Von Sahra Barkini – Stuttgart. Der Tod des US-Amerikaners George Floyd jährte sich am 25. Mai erstmals. Anlässlich seines Todestages, aber auch um vieler anderer Todesopfer von Rassismus und Polizeigewalt zu gedenken, veranstaltete „0711united against racism“ am Freitag. 28. Mai, eine Gedenkdemonstration. 340 überwiegend junge Menschen folgten diesem Aufruf und zogen nach einer kurzen Auftaktkundgebung vom Marienplatz durch die Innenstadt zum Eckensee. Die Polizei verhielt sich meist zurückhaltend, zeigte allerdings während der Zwischenkundgebung an der Ausländerbehörde verstärkt Präsenz und filmte oftmals.
George Floyd, Oury Jalloh, Christy Schwundeck, Amad Ahmed und Oosay Khalaf: Das sind nur einige der Menschen, die ihr Leben durch PolizistInnen oder in Polizeigewahrsam verloren haben. Ihrer wurde an diesem Freitagabend auf Schildern und Transparenten gedacht.
Vor einem Jahr löste der rassistische Mord an George Floyd weltweit Entsetzen aus und führte auch in Deutschland zu großen Protesten und Demonstrationen der Black-Lives-Matter-Bewegung unter anderem in Stuttgart (siehe „Silent-Demo gegen Rassismus„). In einem Video, das damals um die Welt ging, war zu sehen, wie der Polizist Dereck Chauvin 8 Minuten und 46 Sekunden mit vollem Körpergewicht auf Floyds Hals kniete. Dies unterließ er trotz des Flehens von Floyd nicht. Ein letzter Satz von Floyd „I can’t breathe“ ging um die Welt und fachte eine Diskussion über Rassismus an.
Medizinische Hilfe verweigert
Inzwischen ist Chauvin in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen. Dies hat am rassistischen System nichts geändert. Es gab weitere Todesfälle in den USA in Zusammenhang mit Festnahmen. Auch in Deutschland starb vor ein einigen Wochen der nur 19-jährige Kurde Qosay Khalaf in Delmenhorst. Obwohl er bei seiner Ingewahrsamnahme angab, keine Luft zu bekommen, wurde ihm über einen langen Zeitraum medizinische Hilfe verwehrt. Er starb wenig später im Krankenhaus.
In einem Audiobeitrag forderte der Cousin von Khalaf, die BeamtInnen müssten zur Rechenschaft gezogen werden und Verantwortung übernehmen. In weiteren Redebeiträgen kamen von Rassismus Betroffene zu Wort. Sie sprachen über ihre Erfahrungen bei der Wohnungs- oder Jobsuche und über Racial Profiling durch die Polizei. Für die OrganisatorInnen der Demonstration ist klar, dass es keine Gerechtigkeit gibt, dass dieses System auf Ausgrenzung, Rassismus und Ausbeutung basiert. Für eine gleichberechtigte Gesellschaft müsse man selbst aktiv werden.
Nach einer Schweigeminute setze sich der Demonstrationszug in Bewegung. „No justice, no Peace – fight the Police“, „Black Lives Matter“, „Halle, Hanau, rassistischer Mord – Widerstand an jedem Ort!“, „Wer schweigt, stimmt zu, lasst Rassisten nicht in Ruh“, „Ob Minneapolis oder Delmenhorst – Widerstand an jedem Ort“, „Siamo tutti Antifascisti“ schallte es durch den Stuttgarter Abend. Zustimmung gab es von PassantInnen, von Menschen in den Straßencafés, aber auch aus Häusern.
Rassismus oft im Verborgenen
Am Marienplatz hängten AnwohnerInnen ein Transparent aus dem Fenster. Vor einer Polizeiwache wurden Plakate mit den Gesichtern von ermordeten Menschen angebracht und ihre Geschichte erzählt. An der Ausländerbehörde fand eine Zwischenkundgebung statt. Dort wurden an die Außenwände Aussagen von Angestellten wie: „Wir brauchen in Deutschland gesunde und leistungsfähige Ausländer. Kranke Ausländer sollen dorthin gehen, wo sie herkommen“ angebracht und somit öffentlich gemacht, was sonst verborgen bleibt. Um die Ausländerbehörde hatte sich eine Gruppe behelmter PolizistInnen positioniert.
Über die Hauptstätter Straße zog der Demonstrationszug vorbei am Hotel Silber zum Eckensee. Auch hier wurde deutlich, worum es den Demonstrierenden ging. So wurde „Nazis morden, der Staat schiebt ab – das ist das gleiche Rassistenpack“, „Nazis morden, der Staat macht mit – der NSU war nicht zu dritt!“ und „Hoch die internationale Solidarität“ skandiert. Am Eckensee waren Schilder aufgestellt, die auf die Wut der Betroffenen von Rassismus hinwiesen. So zum Beispiel: „Ich bin wütend, weil man mir straight ins Gesicht sagt, dass wir Terroristen sind.“ Oder „Ich bin wütend, weil rassistische Gewalt immer noch als ‚Einzelfälle‘ von ‚Einzeltätern‘ kleingeredet wird.“, „Ich bin wütend, weil ÄrztInnen nicht lernen, wie man Krankheiten bei Schwarzen erkennt.“
Zum Abschluss der Demonstration gab es Musik.
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