Von Alfred Denzinger – Stuttgart. Die beiden besetzten Wohnungen in der Wilhelm-Raabe-Straße 4 in Stuttgart-Heslach wurden Montagmorgen, 28. Mai, gegen 9 Uhr von der Polizei zwangsgeräumt. Die Polizeibeamten sperrten die Straße mit rund 30 Einsatzkräften ab. Nach Polizeiangaben war insgesamt eine Hundertschaft im Einsatz. Kurz nach 12 Uhr formierte sich spontan eine Demonstration von rund 35 Menschen, die lautstark durch Heslach zog. Mit Parolen wie „wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Wohnung klaut“ informierten sie die Passanten und Anwohner über den Anlass der Demonstration.
Die BesetzerInnen waren bei der Räumung nicht anwesend. Im Erdgeschoss soll sich laut Polizei ein 22-jähriger Mann befunden haben, der das Haus nach Aufforderung verließ. Er soll eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs erhalten haben. Die Polizei setzte während der Räumung auch eine Kameradrohne ein.
In dem Haus befinden sich fünf Wohnungen, zwei von ihnen standen jahrelang leer. Das Gebäude gehört derzeit einem Investor mit Sitz in London. Die Besetzer erhielten neben politischer Unterstützung auch viel Zuspruch und erfuhren Solidarität auch aus der Nachbarschaft. In Stuttgart herrscht großer Mangel an bezahlbaren Wohnungen, während gleichzeitig Wohnraum leer steht.
Niemand wird die Wohnungen nun bewohnen
Nach einer Pressemitteilung des BesetzerInnenkollektivs sollen nach dem Willen der Stadt, „Rosevita Thomas mit ihrem neunjährigen Sohn sowie Adriana Uda mit ihrer kleinen Familie in ein Zimmer in einer Notunterkunft einziehen. Die vormals besetzten Wohnungen stehen jetzt wieder leer. Niemand wird die Wohnungen nun bewohnen. Rosevita wird mit ihrem Sohn wieder in das kleine Zimmer bei ihrer Schwester ziehen, Adriana und ihre Familie kommen anderweitig in beengten Verhältnissen unter.“
„Wir stehen jetzt nicht auf der Straße – aber das ist auch schon alles. Ich finde es eine Sauerei, dass die Stadt so tut, als wäre das normaler Wohnraum, den wir jemandem ‚wegnehmen‘ würden. Das Problem sind doch nicht die Menschen, die Wohnraum brauchen, sondern die Stadt und die Spekulanten, wegen denen es kaum bezahlbaren Wohnraum gibt, erklärte Adriana Uda.
Demonstration für Montagabend angekündigt
Am Montagabend, 28. Mai, soll es eine „spontane Demonstration“ geben. Treffpunkt ist um 19.30 Uhr vor der Wilhelm-Raabe-Straße 4. Mit wie vielen Menschen zu rechnen sei, lasse sich derzeit noch nicht sagen, erklärte das Kollektiv. „Wir wollen dann durch das Stadtviertel ziehen. Wichtig ist uns, dass es nicht nur um die zwangsgeräumten Wohnungen geht“, heißt es in der Pressemitteilung.
Im Aufruf von „Leerstand beleben! BesetzerInnenkollektiv Wilhelm-Raabe-Straße 4″ heißt es: „Die Besetzung war nicht nur ein Symbolprojekt, es ging von Anfang an nicht nur um Rosevita, Adriana und ihre Familien. Es ging von Anfang an darum, auf das Wohnraumproblem aufmerksam, Widerstand dagegen sichtbar und Solidarität untereinander spürbar zu machen. […] Gehen wir heute Abend gemeinsam auf die Straße um zu zeigen, dass das Problem nicht gelöst ist. Lasst uns aufstehen und gemeinsam weiter aktiv sein gegen Wohnungsnot, Mietenwahnsinn, Verdrängung und Leerstand!“
Die Wohnungsbesetzerin Adriana schilderte gegenüber den Beobachter News ihre Eindrücke und Gedanken zur Räumung:
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