Von Andreas Scheffel – Stuttgart. Einige Flüchtlinge blieben in Stuttgart, rund 150 mussten weiterfahren: In der Nacht zu Sonntag, 6. September, kamen in Zügen und Bussen Flüchtlinge in Stuttgart an, die in Ungarn festgesessen waren und dann über Österreich und München nach Baden-Württemberg gebracht wurden. Etwa 30 Freiwillige organisierten binnen kürzester Zeit im Innenbereich des Stuttgarter Hauptbahnhofs humanitäre Hilfe. Sie hatten sich zuvor über das Internet verabredet.
Sie bereiteten den völlig übermüdeten Flüchtlingen aus München einen freundlichen Empfang. Die Unterstützer – unter ihnen viele KurdInnen – hatten Essenspakete, Getränke und Kleidung mitgebracht. Letztere war dringend nötig, da die Geflüchteten zum Teil noch Sommersachen anhatten und dringend wärmere Kleidung brauchten.
Um 23 Uhr fuhr der erste Zug in Stuttgart ein. Er hatte etwa 25 Flüchtlinge in die Landeshauptstadt gebracht. Um 2 Uhr folgte ein Zug mit weiteren sechzig Flüchtlingen. Im ersten Zug saßen auch 150 Flüchtlinge, die in ein anderes Bundesland weiterreisen mussten. Darüber hatte die Bundespolizei die Reisenden noch im Zug informiert. Eine Übersetzerin ging mit Megaphon durch die Abteile und weckte sie auf. Sie sagte die Namen durch und forderte die Flüchtlinge auf, den Zug nicht zu verlassen.
Helfer brachten den erschöpften Menschen Essen und Getränke. In Absprache mit der Bundespolizei konnten Pressevertreter sie begleiten. Vielen Flüchtlingsfamilien, die in Stuttgart ausstiegen, sah man die Strapazen der letzten Tage und Wochen deutlich an. Unter den Flüchtlingen waren auch sehr viele Kinder, die zum Teil apathisch reagierten, wenn sie angesprochen wurden.
Als der zweite Zug einfuhr, konnten die Helfer die Flüchtlinge direkt am Bahnsteig in Empfang nehmen. Sie hatten auch Transparente dabei: „Refugees welcome“. Die Ehrenamtlichen begleiteten die Flüchtlinge vom Bahnsteig bis in die Bahnhofshalle. Die Bundespolizei konnte der Presse auf Nachfrage keine Auskunft geben, wann weitere schutzsuchende Menschen aus München ankommen würden.
Die Polizisten versuchten, den ankommenden Flüchtlingen so gut es organisatorisch ging Zugang zu der Hilfe der Unterstützer zu verschaffen. Bis 6 Uhr am Sonntagmorgen kamen keine weiteren Flüchtlinge im Bahnhof an. Dann trafen Busse mit weiteren 124 Personen ein. Die Stadt Stuttgart hatte das Caritas-Haus in der Olgastraße als Unterkunft vorbereitet. Eigentlich hätte es erst im Oktober belegt werden sollen. Die Flüchtlinge mussten jedoch vor dem Bezug ihre Personalien feststellen lassen, bevor sie endlich Ruhe fanden. Insgesamt wurden am Sonntag 600 Flüchtlinge aus München nach Baden-Württemberg gebracht – die meisten in Bussen. Insgesamt will das Bundesland 1300 der zunächst in Ungarn Gestrandeten aufnehmen.
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