Stuttgart-Heslach. Es gibt Hausführungen, Essen und Trinken, eine Infoveranstaltung und ein Konzert mit More Colours: Das Linke Zentrum Lilo Herrmann feiert am Freitag, 15. Mai, sein fünfjähriges Bestehen. Beginn ist um 19 Uhr in der Böblinger Straße 105 in Stuttgart-Heslach.
Wie entstand das Linke Zentrum? Wie ließen sich der Kauf des Hauses finanzieren und seine Renovierung verwirklichen? Wie hat sich das Projekt in den zurückliegenden fünf Jahren entwickelt? Welche Möglichkeiten bietet das Haus den vielen Initiativen, die sich regelmäßig in seinen Räumen treffen? Wo liegen seine Perspektiven? Über diese Themen soll bei der Infoveranstaltung gesprochen werden.
Die Initiative, ein selbstverwaltetes Linkes Zentrum in Stuttgart zu schaffen, entstand Anfang 2009. 2010 wurde das Zentrum Lilo Herrmann als selbstverwaltetes und politisches Hausprojekt mit Veranstaltungsräumen, Büros, Wohnungen und einem Café gegründet. Heute gibt es dort das Café Südstern (geöffnet Donnerstag und Freitag von 17 bis 23 Uhr und Samstag von 17 bis 20 Uhr. Samstags gibt es anschließend eine Volksküche im Linken Zentrum) und einen Infoladen (geöffnet Montag bis Donnerstag von 17 bis 19 Uhr), außerdem zwei Wohngemeinschaften für drei und vier Personen. Der große Saal bietet Platz für ungefähr 150 Menschen.
„Das Hausprojekt wird von all denen getragen, finanziert und organisiert, die es nutzen und unterstützen“, heißt es auf der Homepage des Linken Zentrums. Es ist unabhängig von staatlichen Institutionen und Parteien. Die formalen Strukturen, die das Haus gekauft haben und verwalten, die ISZ-Heslach GmbH und die Initiative für ein Soziales Zentrum e.V., richten sich nach den demokratisch getroffenen Entscheidungen der Haustreffen. Der Kauf des 130 Jahre alten Hauses wurde vor allem durch Direktkredite finanziert. Es wurde in Eigeninitiative renoviert und ökologisch saniert.
Weder kommerzielle Interessen noch Konsumzwang
Nach dem Selbstverständnis der Betreiber bietet das Haus „eine Infrastruktur für alle Menschen, Gruppen und Initiativen, die für eine Perspektive jenseits des Kapitalismus aktiv sind, sich an sozialen Kämpfen beteiligen oder sich gegen rassistische und patriarchale Diskriminierung engagieren. Es stellt unter anderem GewerkschaftsaktivistInnen, Bündnissen gegen Aufrüstung und Krieg, UmweltschützerInnen, Flüchtlingsinitiativen, sowie antifaschistischen und revolutionären Gruppen Räume für Treffen, Veranstaltungen und sonstige Aktivitäten zur Verfügung. Je nach Bedarf fest zur Miete oder kurzzeitig und kostenlos“.
Und weiter: „Das Kulturprogramm im Hausprojekt und das Café basieren nicht auf kommerziellen Interessen und Konsumzwang. Stattdessen laden sie zum gemeinsamen Austausch, Diskutieren und Feiern in lockerer und solidarischer Atmosphäre, sowie zur Beteiligung und Selbstorganisierung ein. Die Räume stehen für verschiedene Veranstaltungen, Filmabende, Buchvorstellungen, Workshops, Partys und Konzerte zur Verfügung.“
Lilo Herrmann war Kommunistin und Antifaschistin
Die Namensgeberin des Hauses ist die von den Nazis hingerichtete Kommunistin Lilo Herrmann. Mit der Namensgebung soll das Gedenken an sie und alle anderen aufrecht erhalten werden, die im Widerstand gegen Krieg und Faschismus ihr Leben ließen. Liselotte „Lilo“ Herrmann wurde am 23. Juni 1909 in Berlin geboren. Sie war seit Ende der 1920er Jahre politisch aktiv. 1929 begann sie an der Technischen Hochschule in Stuttgart ein Chemie-Studium.
1931 zog sie wieder nach Berlin, um dort ein Biologie-Studium zu beginnen. Am 1. November 1931 trat sie in die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) ein und beteiligt sich dort insbesondere an der Bildungsarbeit. Da sie 1933 in Berlin einen Aufruf zur Verteidigung demokratischer Rechte und Freiheiten an der Universität unterschrieb, wurde sie mit 110 weiteren StudentInnen von der Universität ausgeschlossen. Sie arbeitete fortan als Kinderpflegerin und was im illegalen antifaschistischen Widerstand aktiv.
Am 15. Mai 1934 wurde ihr Sohn Walter geboren. Der Vater, der Stuttgarter Kommunist Fritz Rau, war am 20. Dezember 1933 bei einem Gestapo-Verhör erschlagen worden. 1934 zog Lilo Herrmann wieder nach Stuttgart und arbeitete dort im Ingenieurbüro ihres Vaters als Sekretärin.
Sie bleib im Widerstand aktiv und überbrachte unter anderem Nachrichten über Rüstungsprojekte der Nazis an KPD-Strukturen in der Schweiz. 1935 wurde sie in Stuttgart von der Gestapo verhaftet, 1937 vom Volksgerichtshof in Stuttgart wegen „Landesverrat und Vorbereitung zum Hochverrat“ zum Tode verurteilt, anschließend nach Berlin verlegt und dort am 20. Juni 1938 hingerichtet.
Die heutigen NutzerInnen des Lilo-Herrmann-Hauses:
- Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart & Region (AABS)
- Café Südstern
- Die Linke Kreisverband Stuttgart
- DKP Baden-Württemberg
- Initiative Klassenkampf (IKKS)
- Frauengruppe Stuttgart
- Offenes Treffen gegen Krieg und Militarisierung Stuttgart (OTKM)
- Robin Wood Regionalgruppe Süd-West
- Rote Hilfe – Ortsgruppe Stuttgart
- The Voice Refugee Forum
- Ver.di Jugend Stuttgart
- Immigranten- Arbeiter- Kulturverein
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