Neckarwestheim. Seit die 15 Obrigheimer Castoren eine Transportgenehmigung erhielten, sind fast vier Wochen vergangen – vier Wochen „mit Funkstille seitens der EnBW“, schreibt das Bündnis „Neckar castorfrei“ in einem Bericht zur aktuellen Situation. Diese Zeit habe ausgereicht zum Beladen der ersten drei Castoren, und vermutlich habe man den ersten lange vorbestimmten Transporttermin bereits verstreichen lassen.
„Warum lässt man die Schiffe so lange in Neckarwestheim warten und die beladenen Castoren in Obrigheim so lange ohne Lagergenehmigung herumstehen?“, fragt sich das Bündnis. Vermutlich wollten sich EnBW und Atomaufsicht nicht die Blöße geben, angesichts der gerichtlichen Eilanträge der Gemeinde Neckarwestheim „tatsächlich auf die irre Logik der Transportgenehmigung“ zu setzen: Sie habe postuliert, es sei doch „völlig egal, ob ein Gericht vor oder erst nach den Transporten über deren Rechtmäßigkeit entscheide“.
Bereitstellungslagerung ohne Genehmigung
Laut Auskunft der Bundesamtes (BfE) benötige die EnBW zur Bereitstellungslagerung der Castoren zwischen Befüllung und Transport eine extra Genehmigung. Eine solche existiere aber nicht. Das zuständige Umweltministerium in Stuttgart habe mitgeteilt, die Genehmigung zur Bereitstellungslagerung sei bereits in der ersten Stilllegungs- und Abbaugenehmigung von 2008 für das AKW Obrigheim („1. SAG“) enthalten.
Tatsächlich stehe in dieser 1. SAG kein Wort von einer solchen Bereitstellungslagerung, erklärt das Bündnis. Das verwundere auch nicht, denn diese sei damals überhaupt nicht vorgesehen gewesen, da die EnBW noch bis 2012 nur den direkten Transport der befüllten Castoren in die (nie gebaute) Lagerhalle vor Ort geplant und mit der 1. SAG beantragt hatte.
„Diese beliebige Umdeutung einer alten Genehmigung ist sicher kein Kennzeichen eines transparenten, verlässlichen, sorgfältigen und rechtsstaatlichen Ministeriums“, kritisiert Franz Wagner vom Bündnis „Neckar castorfrei“. Sie zeige vielmehr „eine Hemdsärmeligkeit, die angesichts der Gefährlichkeit der Castoren schockiert, auch wenn es fast nahtlos an die berüchtigten früheren Vorgänge in Obrigheim anschließt.“
Mögliche Transporttermine
Die fünf Transporttermine plus vermutlich Reservetermine hätten wohl schon längst vor Erteilung der Transportgenehmigung festgestanden und seien in den Urlaubplänen der Polizei verankert. Auch die Vorbereitungen der Polizei seien ersichtlich auf einen ersten Transport Ende Mai oder Anfang Juni ausgerichtet gewesen.
Nun ließen sich aber die Richter Zeit, und somit habe die Gemeinde Neckarwestheim schon einen ersten Aufschub erzielt. Die Richter am Berliner Verwaltungsgericht wollten erst am Dienstag, 20. Juni, über die Transportgenehmigung verhandeln, und die Richter am Mannheimer Verwaltungsgerichtshof hätten noch nicht einmal einen Termin für die Verhandlung über die Neckarwestheimer Lagergenehmigung gefunden.
So könnte möglicherweise selbst das ebenfalls geheime zweite Zeitfenster für einen Transport verpasst werden. Dieses hätte das Bündnis vielleicht sogar noch vor der Sperrung der Schleuse Lauffen vom 19. bis 25. Juni erwartet – „oder ist die Sperrung gar eine Finte?“ – „Wir werten jedenfalls weiterhin alle uns erreichbaren Informationen aus und beobachten alle relevanten Aktivitäten an der Neckar-Transportstrecke“, erklärt Herbert Würth das Vorgehen des Bündnisses Neckar castorfrei und ergänzt: „wir sind aber genauso auch auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen und freuen uns auch über Tipps aufmerksamer Journalisten.“
„Kreative Fakten“ des Umweltministers
Am 30. Mai habe Umweltminister Franz Untersteller in einem „PR-Interview“ in der Heilbronner Stimme und gleichlautend am nächsten Tag im Mannheimer Morgen erklärt: „Es gibt kein sichereres Zwischenlager in Deutschland als Neckarwestheim.“ Diese Behauptung dürfe man getrost zu den „alternativen Fakten“ zählen, und Untersteller dürfte das wissen, so das Bündnis.
Die Pläne des Bündnisses
Sollte es tatsächlich zu einem ersten Transport kommen, will das Bündnis am Tag der Fahrt der Transportschiffe von Neckarwestheim nach Obrigheim zu Protesten und Aktionen aufrufen und als Anlaufpunkt eine Mahnwache in Gundelsheim einrichten. Für den eigentlichen Transporttag hat es in Heilbronn eine Mahnwache angemeldet und will in Heilbronn zu einer Demonstration aufrufen.
„Polizei und städtische Behörden haben die Pflicht, das Grundrecht auf Versammlung und auf freie Meinungsäußerung zu schützen, selbstverständlich auch bei einem Castortransport. Tatsächlich aber laufen in den Behörden die Planungen für jede Menge an Einschränkungen“, kritisiert das Bündnis: „Wir rechnen mit Behinderungen durch dann erst kurzfristig bekannt gegebene „Auflagen“ und mit dem (fast immer rechtswidrigen) Erlass von Allgemeinverfügungen mit Aufenthalts- und Demonstrationsverboten. Das wird unsere Proteste gegen diese fahrlässigen Transporte nicht bremsen – immerhin handelt es sich beim Inhalt der Castoren um den gefährlichsten Müll, den die Menschheit kennt.“
Weitere Infos unter www.neckar-castorfrei.de
und unter www.beobachternews.de/tag/castortransport/
Fotos: Beobachter News und Aktionsbündnis CASTOR-Widerstand
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