Von Meide Wolt – Stuttgart. Vor dem Amtsgericht in Stuttgart gab es am Donnerstag, 12. Mai, eine weitere Verhandlung über die Räumungsklage gegen einen Mieter aus Stuttgart-Botnang. Geklagt hatte der Bau- und Wohnungsverein (BWV) Stuttgart gegen den Mieter, weil er nicht aus seiner Wohnung ausziehen möchte.
Mehrere Gebäude in der Beethovenstraße in Stuttgart-Botnang sollen nach dem Wunsch des BWV abgerissen und neu gebaut werden. Dafür stehen dem Wohnungsunternehmen, das nach eigenen Angaben nahezu 5000 Mietwohnungen verwaltet, bis zu doppelt so hohe Mieteinnahmen in Aussicht.
Um den Abriss zu rechtfertigen, hatte der BWV die Bausubstanz der Gebäude für mangelhaft erklärt. Eine Minimalsanierung sei danach weder technisch machbar noch wirtschaftlich sinnvoll. „Die Kosten einer Vollmodernisierung sind höher als die Kosten eines Neubaus“, so die Klägerseite. Allen MieterInnen wurden gekündigt. Einer der Mieter, der seine Kündigung nicht akzeptierte, ist nun vom BWV verklagt worden.
„Die Wohnungsangebote der Klägerseite sind nicht machbar“, so der betroffene Mieter, denn die Miete für die angebotenen Wohnungen übersteige die jetzige deutlich. Die Bausubstanz sei keineswegs in so mangelhaftem Zustand, dass die Gebäude nicht saniert werden könnten. „Wenn überhaupt ein Baumangel bestehe, dann sei dies durch den BWV selbst verschuldet, weil er in den letzten Jahren entsprechende Sanierungen versäumt habe“, heißt es in einer durch den vorsitzenden Richter wiedergegebenen Erklärung der Verteidigung. Weiter gibt der Mieter zu verstehen, dass eine neue Umgebung besonders für seine 90-jährige Mutter ein nicht hinzunehmender Einschnitt in ihre Lebensgestaltung sei.
Die Mieterinitiativen Stuttgart unterstützen das Anliegen des Mieters. In einem Flyer heißt es, die MieterInnen „fordern, dass diese Baugenehmigung zurückgezogen wird und die Häuser weiter für Menschen mit kleinem Geldbeutel als noch bezahlbare Mietwohnungen erhalten bleiben. Gerade für diese Schichten wird nicht neu gebaut“.
Eine Entscheidung des Amtsgerichts über die Gültigkeit der Kündigung wird für den 24. Mai erwartet. Der BWV hatte Ende März bereits eine Räumungsklage gegen einen anderen Mieter verloren.
„Ich halte es für wohnungspolitisch in Stuttgart völlig verfehlt, Wohnungen abzureißen und neu zu bauen“, erklärte der Verteidiger des Mieters vor Gericht. Außerdem sei es für Mieter nur schwer möglich, in Stuttgart andere Wohnungen zu finden, weil so viele Wohnungen durch Flüchtlinge belegt seien.
Doch nicht Flüchtlinge sind für die Mietpreisentwicklung der letzten Jahrzehnte verantwortlich, sondern Immobilienunternehmen, die durch die Vermietung von Wohnungen Rendite erwirtschaften. Die Situation von Geflüchteten an dieser Stelle anzuführen, ist aus unserer Sicht nicht nur gefährlich, sondern schlicht verfehlt. Laut Leerstandsmelder stehen in Stuttgart zigtausende Quadratmeter Wohnraum leer. Prinzipiell ist also sehr wohl genug Wohnraum vorhanden.
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