Truckenthal. Beste Stimmung trotz gefühlt eisiger Kälte melden die Veranstalter beim 3. Rebellischen Musikfestival, das am Freitagabend, 18.Mai, im thüringischen Truckenthal begann. Die Vorbereitungen des Festivals wurden vom Versuch der Stadt Schalkau und des Landkreises Sonneberg überschattet, das Festival zu attackieren und den Auftritt der Grup Yorum zu verbieten. Das verhinderte das Verwaltungsgericht Meiningen jedoch in einem Eilverfahren. Die linke türkische Band spielt am späten Sonntagnachmittag und -abend, 20. Mai.
Das Festival versteht sich als Wochenende „voll rebellischer, antifaschistischer und revolutionärer Musik“ mit Ska, Punkrock und Hip Hop, über Folk, Liedermacher, Elektro und Pop von 50 Bands. Es sei außerdem durchdrungen vom Solidaritätsgedanken. So seien auch über 23 Flüchtlinge aus der baden-württembergischen Landeserstaufnahmestelle (LEA) Ellwangen vor Ort, deren Anreise gemeinsam organisiert und finanziert worden sei, schreiben die Veranstalter. Sie verkauften mit Freunden Postkarten und Essen auf dem Festival.
Das Festival will Position beziehen „gegen die Kriegstreiberei in Syrien“, es will Solidarität mit Afrin zeigen, für das Verbot aller faschistischen Organisationen und ihrer Konzerte in Südthüringen eintreten, gegen den Rechtsruck der neuen Bundesregierung, rassistische Hetze und den Abbau bürgerlich-demokratischer Rechte protestieren. Weitere Themen sind der „Widerstand gegen Ausbeutung und Unterdrückung, für Arbeitsplätze und die Rettung der Umwelt – für internationale Solidarität und eine befreite Gesellschaft!“
Bereits einige Wochen vor dem Festival forderte das thüringische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) nach einem Bericht der „Zeitung für Solidarität und Widerstand Perspektive“ die VeranstalterInnen auf, eine Namensliste der auftretenden MusikerInnen, die für den Auftritt geplanten Songs und die Texte der Lieder der linken türkischen Band „Grup Yorum“ zu übermitteln. Dies hätten die VeranstalterInnen strikt abgelehnt.
Stadt und Landkreis erließen Auftrittsverbote
Schließlich erließen zunächst die Stadt Schalkau, dann der Landkreis Sonnefeld ein Auftrittsverbot gegen die türkische Grup Yorum – offenbar auf Betreiben der Landespolizeiinspektion Saalfeld. Die Polizei sieht in dem Auftritt der Musiker eine direkte Unterstützung der DHKP-C und demnach die Voraussetzung einer Straftat nach dem Vereinsgesetz und dem deutschen Strafgesetzbuch erfüllt. Die Rede war vom einem Anfangsverdacht der Terrorismusfinanzierung und der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.
„Wir können nichts Verwerfliches daran finden, dass Grup Yorum in der Türkei auf Protestkundgebungen gegen Erdogan vor Millionen Menschen aufgetreten ist und sich für eine sozialistische Gesellschaft engagiert – Revolution ist kein Verbrechen!“, erklärten der Jugendverband REBELL und der Verein Rebellisches Musikfestival dazu.
Grup Yorum berichtet von anhaltenden Repressionen
Bei den Festivalveranstaltern gingen zahlreiche Solidaritätserklärungen ein. Viele interpretierten das Auftrittsverbot als Willfährigkeit gegenüber dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Auch die Grup Yorum selbst rief ihre Anhänger dazu auf, zum Festival zu kommen, um sie zu unterstützen:
Für uns ist es nicht das erste Mal, dass wir durch den Imperialismus Belästigung, Unterdrückung und Verbote erleben. Wir wurden im Ausland wiederholte Male mit Konzertverboten konfrontiert. Unsere Visumsanträge wurden abgelehnt; Wir wurden aus den Schengenländern abgeschoben und vom Flughafen in Gewahrsam genommen. Der deutsche Staat hat auch unsere Konzertanfragen verhindert, und unsere Konzerte wurden von der Polizei überfallen. Aber all das hat Grup Yorum nie davon abgehalten, Konzerte in Europa durchzuführen. Sie werden es nicht schaffen, uns aufzuhalten! Wir werden überall in Europa auftreten und werden weitermachen.“
Grup Yorum sei das Volk und könne nicht zum Schweigen gebracht werden, hieß es weiter. Das Verwaltungsgericht Meiningen hatte das Rebellische Festival bereits nach dem Bescheid der Stadt Schalkau als grundgesetzlich geschützte Versammlung anerkannt. Nun wies es in einem Eilverfahren auch das vom Landratsamt Sonneberg verhängte Auftrittsverbot zurück.
Verwaltungsgericht lässt Auftritt zu – aber unter Auflagen
Allerdings lägen „Anhaltspunkte dafür vor, dass im Rahmen des Auftritts von ‚Grup Yorum‘ gegen Strafrechtsnormen verstoßen werde“, weshalb die erteilte Auflage beachtet werden müsse, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts. Die Auflage schließe „das Verbot jeglicher Propaganda/Werbung für eine terroristische Vereinigung ein“. Im einzelnen werden die DHICP-C, DHKC und die Anatolische Föderation genannt.
Vielen Aktivisten auf dem Festivalgelände sei der Stolz anzumerken, sich dem Verbot und der massiven Bedrohung nicht gebeugt zu haben, erklären die Veranstalter. „Es war ein 100-prozentiger Sieg für das Festival , die Angriffe zurückzuschlagen“, so Stefan Engel (MLPD), einer der Schirmherren des Festivals. Jetzt freuten sich alle auf den Auftritt der berühmten türkischen Band Grup Yorum am späten Sonntagnachmittag beziehungsweise frühen Abend.
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