Von Sahra Barkini – Stuttgart. Schon vor dem offiziellen Kundgebungsbeginn um 14.30 Uhr platzte der Stuttgarter Marktplatz am 24. Februar aus allen Nähten. Auch die Seitenstraßen waren voll von Menschen. Es gab kein Durchkommen mehr. Um die 15 000 Menschen folgten dem Aufruf von „Stuttgart gegen Rechts“ (SgR) zur Demonstration „Die rechte Welle brechen“. Über 90 Organisationen unterstützten den Aufruf. Es gab Anreisen aus vielen Städten Süddeutschlands.
Im Anschluss an die Kundgebung zogen die TeilnehmerInnen zur Abschlusskundgebung auf den Marienplatz. Die Polizei filmte und fotografierte sowohl den vorderen als auch den hinteren Teil der Demonstration. Dies ist als Maßnahme nur zur Gefahrenabwehr erlaubt. Seit Anfang 2021 gilt zwar ein repressives Polizeigesetz in „The Länd“, aber selbst dieses erlaubt das Filmen der Polizei auf Demonstrationen nur, wenn „aufgrund einer aktuellen Gefährdungsanalyse anzunehmen ist, dass Veranstaltungen und Ansammlungen vergleichbarer Art und Größe von terroristischen Anschlägen bedroht sind, oder aufgrund der Art und Größe der Veranstaltungen und Ansammlungen erfahrungsgemäß erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit entstehen können“. Stellen Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlechts eine Gefahr dar, wenn sie in Stuttgart gegen Rechts demonstrieren ?
Die Kundgebung auf dem Marktplatz war geprägt von Redebeiträgen unter anderem der Gewerkschaften, von Flüchtlingsorganisationen und der antifaschistischen Bewegung. Musikalisch heizte PTK & Sechser den TeilnehmerInnen ein. Die OrganisatorInnen legten das Augenmerk nicht nur auf die AfD, sondern beleuchteten den gesamten Rechtsruck – auch den der Ampel-Parteien. Dies mag so manchen KundgebungsteilnehmerInnen etwas sauer aufgestoßen sein. Aber Bezahlkarten für Geflüchtete oder ein Bundeskanzler, der mehr Abschiebungen fordert, kann als Teil des rechten Problems gesehen werden.
Die Gewerkschaften, allen voran die Vertrauensleute der IG Metall Untertürkheim, führten den Demonstrationszug an. Erst danach folgte ein großer, lauter antifaschistischer Block. Er hatte über weite Teile der Strecke auch massive Polizeibegleitung. Die Route führte über die Eberhardstraße, die Tübinger Straße zum Marienplatz. Auf Höhe der Paulinenbrücke wurde es kurz hektisch, als die AktivistInnen Konfetti und bunten Rauch zündeten. Am Marienplatz traten die Berliner Raper PTK & Sechser erneut auf. Sie trafen den Nerv der TeilnehmerInnen. Auf dem Marienplatz machte sich schnell eine Art Festival Stimmung breit. Und die Antifa-Fahnen und Demoschilder wehten im Wind und hüpften mit ihren TrägerInnen. Neben der Musik gab es auch Redebeiträge von feministischen und migrantischen Gruppen.
Die Lokomotive Stuttgart sorgte während des Demozuges trommelnd für Stimmung. Den ganzen Nachmittag über schallte „Ganz Stuttgart hasst die AfD“, „Sexistisch, Rassistisch, Neoliberal – AfD Partei fürs Kapital“ und „Siamo tutti Antifascisti“ durch die Innenstadt. Die PassantInnen zeigten überwiegend Zustimmung. Viele schlossen sich der Demonstration an. Nach Ende der Abschlusskundgebung zog ein Teil der TeilnehmerInnen in einer kurzen Spontandemonstration zum Lilo-Hermann-Haus. Dort konnte der Abend bei kühlen Getränken und Linsen mit Spätzle ausklingen. Um 22 Uhr begann in Cannstatt im Sunny High Club eine Party. Die Einnahmen aus dem Eintritt gingen als Solispende an SgR. Bereits knapp vier Wochen zuvor hatte SgR zu einer Kundgebung mobilisiert (siehe Stuttgart schweigt nicht mehr).
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