Von Sandy Uhl – Ulm. Eine unbekannte Person verübte am Samstag, 5. Juni, einen Brandanschlag auf die Ulmer Synagoge. Die Polizei suchte mit einem Großaufgebot nach dem Täter. Am Abend gab es vor der Synagoge eine Mahnwache, bei der auch der Antisemitismusbeauftragte von Baden-Württemberg, Dr. Michael Blume, anwesend war. Die Ulmer Synagoge ist immer wieder Zielscheibe für antisemitistische Angriffe. Plakat- und Aufkleberaktionen gab es bereits vor ein paar Wochen.
Nur dank eines Zeugen und des schnellen Eintreffens der Feuerwehr, konnte offenbar ein größerer Schaden an der Ulmer Synagoge verhindert werden. Ein bislang Unbekannter hatte am Samstag gegen 8 Uhr in der Früh eine Flüssigkeit an der Frontfassade der Synagoge geleert und entzündet. Der Täter flüchtete anschließend zu Fuß und wurde trotz einer sofortigen Großfahndung der Polizei, die Brücken und Zufahrtsstraßen großräumig kontrollierte, bislang nicht gefasst. Laut Polizei handelt es sich um einen Einzeltäter. Der Staatsschutz wurde zu den Ermittlungen hinzugezogen, bei denen unter anderem Bilder der Videokameras ausgewertet werden. Ob der Anschlag mit dem Jahrestag des Sechstagkriegs, oder auch Junikriegs genannt, im Zusammenhang steht, ist derzeit offen.
Spontane Mahnwache
Am Abend kamen rund 200 Menschen zu einer Mahnwache vor der Synagoge. Auch Bundes- und Landtagsabgeordnete waren vor Ort, unter anderem Hilde Mattheis von der SPD und Michael Joukov-Schwellig von den Grünen, der Mitorganisator der Mahnwache war. Der Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch bedankte sich bei den Ulmer BürgerInnen für ihre Solidarität mit der jüdischen Ulmer Gemeinde. In einer ersten Stellungnahme am Mittag bezeichnete Czisch die Tat bereits als einen „feigen Brandanschlag“ und verurteilte ihn in aller Schärfe.
Der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Dr. Michael Blume unterbrach spontan seinen Urlaub, um seine Unterstützung vor der Synagoge mit den Worten auszudrücken: „Wir werden Hass vielleicht nie verhindern können, aber wenn er geschieht, sind wir für Euch da.“
Plakataktion vor Ulmer Synagoge
Die Ulmer Synagoge ist seit längerem immer wieder Zielscheibe von anti-israelischen und antisemitischen Aktionen. Am 19. Mai tauchte in der Ulmer Facebookgruppe „Du weißt, dass du aus Ulm/Neu-Ulm bist, …“ ein Post auf, auf dem eine anti-israelische Plakataktion vor der Ulmer Synagoge zu sehen war. Die Kommentare gingen von „“Wow gute Aktion“ bis hin zu „Ekelhafte Aktion“. Verantwortlich für die Aktion ist laut Polizei eine 32-jährige Frau aus der Region Ulm. Verfasst in Englisch, lautete die Übersetzung auf den Plakaten „Freies Palästina – Stoppt das Töten Unschuldiger“ und „Vergesst eure eigene Geschichte nicht“. Ulms Rabbiner Shneur Trebnik zeigte sich in einem Interview mit dem SWR entsetzt über den Vergleich mit dem Holocaust. Das Kollektiv.26 schrieb zu dem Vorfall auf Twitter: „Wer eine jüdische Gemeinde kollektiv für Handlungen von Israel verantwortlich macht, handelt antisemitisch.“ Nach Einschätzung der Polizei liegt bei der Aktion jedoch kein strafrechtlich relevanter Inhalt vor. Und auch die Stadt sieht offenbar, auch aufgrund der polizeilichen Aussage, keinen weiteren Handlungsbedarf. Zuvor hatte sie angekündigt prüfen zu lassen, ob ein Bußgeld gegen die 32-Jährige verhängt werden kann.
Rechtsextreme Aktionen mit israelfeindlicher Botschaft
Am Samstag, 23. Mai, wurden nachmittags zwei Personen – augenscheinlich Aktivisten der rechtsextremen Kleinpartei „Der III. Weg“ – beobachtet, wie sie über mehrere Stunden Anti-Israel-Aufkleber sowie rechtsextreme Propaganda im Ulmer Innenstadtbereich anbrachten. Auf einem der Aufkleber war „Terrorstaat Israel“ zu lesen. Die Personen versuchten offenbar, auch in der Nähe der Ulmer Synagoge Aufkleber anzubringen. Diese war jedoch durch Polizeikräfte gesichert, nachdem die Stadt Ulm eine Pro-Palästina-Demo, die auf dem Münsterplatz angekündigt war, untersagt hatte. Nach Angaben vom Recherchekollektiv „Rechte Umtriebe Ulm“ wurden mehr als 150 Aufkleber entfernt. Die Polizei sieht keinen Handlungsbedarf, da nach Aussage der Behörde keine Strafanzeigen vorliegen.
Schläge gegen die Ulmer Synagoge
Bereits 2017 ereignete sich in der Nacht auf den 2. September ein Vorfall an der Ulmer Synagoge, der durch Kameras aufgezeichnet wurde. Ein bislang unbekannter Täter, der in Begleitung von weiteren sechs Männern war, hatte wiederholt gegen die Fassade der Synagoge getreten. Nachdem der Täter beim ersten Mal gestört wurde, tauchte er mit der Gruppe ein zweites Mal in der Nacht auf. Eine Kalksteinplatte der Fassade brach letztlich, als zur Unterstützung der Schläge ein Eisenpoller eingesetzt wurde.
Zum Brandanschlag vom Samstag sagte Rabbiner Shneur Trebik gegenüber dem SWR, dass sich die jüdische Gemeinde in Ulm nach wie vor sicher fühle. Ein Ulmer Bürger mit Zivilcourage habe dafür gesorgt, dass nicht Schlimmeres passiert sei.
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