Von Michael Janker – Stuttgart. Angefangen hat es mit einem regelmäßigen Nachbarschaftsfrühstück im Park: Das selbstverwaltete Stadtteilzentrum Gasparitsch in der Rotenbergstraße 125 in Stuttgart-Ost ist ein unabhängiger kultureller, politischer und sozialer Raum, in dem abseits von kommerziellen Angeboten alle interessierten Menschen einen Platz finden und ihn mitgestalten können. Es wurde nach langer Renovierung und organisatorischer Vorbereitung am 18. Oktober 2014 eröffnet (wir berichteten).
Seitdem hat sich dort viel getan. Es gibt jede Woche ein Programm mit unterschiedlichsten Veranstaltungen sowie eine Vielzahl von regelmäßigen Terminen. Das bringt viel Arbeit und einen großen organisatorischen Aufwand mit sich. Die Aktiven des Gasparitsch informierten die Öffentlichkeit bei einer gut besuchten Veranstaltung, wie sie ihr Zentrum organisieren. Am Anfang stand ein Film über den Namensgeber des Stadtteilzentrums Gasparitsch gezeigt, der zur Eröffnung produziert worden war.
Der Namensgeber war im Widerstand
Hans Gasparitsch – geboren am 30 März 1918, gestorben am 13. April 2002 – stammte aus dem Stuttgarter Osten. Er war Gründungsmitglied der Widerstandsgruppe G (=Gemeinschaft) gegen die Gräuel der Naziherrschaft. Die Gruppe G trat von Anfang an entschlossen mit verschiedenen politischen Aktionen gegen das Naziregime auf. Bei einer dieser Aktionen wurden Hans Gasparitsch und andere Mitglieder der Gruppe G gefasst, und wegen „Hochverrats“ zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
Hans Gasparitsch verbrachte über zwölf Jahre seines Lebens in Haftanstalten und verschiedenen KZs. 1945 war er an der Befreiung des KZ Buchenwald beteiligt und leistete den Schwur von Buchenwald. Nach Abitur und Journalistikstudium war er 1947 Mitbegründer der VVN-BdA. Bis zu seinem Tod im Jahre 2002 leistete Hans Gasparitsch antifaschistische Arbeit. Er machte Lesungen und hielt Vorträge vor Schulklassen, organisierte Stadtrundfahrten oder engagierte sich gegen Berufsverbote.
Selbstverwaltet, selbstgestaltet, unabhängig
Nach dem Film ging es um das Konzept des Zentrums Gasparitsch. Solche sozialen Projekte seien eine große Notwendigkeit in einer Zeit der Vereinzelung, in der jede und jeder für sich allein lebt und manchmal gar nicht mehr bemerkt, dass es viele adere gibt, die ähnliche Probleme oder Interessen haben. Im Gasparitsch gibt es keinen Konsumzwang wie etwa in einer kommerziellen Kneipe. Ein solcher Zwang wäre auch eine Verdrängung all derer, die nicht so viel Geld haben.
Das Gasparitsch versteht sich dabei als selbstverwaltetes, selbstgestaltetes und unabhängiges Stadtteilzentrum. Selbstverwaltet bedeutet, dass die Menschen, die das Gasparitsch gestalten, auch darüber entscheiden, was dort gemacht wird. Das Programm ist selbstgestaltet – es wird nicht vorgegeben, sondern von den Aktiven des Gasparitsch gemacht. Wichtig ist ihnen auch die Unabhängigkeit von Parteien und anderen Institutionen.
