Von Sahra Barkini – Stuttgart. Für Betroffene rechter Gewalt gibt es in Stuttgart und Freiburg die Fach- und Beratungsstelle LEUCHTLINIE. Sie steht allen Menschen in Baden-Württemberg zur Seite, die von rechten, rassistischen oder antisemitischen Übergriffen auf die eigene Person durch Gewalttaten, Bedrohung, Beleidigung und Verleumdung, Pöbeleien oder wirtschaftliche Schädigung betroffen oder Zeuge einer solchen Tat sind. So steht es auf der Homepage. Im Oktober findet in Stuttgart ein erstes Vernetzungstreffen für Betroffene statt.
In Deutschland werden aktuell 674 Neonazis mit Haftbefehl gesucht, auffliegende Neonazi Netzwerke in Polizei und Bundeswehr sind beinahe Alltag. Laut der aktuellen „Mitte Studie“ haben 8,3 Prozent der Menschen in der Bundesrepublik ein geschlossen rechtsextremes Weltbild. Alltagsrassismus nehmen zu. Rechtsextreme scheinen sich immer sicherer zu fühlen. Die Folge: NSU, der Mord an Walter Lübcke, Halle, Hanau und der NSU 2.0.
PolitikerInnen oder JournalistInnen stehen ebenso wie Privatpersonen auf Todeslisten beziehungsweise Feindeslisten. Auch unser Chefredakteur steht auf solch einer Liste, er bekam Morddrohungen, sein Eigentum wurde mehrfach beschädigt seine Familie wurde bedroht. Dies alles, weil er als Journalist gegen Rechts Gesicht zeigt und Stellung bezieht (siehe https://beobachternews.de/2021/09/01/menschen-auf-feindeslisten/).
Eine Veranstaltung im Oktober in Stuttgart soll den Betroffenen nun als Vernetzungsmöglichkeit dienen und zeigen „ihr seid nicht allein“.
Beobachter News sprach mit dem Koordinator dieses Treffens:
Deine Aufgaben als Koordinator von Betroffeneninitiativen sind?
Seit Anfang 2023 gibt es die Stelle zur Unterstützung von Betroffeneninitiativen und anderem selbstorganisiertem Engagement. Die Stelle ermöglicht es uns als LEUCHTLINIE, Betroffene von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Baden-Württemberg in ihrem eigenen Engagement noch besser zu unterstützen.
Den Begriff Betroffeneninitiativen verstehen wir recht breit, es kann sich um formelle oder auch informelle Initiativen handeln, wir können Betroffene selbst, Hinterbliebene und Menschen aus dem sozialen Umfeld von Betroffenen unterstützen. Dabei ist zentral, dass die Arbeit der Initiativen fallbezogen ist und die Bedürfnisse der direkt Betroffenen immer stets im Mittelpunkt stehen. Außerdem umfasst die Koordination auch die Vernetzung verschiedener Betroffener und Betroffeneninitiativen.
Anfangs war es wichtig, sich einen Überblick über die Situation von Betroffenen bzw. Betroffeneninitiativen in Baden-Württemberg zu verschaffen. Betroffeneninitiativen und auch öffentliches Gedenken, z.B. an die Opfer rechter Morde, sind in Baden-Württemberg bisher leider kaum präsent.
Meine konkreten Aufgaben bei der Unterstützung der Initiativen und des Engagements von Betroffenen orientieren sich daran, was die Betroffenen(initiativen) tun wollen und den sich daraus ergebenden Bedarfen.
Warum findest Du es wichtig gerade die Oktober Veranstaltung zu machen?
Die Veranstaltung im Oktober bietet Betroffenen aus ganz Baden-Württemberg die Möglichkeit, sich gegenseitig kennen zu lernen. Betroffene sind selbst Expert*innen ihrer Situation und wir wollen einen Raum schaffen, an dem sie sich (wenn sie möchten) über ihre Erfahrungen austauschen und sich gegenseitig stärken können.
Ich sehe in diesem Austausch und der Vernetzung ein großes Potenzial für das Empowerment von Betroffenen. So wollen wir auch den Auswirkungen von rechter Gewalt und einer Vereinzelung von Betroffenen entgegenwirken. Ich möchte mit der Veranstaltung im Oktober einen Auftakt für die weitere Betroffenenvernetzung in Baden-Württemberg schaffen und zeigen: Man kann sich gegenseitig stärken, unterstützen und vielleicht sogar gemeinsam aktiv werden!
Zum ersten Vernetzungs- und Austauschtreffen für Betroffene sind alle direkt Betroffenen eingeladen. Ich erwarte daher, dass hier auch sehr unterschiedliche Menschen mit verschiedenen Geschichten zusammenkommen werden.
Wie sind Deine weiteren Pläne?
Ich habe bereits mehrere Kontakte zu Betroffenen, die ich bei ihren Initiativen unterstütze. Hier steht einiges an Arbeit in den lokalen Fällen an.
Parallel dazu möchte ich das Projekt weiter bekannt machen, um mit weiteren Betroffenen in Kontakt zu kommen und auch die Vernetzung der Betroffenen untereinander weiter zu unterstützen. Dadurch sollen die Betroffenen selbst und ihre Stimme(n) gestärkt werden.
Mit meiner Arbeit möchte ich einen Beitrag dazu leisten, dass Betroffenenperspektiven in öffentlichen Diskursen stärker wahrgenommen werden und ihnen mehr Platz eingeräumt wird.
Generell bin ich davon überzeugt, dass es im Zuge des aktuellen gesellschaftlichen Rechtsrucks wichtig ist, dass wir uns gegen rechte Ausgrenzungsmechanismen und Gewalt engagieren und zusammenschließen. Wir müssen Netzwerke schaffen, für Betroffene von rechter Gewalt da sein und sie in ihrem Sinne unterstützen.
Anmeldung zur Veranstaltung im Oktober:
https://diversity-akademie.org/events/austausch-vernetzung-fuer-betroffene-rechter-gewalt/
Weitere Informationen zu LEUCHTLINIE finden sich hier: https://www.leuchtlinie.de/
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