Erbil/Frankfurt. Während TeilnehmerInnen der „Internationalen Delegation für Frieden und Freiheit in Kurdistan“ bereits in Düsseldorf am 12. Juni von der Bundespolizei ein Ausreiseverbot erhielten, konnten andere Personen nach Erbil fliegen. Mit dabei der BN-Chefredakteur Alfred Denzinger und unsere Mitarbeiterin Franziska Stier. Beide JournalistInnen wurden am Sonntag, 13. Juni, getrennt von Erbil über Ägypten bzw. Katar nach Frankfurt abgeschoben. In Frankfurt empfingen rund 100 Menschen die abgeschobenen TeilnehmerInnen der Delegation in der Flughafenhalle.
In Erbil wurden unsere beiden MitarbeiterInnen mit anderen TeilnehmerInnen der Delegation im Flughafengebäude festgehalten und nachträglich trotz vorhandenen Visa an der Einreise gehindert (siehe „Friedensdelegation wartet auf Abschiebung“ und „Bundespolizei hält Friedensdelegation fest„).
Die Polizei sah sich in Frankfurt durch die kurze Berichterstattung unseres Chefredakteurs gegenüber den Anwesenden über die Ereignisse in Düsseldorf und Erbil aufgefordert, seine Personalien aufzunehmen. Sie wollten von ihm wissen, ob die Leute von ihm organisiert wurden und/oder ob er dafür verantwortlich sei. Ein weiterer „Sicherheitsmitarbeiter“ des Flughafens wollte von ihm wissen, ob dies hier eine Kundgebung für die PKK sei. Eine Teilnehmerin intervenierte bei den Polizisten, sie sollen ihn nicht weiter belästigen und nicht weiter einschüchtern. Denzinger kommentierte dies fast belustigt: „Die können mich nicht einschüchtern – nicht nach dem Erlebtem der letzten beiden Tage“.
Viele Fragen bleiben offen – JournalistInnenverband dju fordert Aufklärung
Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in Verdi zeigt sich erleichtert, dass die am Samstag im Irak festgesetzten und u.a. aus Hamburg stammenden JournalistInnen (https://kurzelinks.de/bwut) am Sonntag nach Deutschland zurückkehren konnten, fordert jedoch Aufklärung über die konkreten Umstände des Vorfalls. „Viele Fragen bleiben offen. Woher hatten die irakischen Sicherheitskräfte am Flughafen in Erbil die Namensliste, anhand derer sie die JournalistInnen bei der Einreise gezielt herausgezogen haben? Welche Rolle spielen hierbei die deutschen Behörden? Und mit welcher Begründung wurden die PressevertreterInnen daran gehindert, ihrer Arbeit nachzugehen?“, fragt Tina Fritsche, Landesgeschäftsführerin der dju in Verdi in Hamburg/Nord.
Fritsche erinnert in diesem Zusammenhang an den Skandal rund um die entzogenen Akkreditierungen beim G20-Gipfel im Juli 2017 in Hamburg. Damals habe das Bundespresseamt mehreren JournalistInnen – darunter auch der BN-Chefredakteur Alfred Denzinger – auf Grundlage von angeblichen Erkenntnissen des Verfassungsschutzes die Akkreditierung entzogen und dabei mit einer Namensliste agiert. Die Rechtswidrigkeit dieses Vorgehens sei im Nachhinein gerichtlich festgestellt worden (siehe „Klare Niederlage für die BRD„). Die Frage, wieso überhaupt und in welchen behördlichen bzw. geheimdienstlichen Kanälen berufliche Informationen über PressevertreterInnen gesammelt und intrabehördlich kommuniziert wurden, habe allerdings bis heute nicht geklärt werden können, so Fritsche.
„Wenn Recherchen in schwierigen Lagen wie etwa in Krisengebieten dazu führen, dass Medienschaffende in Deutschland kriminalisiert und bei ihrer Berufsausübung behindert werden, ist das grundsätzlich inakzeptabel“, stellt die Landesgeschäftsführerin der dju in Verdi klar. Die in Erbil festgehaltenen JournalistInnen seien zwar zurück in Deutschland, ihrer Arbeit aber – der Berichterstattung aus den im Nordirak liegenden kurdischen Gebieten – konnten sie nicht nachgehen. „Wir befürchten zudem, dass die Namen der aus dem Irak verwiesenen JournalistInnen nun in Datenbanken deutscher Sicherheitsbehörden landen, wo sie nicht hingehören“, warnte Fritsche. Dies müsse dringend aufgeklärt bzw. verhindert werden.
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