Kommentar von Sahra Barkini – Stuttgart. Zwei Jahre sind vergangen, seit ein Rassist in Hanau neun Menschen umgebracht hat. Mercedes Kierpacz, Ferhat Unvar, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Sedat Gürbüz, Hamza Kurtović, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Gökhan Gültekin mussten sterben, weil sie nicht in das rassistische Weltbild des Täters passten.
Zwei Jahre fordern die Angehörigen nun Aufklärung und Gerechtigkeit. Der 19. Februar stand im Zeichen des Gedenkens an Hanau. In vielen Orten wurde erinnert und gemahnt. So auch in der Stadt selbst. Dort gab es auf dem Friedhof eine zentrale Gedenkveranstaltung. Zu ihr waren PolitikerInnen aller Couleur eingeladen – auch der AfD-Vorsitzende. Warum man diesen Menschen dazu eingeladen hat, bleibt wohl das Geheimnis des Landes Hessen.
Das Land hat die Gedenkfeier vereinnahmt, klagt die Mutter von Sedat Gürbüz. Sie sagte: „Wer gibt euch dieses Recht? Ich gebe euch dieses Recht nicht!“ Für Emiş Gürbüz ist klar: Nur die Angehörigen der Opfer dürften entscheiden, wer auf dem Friedhof teilnehmen darf. Sie wird dieses übergriffige Verhalten gegenüber den Angehörigen nicht verzeihen. Hessen lässt jedes Feingefühl vermissen, wenn AfD-Mitglieder teilnehmen dürfen und Freunde der Opfer auf dem Friedhofsparkplatz von der Polizei weggeschickt und mit Platzverweisen bedroht werden.
Als wäre das nicht schon schlimm genug, vergleicht der Oberbürgermeister von Hanau Claus Kaminsky (SPD) dann noch die Opfer der rassistischen Morde mit den Opfern der Bombennacht von 1945. Ich frag mich ja schon, ob PolitikerInnen eigentlich nachdenken bevor sie reden. Mir kommen da Zweifel. Schließlich hat der Oberbürgermeister von Stuttgart Dr. Frank Nopper (CDU) eine Lichtprojektion am Rathaus verboten, da er keinen Bezug zwischen Hanau und Stuttgart sah. Das Land Baden-Württemberg beziehungsweise Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) sah nicht nur den Bezug, sondern auch die Notwendigkeit, und stellte die Fassade des „Alten Schlosses“ für die Projektion zur Verfügung.
Und dann noch München. Dort prügelte die Polizei auf die DemonstrantInnen ein, und das nicht nur während der Demonstration, sondern auch noch auf dem Weg in die Bahn. Das ist auf Videos des Kollektiv Communique zu sehen. Bei einer Gedenkdemonstration für die Ermordeten von Hanau hat die Polizei nichts Besseres zu tun, als auf die DemonstrantInnen einzuprügeln? Da frag ich mich: Wo wart ihr, als in der Mordnacht in Hanau die Notrufe ins Leere liefen?
Lippenbekenntnisse von PolitikerInnen helfen nicht. Sie generieren höchstens Bilder für die Medien. Das Land Hessen täte jedenfalls gut daran, beim künftigen Gedenken den Angehörigen höchstens unterstützend beizustehen und nicht alles zu vereinnahmen. Allen anderen sei gesagt: Hanau war kein Einzelfall, und Hanau ist überall.
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