Es gibt regelmäßige wöchentliche Termine, etwa
– Improvisations-Theater montags ab 19 Uhr
– Hausaufgabenbetreuung montags ab 18 Uhr und mittwochs ab 17.30 Uhr
– Tresen/Kneipenabende jeden Freitag ab 20 Uhr
– das Aktiventreffen jeden Dienstag ab 19 Uhr; bei ihm werden Aufgaben verteilt, Terminfragen und andere Anfragen besprochen
– Selbstverteidigung für Kinder (Montags von 16.45 bis 17.45) und für Erwachsene (Mittwochs von 18-20 Uhr)
Weitere regelmäßige Termine sind etwa
– der Kreative Nachmittag für alle am 1. Freitag im Monat ab 16.30 Uhr
– das Nachbarschaftsfrühstück am 1. Sonntag im Monat ab 11 Uhr
– die Nachbarschaftsküche an jedem 2. Samstag im Monat ab 16 Uhr
– der Schwarz-Rote Adelante! Tresen am 1. und 3. Freitag im Monat ab 19 Uhr
Arbeitstreffen und Offenes Gesamttreffen
Beim Arbeitstreffen an jedem 1. Dienstag im Monat ab 19 Uhr stattfindet werden die anfallenden Arbeiten und Aufgaben verteilt – etwa Einkäufe, Putzaktionen, Flyer verteilen oder Umgestaltung der Räume. So ist etwa geplant, den Grünbereich vor dem Gasparitsch neu zu gestalten.
Ein weiterer wichtiger Termin ist das offene Treffen am jeweils letzten Dienstag im Monat ab 19 Uhr. Es handelt sich um ein Gesamttreffen aller im Gasparitsch aktiven Bereiche. Es dient dem Austausch über aktuelle Entwicklungen und Probleme sowie der Suche nach Lösungen. Gleichzeitig ist es aber auch die Anlaufstelle für alle Menschen, die Interesse am Gasparitsch haben oder eine konkrete Anfrage – etwa nach freien Terminen für eine geplante Veranstaltung. Den Aktiven sind auch neue Ideen willkommen, diesen sozialen Raum noch besser zu gestalten.
Bücher, Zeitschriften, preiswertes Essen
Es gibt Veranstaltungen, die vom Gasparitsch selbst getragen und von Bereichen des Gasparitsch organisiert werden. Andere Angebote – etwa politische Veranstaltungen oder die Adelante-Tresen – werden nicht direkt vom Gasparitsch organisiert.
Das Gasparitsch bietet auch die Möglichkeit, sich durch kritische und unabhängige Zeitschriften Bücher und Filme weiterzubilden. Überdies gibt es preiswertes Essen und Getränke.
Jede und jeder kann sich beteiligen
Das Motto des Gasparitsch ist dabei: Je mehr sich beteiligen, desto mehr ist möglich. Es gibt viele Möglichkeiten mitzumachen:
– die Helferliste, um zum Beispiel notwendige Thekenschichten bei Veranstaltungen zu übernehmen
– Telefonlisten
– einfach vorbeikommen und mit anpacken wie zum Beispiel beim Arbeitstreffen
– oder eigene Ideen und Vorschläge einbringen. Der beste Anlaufpunkt hierfür ist das offene Treffen.
Unabhängigkeit nur durch Mitgliedsbeiträge und Spenden
Das Gasparitsch finanziert sich aus dauerhaften Spenden und Beiträgen der Mitglieder des gemeinnützigen Trägervereins, dem „Verein für kulturelle und soziale Eigeninitiative“ – außerdem durch den regelmäßigen Zentrumsbetrieb und die Veranstaltungen.
Das Spendenkonto:
Verein für kulturelle und soziale Eigeninitiative,
GLS Bank, IBAN: DE10430609677023425900
BIC: GENODEM1GLS (Bochum)
Um die Unabhängigkeit und Selbstverwaltung dauerhaft garantieren zu können, ist das Gasparitsch auf möglichst viele Mitglieder angewiesen. Auch hier gilt das Motto: Je mehr sich beteiligen, desto sicherer ist das Gasparitsch und desto mehr Angebote können dort geschaffen werden.
Kontaktmöglichkeit Stadtteilzentrum Gasparitsch:
Zu erreichen ist das Zentrum Gasparitsch am besten mit der U9 (Haltestelle Raitelsberg) oder U4 (Haltestelle Ostendplatz).
E-Mail: kontakt@stadtteilzentrum-gasparitsch.org
Anfragen: anfragen@stadtteilzentrum-gasparitsch.org
Telefon: 0711/96898256
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