Von Tape Lago und Christian Ratz – Köln. Gut 20 000 AntifaschistInnen demonstrierten am Samstag, 22. April, gegen die AfD und ihren Parteitag. Trotz der massiven Polizeipräsenz gelangt es ihnen, die Tagung der Rechtsaußen-Partei spürbar zu stören und den Start um Stunden zu verzögern. Zu dem Protest hatten das bundesweite Bündnis „Solidarität statt Hetze“ und Köln gegen Rechts aufgerufen. Köln stellt sich quer und die KarnevalistInnen brachten ebenfalls rund 20 000 Menschen auf die Straße. Die Polizei war vor Ort wie angekündigt: 4000 Einsatzkräfte und schweres Gerät versetzten die Domstadt in einen Ausnahmezustand. Es war ein noch nie dagewesenes Bild.
Einen Tag vor den Protesten gegen die rassistische, islamfeindliche und zunehmend völkisch-nationalistische Partei verwandelte die Polizei mit ungezählten Beamten und übertriebener Ausrüstung das Maritim Hotel und das Stadtzentrum in ein Gefahrengebiet. Auch durch fragwürdige Äußerungen und Aktionen versuchten die Kölner Polizei und ihr Präsident Jürgen Mathies, einen breiten Protest gegen den AfD-Parteitag im Keim zu ersticken.
Die Strategie des Polizeipräsidenten lag offenbar darin, die Menschen die an den friedlichen Protestaktionen teilnehmen wollten, zu verängstigen und einzuschüchtern. Er sprach sogar von „gewaltbereiten Gruppierungen“ und „Linksextremen“ die aus dem gesamten Bundesgebiet und dem Ausland nach Köln anreisen würden. Jürgen Mathies verbreitete in der Bevölkerung ein apokalyptisches Bild, das viele Menschen und Geschäftsleute abschreckte. So blieben tausende AfD-GegnerInnen, die an den friedlichen Protesten teilnehmen wollten, zu Hause.
Die bundesweite Kampagne „Solidarität statt Hetze“ und das antifaschistische Bündnis Köln gegen Rechts hatten geplant, durch Aktionen des zivilen Ungehorsams die Zufahrten und Zugänge zum Maritim Hotel zu blockieren. Bereits am frühen Samstagmorgen versammelten sich trotz Regenwetters gut 3000 AntifaschistInnen an verschiedenen Zugangspunkten zum Maritim, um den AfD-Delegierten den Zutritt zum Tagungsort zu erschweren. Erfolgreich geschah dies am Heumarkt und an der Kreuzung vor dem Dorint-Hotel, wo offenbar einige Delegierte abgestiegen waren.
Auch in Deutz auf der gegenüberliegenden Rheinseite fand eine Blockade statt. Am Fischmarkt und unter der Hohenzollernbrücke Richtung Hauptbahnhof versammelten sich ebenfalls Antifaschistinnen um zu blockieren. Bei den Blockaden der AfD-Anhänger kam es zu Scharmützeln und Auseinandersetzungen zwischen AntifaschistInnen und Polizeikräften. Dabei setze die Polizei ihre berittenen Kräfte ein, um DemonstrantInnen abzuschrecken. Schlagstöcke und Pfefferspray kamen ebenfalls zum Einsatz. Während den Aktionen nahm die Polizei vier AntifaschistInnen fest und verletzte einige. Die gutorganisierten und erfolgreichen Blockaden führten dazu, dass der Parteitag der AfD erst mit zweistündiger Verspätung starten konnte.
Lautstarke Demonstration durch die Innenstadt
An der Auftaktkundgebung des antifaschistischen Bündnisses auf dem Heumarkt nahmen mehrere tausend AntifaschistInnen und AfD-GegnerInnen teil. Es gab Ansprachen und Musikvorführungen. Die RednerInnen machten auf die antidemokratische, menschenverachtende und rassistische Politik der AfD aufmerksam. Danach setze sich der lange Demonstrationszug – begleitet von starken Polizeikräften – um die Mittagszeit Richtung Innenstadt in Bewegung.
Die TeilnehmerInnen trugen Transparente, Plakate und schwenkten Fahnen zum Thema der Proteste. Aus unbekannten Gründen stoppte die Polizei die Demonstration am Dom. Trotz der Provokationen einiger Polizisten, die zum Teil in der Demonstration liefen oder standen, was rechtlich nicht zulässig ist, blieben die TeilnehmerInnen friedlich. Sie wollten Konfrontationen vermeiden, die den Ablauf des Protestmarschs hätten stören können. Im Gegensatz zu den prognostizierten Gewalttaten und dem vorhergesagten Chaos blieb die antifaschistische Demonstration bis zum Schluss friedlich. Es kam allenfalls zu kleineren Gewalttaten und Sachbeschädigungen.
Petry demontiert, die AfD rückt weiter nach rechts
Am Nachmittag zog das Bündnis Köln stellt sich quer nach seiner Kundgebung am Heumarkt ebenfalls mit rund 10 000 Menschen durch die Innenstadt. Auch an der Protestveranstaltung der Karnevalisten im Kölner Grüngürtel sollen bis zu 10 000 Menschen teilgenommen haben. Beim Parteitag lehnten die Delegierten den realpolitischen, angeblich gemäßigten Kurs Frauke Petrys ab. Eine Niederlage für die Parteichefin, die für sie sehr schwer zu verkraften war.
Mit der Wahl von Alice Weidel und Alexander Gauland als SpitzenkandidatInnen für die Bundestagswahl zeigte die rassistische, völkisch-nationalistische Partei deutlich, wohin die Reise in der Zukunft führen wird. Die AfD wird sich radikalisieren, meinten einige BeobachterInnen vor Ort. Am Sonntag, 23. April, versammelten sich erneut rund 1500 Demonstrantinnen, um die AfD und ihre Delegierten zu verabschieden.
Unser Kommentar: Insgesamt verliefen alle Proteste an beiden Demonstrationstagen weitestgehend friedlich. Die Polizei hätte im Vorfeld auf ihre diffamierende Kampagne, die versuchte Kriminalisierung und Bedrohung der AfD-GegnerInnen verzichten können. Der Protest gegen Frauke Petry, Alexander Gauland, Alice Weidel und ihre Anhänger war für die AntifaschistInnen und AfD-GegnerInnen ein Riesenerfolg.
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