Von Andreas Scheffel – Winnenden. „Für eine Welt ohne Rassismus!“: Zwei Bewaffnete hatten am 30. August in Winnenden Migranten rassistisch beleidigt und bedroht. Nun rief das Bündnis „Zusammen gegen Rechts – Rems-Murr“ (ZGR) zu einer Kundgebung am Samstag, 15. September, auf. Rund 400 Menschen folgten dem Aufruf und setzten kurz vor 12 Uhr am Winnender Viemarkt ein Zeichen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Nach der Kundgebung schlossen sich rund 180 BürgerInnen einer Spontandemonstration quer durch die Innenstadt zum Bahnhof an.
Nicht nur Chemnitz hat ein gravierendes Problem mit RassistInnen. Der Blick auf die jüngsten Ereignisse in den Nachbarkreisen und -städten von Winnenden zeigt ein klares Bild: Auch schwäbische Gemeinden und Städte haben ein Problem mit Neonazis.
Viele TeilnehmerInnen der Kundgebung fühlten sich an den schweren Brandanschlag auf Migranten am 10. April 2011 in Winterbach erinnert. Damals überfielen Neonazis eine Gruppe feiernder Zuwanderer und zündeten ein Gartenhaus an, in das sie geflohen waren (siehe „Kein Vergeben – kein Vergessen“ und „Nicht schweigen – aktiv werden“). Die jüngsten Vorfälle reichen von Schmierereien im öffentlichem Raum, Anschlägen auf Wohnhäuser und Fahrzeuge bis zu Angriffen auf Migranten, so die RednerInnen.
Migranten mit Schlag- und Hiebwaffen bedroht
Nach einem Bericht der Polizei sollen zwei deutsche Männer am frühen Donnerstagabend, 30. August, in der Marktstraße auf Höhe des Marktbrunnens zwei Migranten grundlos angepöbelt haben. Die beiden 40 und 41 Jahre alten Deutschen sollen die beiden 24- und 25-jährigen Männer zunächst rassistisch beleidigt haben. Dann zog einer der Aggressoren einen Teleskopschlagstock und bedrohte seine Opfer (wir berichteten).
Eine alarmierte Polizeistreife stellte die beiden Tatverdächtigen kurze Zeit später im Kesselrain. Die Beamten stellten bei den beiden Aggressoren mehrere verbotene Schlag- und Hiebwaffen wie Schlagring, Einhandmesser und Schlagstock sicher. Während der Kontrolle beleidigten die beiden Männer die Asylsuchenden erneut und verhielten sich gegenüber Passanten verbal aggressiv. Die Polizei hat entsprechende Ermittlungen eingeleitet.
Klares Zeichen gegen Hass in Winnenden
Als es von dem Übergriff erfuhr, rief das Bündnis „Zusammen gegen Rechts – Rems-Murr“ (ZGR) zu der Kundgebung auf. Nach einem langem Hin und Her mit der Ordnungsbehörde bekam der Anmelder erst kurzfristig den Winnender Viehmarkt aks Kundgebungsort zugewiesen. Rund 400 Menschen folgten dem Aufruf „Für eine Welt ohne Rassismus“, so das Motto des Bündnisses am Samstagmittag.
Unter den TeilnehmerInnen waren Vertreter vieler Organisationen und Vereinen. Die RednerInnen thematisierten den Rassismus in der Gesellschaft, gingen auf die jüngsten Vorfälle in Winnenden, den Nachbarkreisen und Gemeinden und auf die Rolle der AfD ein. Zusätzlich informierte das Bündnis Interessierte mit einer Stellwand und einem Informationstisch mit reichlich Materialien.
Lautstark zum Bahnhof
Nach der Kundgebung formierte sich eine Spontandemonstration. Etwa 180 WinnenderInnen und AktivistInnen zogen Seite an Seite lautstark durch die Straßen der Innenstadt mit dem Bahnhof als Ziel. Mit Bannern, Transparenten und Schildern in der Hand riefen die Demonstranten antirassistische Parolen. Anwohner, die durch die lautstarken Ausrufe der DemonstrantInnen aufmerksam wurden, schauten von Balkonen und Fenstern dem Treiben zu. Die wenigen eingesetzten BeamtInnen begleiteten den Demonstrationszug an der Spitze im Spalier und regelten den Verkehr.
Rechtsradikaler Hetzer filmt DemonstrantInnen – Polizei schützt ihn
Am Rande der Kundgebung filmte der rechtsradikale Fellbacher Aktivist Michael Stecher KundgebungsteilnehmerInnen und Journalisten. Er wurde von mehreren DemonstrantInnen aufgefordert, das Filmen zu unterlassen. Die Polizei schützte Stecher und nahm in der Folge einen Demonstranten fest. Ein Journalist wollte Stecher wegen Verdachts auf einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung anzeigen. Die Polizei verweigerte jedoch die Entgegennahme der Strafanzeige.
- Rechter Hetzer filmt und …
- … die Polizei nimmt Antifaschisten fest.
Das Bündnis Zusammen gegen Rechts schrieb auf seiner Facebookseite: „Wir als Zusammen gegen Rechts – Bündnis bedanken uns bei allen die heute mit uns auf der Straße waren für den gelungenen Tag. Das einzig unschöne an dem Tag war die gewaltsame Festnahme eines Antifaschisten. Im Nachhinein stellten sich die Anschuldigungen laut zuständiger Richterin als haltlos heraus, woraufhin er entlassen werden musste.“
Das Bündnis „Zusammen gegen Rechts – Rems-Murr“ besteht aus:
Amnesty International Waiblingen
Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart
Antifaschistische Linke (Antiautoritäre) Rems-Murr
Attac Fellbach
DGB Ortsverband Fellbach
DGB Rems-Murr
Die Linke Kernen-Fellbach
Die Linke Rems-Murr
DKP Rems-Murr
IG Metall Rems-Murr
Initiative Rems-Murr nazifrei!
linksjugend[‘solid] Rems-Murr
Jusos Rems-Murr
MLPD Ludwigsburg/Rems-Murr
ÖkoLinx – ARL Ludwigsburg
VVN-BdA Rems-Murr
Zusammen Kämpfen [Stuttgart]
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