Von Alfred Denzinger – Waiblingen. Die Pfälzer Band Modeste errang im Finale den Jury-Preis. Dicht gefolgt von den Lokalmatadoren Eternal Struggle, die schon beim diesjährigen Rock gegen Rechts in Schorndorf das Publikum begeistert hatten (siehe „Gelungener Mix gegen rechte Gewalt„). Die meisten Stimmen der anwesenden Gäste erhielt die Band „Salz mit Jod“. Sie sicherte sich damit den Publikumspreis. Der „Bunt statt braun-Award 2016“ war am 18. November der Höhepunkt der alljährlich „Bunt statt braun Jugendkulturwoche“, die seit 2004 alljährlich stattfindet.
Die Stimmung war bestens im gut gefüllten Saal im Kulturhaus Schwanen in Waiblingen. Acht motivierte Bands machten sehr engagiert Musik. Ein Highlight folgte dem anderen. Ein absolut gelungener Hochgenuss für Auge und Ohr, der von Jonatan Tropea gekonnt und unterhaltsam moderiert wurde.
Modeste – für Toleranz und Vielfalt, gegen Ausgrenzung und Fremdenhass
Der erste Preis war mit 500 Euro dotiert. Hinzu gibt es noch einem Tag in einem Profi-Musikstudio. Die Band Modeste überzeugte die Jury mit ihrem Song „Stolen Seed“ und ihrer Mischung aus elektronischen Beats und Rockmusik. Ein weiterer Pluspunkt für die Jury war, dass sich das Quartett aus Landau nach einem afrikanischen Bürgerkriegsflüchtling benannt hat.
Modeste bedanke sich für diese Auszeichnung auf der Facebookseite der Band: „Als wir von dem Award gehört haben, brauchten wir nicht lange überlegen, wir wollten die Gelegenheit nutzen, um nach unseren Möglichkeiten als Musiker und Privatpersonen ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen für Toleranz und Vielfalt, gegen Ausgrenzung und Fremdenhass. Wir wollen Menschen wachrütteln, die ihre Augen vor zur Zeit allgegenwärtigem Leid und Hass verschließen, sich der Wirklichkeit nicht bewusst sind oder schon lange resigniert haben. Dass wir durch diesen Erfolg nun ein paar Menschen mit dieser Message erreichen, ist mehr wert als jede Auszeichnung.“
Salz mit Jod – „AfD so unnütz wie ein Bauchnabelfussel“
Die Band „Salz mit Jod“ erfreute sich der größten Zustimmung der ZuhörerInnen. Folgerichtig erhielt sie den Publikumspreis des Abends. „Kennen und lieben gelernt haben wir uns über das Studium an der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg“ erklärt die fünfköpfige Truppe. Mit ihrem BNF-Song sangen und spielten sie sich in die Herzen des Publikums. BNF steht für „Bauchnabelfussel“. Der Ohrwurm endet mit der Feststellung: „Er schlich sich in dein Leben und plötzlich war er da. Er bringt dir nichts und stinkt, jetzt ham wir den Salat. Wir wissen es nun alle, wir haben große Not, er existiert leider der AfD-Idiot. Der AfD-Idiot – blau mit rot – dumm wie Brot – quatscht mich tot – schießt mit Schrot – volles Boot – Blut ist rot. AfD-Idiot!“
Eternal Struggle – eindeutige antifaschistische Statements
Die Hardcore-Musiker von Eternal Struggle aus Backnang lieferten eine exzellente Show mit viel Leidenschaft und Power, gepaart mit einen Höllensound, der das Publikum mitriss. Ein Mix aus Death-, Metal- und Hardcoreelementen mit einer ordentlichen Prise Punk. In ihrem Lied „Ameise Aldr“ heißt es „Fahnen schwingen, scheiß Faschist bist Pegida Aktivist. Fremde ja die magst du nicht, tust nur deine deutsche Pflicht. Dumm, brutal und national! Denken nur nicht rational“. Der vollständige Text kann hier nachgelesen werden. Die Stuttgarter Zeitung berichtete, „am Ende wird es extrem knapp zwischen den Hardcore-Musikern von Eternal Struggle und den Progressive-Rockern von Modeste: ‚Beide waren unheimlich gut‘, konstatiert nicht nur Constanze Bolliger.“
- Eternal Struggle
Road to Exile – saubere Heavy-Metal-Mucke mit Headbangerprofi
Die Musiker von Road to Exile aus Konstanz präsentierten als waschechte Heavy-Metal-Band eine gelungene Mischung aus groovigen Riffs, melodischen Gitarrensoli und poetischen Texten. Ihr Sänger Carl hätte einen Ehrenpreis als bester Headbanger verdient.
