona. Bereits die Einführung der Fallpauschalen und andere Ökonomisierungsbestrebungen verschlechterten die Situation für Pflegende und PatientInnen enorm.
„Heute Demo, morgen Streik!“
Das Gesundheitspersonal schlägt deutliche Töne an, so skandierten die Pflegenden neben „Pflegenotstand“ auch „Heute Demo, morgen Streik!“. Joël Lier, Gewerkschaftssekretär des vpods Region Basel, meint zu der Demonstration: „Die Wut des Gesundheitspersonals wurde heute deutlich auf die Straße getragen. Die Arbeitgeber und die Politik müssen dieses Signal ernstnehmen. Gemeinsam mit uns Gewerkschaften müssen nun endlich Lösungen gefunden werden, um den Teufelskreis von sich verschlechternden Arbeitsbedingungen und Pflegemangel zu durchbrechen.“
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