Von Michael Janker – Stuttgart. Schon zum fünften Mal demonstrierten am Sonntag, 19. Oktober, homophobe Bildungsplangegner in Stuttgart. Ursprünglich sollte sich der „Demo für alle“-Zug – ein skurriler Name, für mich wäre die Demo bestimmt nicht gedacht – direkt am Württembergischen Kunstverein vorbei bewegen. Die Route wurde jedoch verlegt. Dennoch gelang der geplante, kreative Protest. Ein Erfahrungsbericht.
Schon gegen Mittag war am Württembergischen Kunstverein für den Empfang der Klerikalen alles perfekt und mit viel Arbeit verbunden vorbereitet. Eine Vielzahl von Gruppen war eingeladen, um die Teilnehmer dieser „Demo“ jubelnd zu begrüßen. Diese armen Menschen müssen so viel Hohn und Spott über sich ergehen lassen, da können ihnen doch wenigstens einige Symphatisanten Mut zusprechen, so das Konzept.
Unter anderem erschien auf unserer Seite ein Trupp grimmiger SA-Männer. Auch die Frauen waren als brave und unselbstständige Wesen vertreten. Ich als alter Klanangehöriger war mit zwei Mitbrüdern dazu auserkoren, die Werte des Ku-Klux-Klan zu vertreten. Dies habe ich gerne getan, war doch damit gewährleistet, dass ich nicht schon wieder als Gefangener in die Hahnemann deportiert werde.
Am Straßenrand als Jubelperser
Fast hätte die ganze mühsam vorbereitete Aktion nicht geklappt, denn der „Demo-Zug“ der AfD-Freunde wurde überraschend über die Hauptstätter-Straße umgeleitet. Aber jede Seite hat ihre Informanten – wir auch. Es gelang uns noch rechtzeitig, direkt an die Demo-Route zu gelangen. Wir hatten sogar noch genügend Zeit, uns strategisch äußerst günstig direkt an der Hauptstätter Straße zu platzieren, um unserer Aufgabe als Jubelperser in gebührender Weise nachzukommen.
Es war schon beeindruckend, als wir den „Demo-Zug“ schon von weitem auf uns zukommen sahen. Bald waren wir in absoluter Gewissheit, dass die Homophoben direkt an uns vorbeilaufen mussten. In der glühenden Sonne (es kann in der Kluft des Ku-Klux-Klan verdammt warm werden, und das liegt nicht an brennenden Kreuzen) konnten wir entspannt beobachten, wie die Faschos auf uns zukamen. Fast hätten auch die Piraten unsere Kunstaktion bewundern können, sie wurden aber leider zuvor sehr unsanft von den begleitenden BFE-Einheiten von der Straße geschubst.
Bildungsplangegner mit Ku-Klux-Klan-Fahne
Auch um uns herum bildete sich im Folgenden sehr schnell ein Schutzwall von Beamten, die vermutlich verhindern wollten, dass wir uns dem heiß ersehnten Zug der Bildungsplangegner anschließen konnten. Zunächst haben die freundlichen Herren auch uns ein wenig herumgeschubst, ließen uns dann aber in Ruhe. Man weiß ja nie, wer sich hinter der Kutte des Ku-Klux-Klan verbirgt, nachher ist es ein Vorgesetzter.
Dann zog der braune Trupp singend und jubilierend an uns vorbei. Kuriosum am Rande: In deren Reihen wurde auch die Fahne des Ku-Klux-Klans mitgeführt, gerade so, als hätten sie geahnt, dass wir da sein werden. Erfreut jubelten wir ob dieser unerwarteten Begrüßung den vorbeimarschierenden Horden laut zu.
Immer mehr Teilnehmer bei den „Demos für Alle“
Die meisten Teilnehmer erkannten wohl wirklich nicht, dass wir eben nicht auf ihrer Seite waren, sondern hielten uns tätsächlich für Abgesandte des Klans oder stramme Angehörige der SA, denn sie winkten freudig zurück. Ein Hoch auf die Intelligenz!!
Für uns war dieser Nachmittag ein voller Erfolg, ein kreativer Protest, gegen den selbst die Obrigkeit nichts machen konnte. Aber das eigentlich Erschreckende war, dass es bei den Homophoben immer mehr werden. Der Zug, der an uns vorbeidefilierte, war gewaltig. 1933 lässt grüßen.
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