Stuttgart. Martin Kunzmann ist bei der Bezirkskonferenz des DGB Baden-Württemberg am Samstag, 27. Januar, für weitere vier Jahre als Landesvorsitzender gewählt worden. Auch seine Stellvertreterin Gabriele Frenzer-Wolf wurde im Amt bestätigt. Für den Landesvorsitzenden stimmten 100 Prozent der 93 anwesenden Delegierten. Der DGB Baden-Württemberg vertritt die Interessen von rund 812 000 Gewerkschaftsmitgliedern im Land.
Es gab 92-Ja-Stimmen für den 61-jährigen IG-Metaller und eine Enthaltung. Martin Kunzmann dankte den Delegierten für den überwältigenden Vertrauensbeweis. Für die stellvertretende Landesvorsitzende Gabriele Frenzer-Wolf (54) votierten 95,5 Prozent (85 Ja, vier Nein, zwei Enthaltungen) der Delegierten.
Die Konferenz im Stuttgarter Willi-Bleicher-Haus stand unter dem Motto „Solidarisch. Gerecht. Für alle!“. Die Delegierten der acht DGB-Mitgliedsgewerkschaften wählten auch Vier RegionalgeschäftsführerInnen. Für Nordbaden ist Lars Treusch zuständig. Der 41-Jährige ist seit 2014 Regionsgeschäftsführer. Er wurde mit 97,6 Prozent der Stimmen wiedergewählt.
Erstmals eine Frau an der Spitze einer DGB-Region
Für die mitgliederstärkste Region Nordwürttemberg ist Bernhard Löffler zuständig. Der 60-Jährige ist seit 2014 Regionsgeschäftsführer. Er wurde mit 98,8 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Für Südbaden ist Jürgen Höfflin zuständig. Der 50-Jährige ist seit 2014 Regionsgeschäftsführer. Er wurde mit 97,7 Prozent der Stimmen wiedergewählt.
Für Südwürttemberg trat Bärbel Mauch zum ersten Mal an. Die 55-Jährige war zuvor Regionssekretärin beim DGB in Reutlingen, davor Abteilungsleiterin Frauen- und Gleichstellungspolitik sowie Migrations- und Integrationspolitik beim Landesbezirk. Sie wurde mit 95,4 Prozent der Stimmen gewählt. Damit steht erstmals eine Frau an der Spitze einer DGB-Region im Land. Sie löst Peter Fischer ab, der nicht mehr zur Wahl angetreten war.
Tarifbindung und Mitbestimmung bleiben Kernanliegen
Der Bezirksvorstand hatte vier Leitanträge eingebracht: „Gute Arbeit“, „Gute Bildung“, „Gutes Leben“ und „Starker DGB“. Weitere Anträge kamen von den Kreis- und Stadtverbänden, dem Bezirksfrauenausschuss, der DGB-Jugend und den Gewerkschaften. Die Kernanliegen waren sichere Beschäftigung, eine höhere Tarifbindung, mehr Mitbestimmung, Weiterbildungschancen für alle Beschäftigte, ein chancengerechtes Bildungssystem, Investitionen in einen handlungsfähigen Staat sowie eine gerechte Steuer- und Sozialpolitik.
Als Vertreter der Landesregierung sprach Innenminister Thomas Strobl zu den Anwesenden. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack ging in ihrem Grußwort auf die gewerkschaftlichen Anforderungen an die künftige Bundesregierung ein.
- Thomas Strobl, Innenminister BaWü – Archivfoto
- Elke Hannack – stellvertretende DGB-Vorsitzende
„Geschenkt wird den Beschäftigten nichts“
In seiner Rede stellte Martin Kunzmann die Erfolge des DGB und der Gewerkschaften in den vergangenen vier Jahren dar. Letztere hätten gute und wegweisende Tarifabschlüsse erzielt: „Geschenkt wird den Beschäftigten nichts. Wir müssen gemeinsam darum kämpfen.“
Die Wirtschaftslage sei hervorragend, doch nicht alle Beschäftigten spürten diesen Aufwind. Prekäre Beschäftigung nehme auch im wohlhabenden Baden-Württemberg stetig zu. Mittlerweile sind fast zwei Millionen Menschen im Land atypisch beschäftigt (Teilzeit, Leiharbeit, geringfügige Beschäftigung). Jede vierte Frau im Land habe nur einen Minijob, kritisierte Kunzmann.
Ohne Tarifvertrag 20 Prozent weniger Lohn
Nur noch etwas mehr als die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land seien durch Tarifverträge geschützt. Die Entgelte in Betrieben ohne Tarifbindung lägen 20 Prozent unter dem Durchschnitt. Nicht einmal jeder zweite Beschäftigte arbeite in einem Betrieb mit Betriebsrat.
Der DGB-Landesvorsitzende forderte die Landesregierung auf, sich für gute Arbeit, mehr Tarifbindung und eine Stärkung der Mitbestimmung einzusetzen. Der DGB forderteinen Rechtsanspruch auf Qualifizierung. Kunzmann appellierte auch an Grün-Schwarz, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Vorreiter für gute Arbeit zu sein: „Die öffentliche Hand sollte Tarifbindung und Mitbestimmung zum Kriterium bei der Vergabe machen. Das Mindeste ist, dass bei öffentlichen Aufträgen die gleiche Bezahlung gilt wie im öffentlichen Dienst.“Beschäftigte stünden bei Grün-Schwarz jedoch nicht im Fokus. Das zeige sich auch daran, dass sowohl die Grünen als auch die CDU immer wieder eine Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes anmahnten.
Kritik an Überprüfung des Bildungszeitgesetzes
Scharf kritisierte Kunzmann die geplante Überprüfung des erst 2015 geschaffenen Bildungszeitgesetzes: „Das Bildungszeitgesetz darf nicht rasiert werden. Es muss verbessert werden. Für mich wäre es ein Kniefall vor den Arbeitgebern, sollte die Landesregierung die politische Bildung aus dem Gesetz streichen.“
Der DGB und seine Gewerkschaften wendeten sich klar gegen nationalistische und rechtsextreme Strömungen in Politik und Gesellschaft, so Kunzmann weiter: „Wir als Einheitsgewerkschaft sind gefordert, unsere demokratische und freiheitliche Grundordnung zu verteidigen. Wir wollen, dass die Menschen in unserem Land sicher und friedlich zusammenleben. Dafür setzen wir uns gemeinsam ein.“
Seine Stellvertreterin Gabriele Frenzer-Wolf mahnte soziale Reformen und mehr Solidarität in Europa an: „Nur mutige Schritte bringen Europa aus der Vertrauenskrise. Dafür muss die europäische Politik zu substanziellen Verbesserungen der Arbeits- und Lebensverhältnisse aller Bürgerinnen und Bürger in Europa beitragen.“
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