Von unseren ReporterInnen – Ulm. Gut 150 Menschen beteiligten sich am Freitag, 21. April, an einer Mahnwache am Ulmer Münsterplatz gegen Abschiebungen nach Afghanistan. Aufgerufen hatte ein breites Bündnis aus verschiedenen Organisationen. Die TeilnehmerInnen verfolgten mehrere Reden, unter anderem vom Flüchtlingsrat Ulm/Alb-Donaukreis und von Betroffenen.
Es war nicht die erste Mahnwache zu diesem Thema in Ulm. Bereits im November 2016 appellierten über 200 Menschen an die Bundesregierung, keine Abschiebungen nach Afghanistan durchzuführen (wir berichteten). Die Lage hat sich seitdem verschlechtert.
Eva-Maria Glathe, Mitinitiatorin der Mahnwache, sprach in Ihrer Begrüßungsrede von einer „perfiden Abschiebemaschinerie“. Sie unterstrich, dass es Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nicht schnell genug gehen könne, Menschen, die um Leib und Leben fürchten, abzuschieben. „Sichere Gebiete gibt es nicht. Europa darf keine Festung werden“, so Glathe weiter.
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Verfolgt wegen eines „anderen“ moslemischen Glaubens
Der Vorsitzende des Flüchtlingsrats Ulm/Alb-Donaukreis, Wolfgang Erler, fand ebenfalls klare Worte: „Wir wollen, dass unser Land ein Land der Zuflucht ist. Deshalb setzen wir ein Zeichen zivilgesellschaftlichen Engagements, um Abschiebungen nach Afghanistan zu stoppen.“
Ein Flüchtling berichtete, dass er wegen seines „anderen“ moslemischen Glaubens in Afghanistan verfolgt und mit dem Tod bedroht wurde. Von offiziellen Stellen erhielt er keinen Schutz. Um sich eine sichere Existenz aufzubauen und ohne Kriegswaffen und Gewalt leben zu können, habe er in Deutschland um Asyl gebeten. Sein Dank galt den Menschen in Ulm, die ihn freundlich aufgenommen hätten. Seine Befürchtung ist, dass er bei einer Abschiebung nach Afghanistan in die Hände der Taliban oder anderer krimineller Banden gerät.
Keine Unterstützung durch Landtags-Parteien
Die Mahnwache wurde nur von der Partei Die Linke unterstützt, die jedoch nicht offiziell auf dem Flyer aufgeführt war. Auf Anfrage teilte man unserer Redaktion mit, dass unter anderem die Grünen und die SPD Ulm im Vorfeld angeschrieben worden seien. Es seien jedoch keinerlei Reaktionen gekommen. Dies führte dazu, dass der Flüchtlingsrat Ulm/Alb-Donaukreis beantragte, auch die Linke auf dem Flyer zu streichen. Erler zufolge hatte man zwar „kein gutes Bauchgefühl“ dabei, wollte die Aktion jedoch nicht zu „links- beziehungsweise parteienlastig“ aussehen lassen, sondern vielmehr die Zivilgesellschaft ansprechen.
Erler ist sich der politischen Bedeutung des Themas in der derzeitigen Situation zwar durchaus bewusst. Er hoffe jedoch, auch mit Unterstützung der Bevölkerung einen Erfolg verzeichnen zu können. Eva-Maria Glathe sieht das Ganze etwas anders: Aus ihrer Sicht ist es Aufgabe der Parteien, zur Meinungsbildung der Bevölkerung beizutragen. Sie hätte sich gefreut, wenn weitere Parteien als Unterstützer aufgetreten wären.
Die Initiative „Stopp Abschiebung nach Afghanistan“ und ihrer Unterstützerinnen fordern:
I. Den Stopp der Abschiebungen in lebensgefährliche Kriegs- und Krisengebiete und die Anerkennung der unzumutbaren Gefährdungslage im gesamten Kriegsland Afghanistan.
II. Die Einhaltung von rechtsstaatlichen Verfahrensstandards sowie umfassende, unvoreingenommene Einzelfallprüfungen und mehr Transparenz im Asylverfahren.
III. Eine Ausbildungs- und Arbeitsperspektive für die in Deutschland lebenden Menschen aus dauerhaft unsicheren Kriegs- und Krisengebieten.
IV. Keine Abschiebungen und Arbeitsverbote aus wahltaktischen Gründen und eine deutliche Abgrenzung von rassistischen, ausländerfeindlichen Forderungen.
V. Eine Politik, die sich der eigenen Mitverantwortung für globale Fluchtbewegungen stellt und Fluchtgründe wie Krieg, politische Verfolgung, Klimawandel usw. aktiv bekämpft.
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