Körpa Klauz – „Schieß die Petry auf den Mond, das ist Raumfahrt, die sich lohnt“
Das Stuttgarter „Neffle vom Äffle“ unterhielt sein Publikum mit Electroboogie-Dancehall Rap im Volxmusik-Style. Wer bis zu seinem Auftritt an diesem Tag noch nichts zu lachen hatte, wurde jäh herum gerissen. Sein Songs „Neffle vom Äffle“ und „Tanz den Aal“ brachte die Gäste vor Lachen zum Heulen. Dass er auch ernst sein kann, bewies er mit seinem Bewerbungslied „Onkel Willi“, das vom Schicksal eines Homosexuellen in der NS-Zeit handelt.
Xylospongium – authentische Rocker
Ihr Motto „Zu laut? Gibt’s nicht.“ Die vier Jungs aus Winnenden lieferten druckvollen Rock mit klaren Statements, der musikalisches Handwerk nicht zu kurz kommen ließ. Die Jury attestierte der Band in Sachen Authentizität eine Spitzenposition.
Fairy’Nuff – Verschmelzung von Jazz, Pop, Funk-Rock
Fairy‘ Nuff ist eine Band aus Stuttgart, die Jazz, Pop, Funk-Rock und „alles was ihnen sonst noch in den Sinn kommt und gut klingt“ ineinander verschmelzen lässt. Daraus entsteht ein spielerisches, überwiegend heiteres Klanggefüge mit dem Fairy‘ Nuff sich direkt in die Herzen des Publikums zauberte. Ein absoluter Hör- und Sehgenuss.
Cloey – überzeugende Stimme
Das alternative Rock-Pop-Duo Cloey präsentierte seinen Song „SOS“. Das Lied handelt davon, dass Menschen oft Angst haben vor „anderem“. Aber dass es meist eine Angst sei, die völlig unbegründet ist. Mit einem Keyboard und einer überzeugender Stimme kam das Duo zwar gut beim Publikum an, aber die Jury konnten die beiden nicht überzeugen.
Die Jury
Die Jury war gut sortiert. Ihre Mitglieder waren der Musiker Zam Helga, die Inhaberin der Fellbacher Popmusic School Constanze Bolliger, die Leiterin der Fachstelle Rechtsextremismus des Landratsamts Rems-Murr Sonja Großhans, der Musiker Ebbe Buhl, die Schülerin Nana Buhl, die Mitarbeiterin beim Kreishaus der Jugendarbeit und Hobby-Musikerin Marina Stumpp und der musikalische Leiter der Fellbacher Popmusic School Marcel Woitowicz.
Die acht Finalisten wurden aus rund 100 Bewerbern ausgewählt. Es gab in der Endausscheidung unter anderem Punkte für Instrumentenbeherrschung, Bühnenpräsenz und für den Textinhalt. Texte gegen Rassismus, für Vielfalt und Toleranz sollten widergegeben werden.
Die Geschichte
Seit dem Jahr 2004 findet im Kulturhaus Schwanen in Waiblingen im Rems-Murr-Kreis jährlich die „Bunt statt braun Jugendkulturwoche“ statt. Die Jugendkulturwoche steht für Vielfalt und setzt ein Zeichen gegen Rassismus. Unter dem Titel „Bunt statt Braun-Award 2016“ wurden Newcomerbands, Künstler und Künstlerinnen aufgerufen, ihren Song gegen Ausgrenzung, Rassismus und Gewalt – für Vielfalt, Toleranz und Respekt einzusenden. Veranstalter ist der Kreisjugendring Rems-Murr. Im Jahr 2012 stand die Veranstaltungsreihe unter Kritik. Die Initiative Rems-Murr nazifrei! griff dabei die Veranstalter an, da diese aus ihrer Sicht fälschlicherweise linke und rechte Gewalt gleichsetzten. Weitere Infos hierzu gibt es hier.
Fotos: Alfred Denzinger & Andreas Scheffel / Videos: Andreas Scheffel / Text: Alfred Denzinger
Weitere Bilder des Tages
- Bei der Auszählung der Zuschauerstimmen
- Sonja Großhans, Fachstelle DeRex
- Techniktruppe
- Moderator Jonatan Tropea
- Ebbe Buhl, Jurymitglied
- Zam Helga, Jurymitglied
Folge uns!