Von Sahra Barkini – Stuttgart. Zum „Internationalen Tag gegen Rassismus“ gab es am 19. März eine Kundgebung in Stuttgart. Initiiert wurden die Aktionen von Aufstehen gegen Rassismus Stuttgart. Just an diesem Tag mobilisierte der Stuttgarter Kreisverband der AfD auf den Schillerplatz zu einer Kundgebung gegen die Impfpflicht. Dies war inzwischen die dritte Kundgebung in Folge, in der die rechtsextreme und in Teilen faschistische Partei versuchte, Anschluss an die „Querdenker“ zu finden. Doch auch dieser Versuch scheiterte. Gerade mal 45 AnhängerInnen folgten dem Aufruf. Etwa 200 GegendemonstrantInnen protestierten an zwei Zugängen zum Schillerplatz. Die Polizei war wie immer mit einem Großaufgebot vor Ort. Zwei Wasserwerfer, 8 PolizeireiterInnen und dutzende BeamtInnen waren im Einsatz.
Unterstützt von einem breiten Bündnis, begann um 15 Uhr die Kundgebung gegen Rassismus am Stuttgarter Schlossplatz. An Ständen unter anderem der IG Metall, VVN-BdA und der Linken konnte man sich mit Info-Material eindecken, während vor der Commerzbank mit Redebeiträgen einer Tanzperformance und Musik die eigentliche Kundgebung stattfand. Da um 16 Uhr die AfD-Kundgebung begann, zogen viele zu den Zugängen des Schillerplatzes, um lautstark gegen die AfD zu protestieren. Die Proteste gegen die rechte Kundgebung wurden die ganze Zeit der AfD-Veranstaltung aufrecht erhalten und nahmen somit der Partei auch noch das letzte Stückchen Außenwirkung. Als RednerInnen waren Martina Böswald (AfD-Landtagskandidatin für den Wahlkreis Breisgau), Jochen Lobstedt (Landesvorsitzender der Jungen Alternative) und Andreas Mürter (AfD-Landtagskandidat für den Wahlkreis Wahlkreis
Stuttgart III) vor Ort.
Quälende Fragen auch nach Hanau
„Es gibt kein Recht auf Nazi Propaganda“, „Ganz Stuttgart hasst die AfD“, „Siamo tutti antifascisti“ schallte es durch den sonnigen, aber kalten Samstagnachmittag. PassantInnen blieben sowohl bei der Kundgebung als auch bei den Protesten stehen. Stellvertretend für die vielen Redebeiträge zitieren wir aus dem Redebeitrag von Anil Besli von der Migrantifa Stuttgart. Er sprach über die Opfer von Hanau: Mercedes Kierpacz, Ferhat Unvar, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Sedat Gürbüz, Hamza Kurtović, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu und Gökhan Gültekin. Die Angehörigen werden immer noch von vielen offenen Fragen gequält – zum Beispiel, warum der Notruf an diesem Abend nicht erreichbar war. Und wie konnte es sein, dass 13 der eingesetzten Beamten aus der aufgelösten rechtsextremen Frankfurter SEK Einheit stammten?
Serpil Unvar, die Mutter des Ermordeten Ferhat, gründete eine Bildungsinitiative, obwohl Bildung und Aufklärung eigentlich Sache des Staates ist. „Wir leben in einem Land, in dem der Staat den Täter schützt anstatt die Opfer und ihre Familien. Wir leben in einem Land in dem die Familien der Opfer eines Terroranschlags Aufklärungsarbeit leisten müssen weil es der Staat nicht macht.“ Zu keinem Zeitpunkt nach der schrecklichen Tat von Hanau habe Besli erwartet, dass der Staat gute Arbeit leisten würde. Denn er habe es nie getan und werde es auch nie tun. Er erinnerte an den NSU und an Sadri Berisha. Auch bei den Morden von Hanau würden Fragen ungeklärt bleiben. Es wäre nicht überraschend, wenn auch diese Akten für 125 Jahre geschlossen werden. Weiter sagte er: „Wir müssen den Rassismus in Deutschland und der Welt täglich benennen und nicht nur an einem einzelnen Tag und nicht aufhören, Fragen zu stellen, denn es muss endlich Konsequenzen geben.“
Wie die Security Menschen sortiert
Nach der Kundgebung zum „Internationalen Tag gegen Rassismus“ konnte man die augenscheinliche rassistische Türpolitik eines Einkaufszentrums beobachten. Während junge Frauen – sogar mit Eis in der Hand, trotz bestehender Maskenpflicht – die Einkaufsmeile in den Königsbaupassagen betreten konnten, wurden reihenweise junge, migrantische Männer, abgewiesen. Auf BN-Nachfrage bei den Abgewiesenen, warum sie denn nicht reindürfen, war zu erfahren, dass der Türsteher keinen Grund nannte, nur dass sie einen anderen Eingang nutzen sollen. Aber auch dort stand dann ein Security-Mitarbeiter, der sie ebenfalls abwies. Die Nachfrage bei einem dieser Eingangswächter brachte die Wahrheit auch nicht ans Licht. Der migrantischer Türsteher verwies auf die Anweisung seines Chefs. Es hätte was mit der Corona-Pandemie zu tun.
Warum dann junge Frauen mit Eis in der Hand einen Gebäudekomplex betreten dürfen, in dem Maskenpflicht herrscht, und junge migrantisch Männer ohne Eis nicht, erschloss sich nicht wirklich. Offenbar handeln die Mitarbeiter der Security-Firma im Auftrag. Die Auftraggeber scheinen aus rassistischem Hintergrund heraus zu handeln. Es ist nahliegend, dass hier Gewerbetreibende auf den Zug der Stuttgarter CDU aufspringen. Bereits im Januar schrieb der CDU-Kreisvorsitzende Thrasivoulos Malliaras auf seinem Facebook-Account über den Schlossplatz: „Ein Bild wie im Affenzirkus“. Dabei sei ihm eines aufgefallen: „Die Szenerie ist durch und durch migrantisch geprägt.“ Der SWR berichtete über diesen Post.
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