Von Tape Lago – Neustadt an der Weinstraße. In der Neustadter Innenstadt demonstrierten am Freitag, 22. Juni, gut 350 Menschen gegen eine Veranstaltung der rheinland-pfälzischen AfD im Hambacher Schloss. Zu der lautstarken Demonstration hatte das „Regionale Bündnis gegen Rechts“ aufgerufen. Mit dieser Protestveranstaltung wollten AntifaschistInnen, Parteien, Gewerkschaften, Kirche und andere BürgerInnen ein deutliches Zeichen gegen Rassismus und den Rechtsruck in Deutschland und Europa sowie gegen den „Missbrauch“ des Hambacher Schlosses durch die Rechtsaußenpartei setzen. Die Polizei war mit einer starken Mannschaft vor Ort und schirmte das Schloss und die Veranstaltung der AfD-Landtagsfraktion mit Uwe Junge und Alexander Gauland ab.
Vor der Ankunft der rechtsextremen Partei ließ offenbar der Betreiber des Hambacher Schlosses zwei Transparente mit folgender Botschaft als Zeichen seines Protestes aufhängen: „Die Menschen auf dem Hambacher Fest demonstrierten für eine nationale Einheit Deutschlands. Aber sie waren keine Nationalisten, die sich gegen andere Nationen stellten. Im Gegenteil: Sie forderten ein konföderiertes republikanisches Europa mit Presse-, Meinung-, und Versammlungsfreiheit und Gleichberechtigung für Frauen.“ Das sagte der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seinem Besuch auf dem Hambacher Schloss am 19. März 2018.
AfD missbrauche das Hambacher Schloss
Vor Beginn der Demonstration kritisierte die SPD-Landtagsabgeordnete Giorgina Kazungu-Haß die AfD scharf. Die völkisch nationalistische und zum Teil rassistische Partei missbrauche das Hambacher Schloss, Denkmal für Demokratie und Freiheit, für ihre Zwecke, sagte sie und rief die Bevölkerung auf, gegen Rassismus und den Rechtsruck aufzustehen. Hambach und Neustadt seien vielfältig, betonte sie.
Die Ziele der Rechtsaußenpartei seien nicht identisch mit den Absichten der BürgerInnen, die 1832 auf den Hambacher Schlossberg zogen, um für republikanische Freiheit, soziale Gerechtigkeit, für die Rechte von Minderheiten, Ausländern und ein vereintes Europa zu demonstrieren. Die AfD-GegnerInnen werfen ihr eine Vereinnahmung des Hambacher Schlosses vor. Deshalb wollten sie die Zusammenkunft der rheinland-pfälzischen AfD mit dem Gastauftritt von Alexander Gauland nicht unwidersprochen lassen.
Kraftvolle Demonstration in der Innenstadt
Nachdem Versammlungsleiter Rüdiger Stein die Gründe und Inhalte der Versammlung erläuterte, begann die Demonstration wie geplant um 17 Uhr mit einem „Euro-Elefanten“ an der Spitze. Die DemonstrantInnen trugen Transparente und Plakate. Auf den Transparenten der SPD war zu lesen: „NW – Kein Platz für Rattenfänger! Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Hambach ist Vielfalt“. Bei den Grünen war „Nazis nein danke!“ auszumachen. Einige Demonstrierenden hielten kleine „Europa-Fahnen“ in den Händen.
Lautstarker Antifa-Block im Demonstrationszug
Ein lautstarker Antifa-Block mit rund 100 AntifaschistInnen aus Heidelberg, von den Offenen Antifaschistischen Treffen (OAT) Landau und Mannheim und von der Antifa Rheinpfalz machte auf sich aufmerksam. Er verlieh dem gesamten Demonstrationszug einen kämpferischen, antifaschistischen Charakter. Mit Sprechchören wie „AfD Rassistenpack, wir haben euch zum kotzen satt“ und „rassistisch, sexistisch, neoliberal, AfD Partei des Kapitals“, sowie „kein Mensch ist illegal, Bleiberecht überall“, machten die AntifaschistInnen deutlich, dass die AfD und Gauland in Neustadt nicht willkommen waren. Mit weiteren Parolen rief der Antifa-Block zum Widerstand gegen den „Faschismus in jedem Land“ auf. Nach der kraftvollen Demonstration durch die Innenstadt erreichte der Zug den Marktplatz, auf dem die Abschlusskundgebung stattfand.
Bürgermeisterin Blarr: „Asylrecht ist ein Menschenrecht“
Dort richtete Bürgermeisterin Waltraud Blarr (Grünen) zunächst ein Grußwort des Oberbürgermeisters Marc Weigel (Freie Wähler Gemeinschaft) und des Stadtvorstands an die DemoteilnehmerInnen aus. Sie kritisierte danach das Grundsatzprogramm der AfD und machte klar, dass das Recht auf Asyl ein Menschenrecht sei. Man solle die Behauptungen der Rechtsaußenpartei kritisch hinterfragen und ihnen Fakten entgegensetzen, sagte Blarr weiter. Lass uns wachsam bleiben, rief sie den ZuhöherInnen zu.
Die SPD-Landtagsabgeordnete Giorgina Kazungu-Hass bedankte sich bei den Demonstrierenden und plädierte für mehr Engagement gegen die AfD, denn die rassistische Stimmung, die von dieser extrem rechten Partei in Deutschland verbreitet werde, sei weit fortgeschritten.
Josef Winkler: „Die AfD ist eine rassistische und neo-nationalsozialistische Partei“
Josef Winkler, Landesvorsitzender der Grünen, begrüßte das Engagement der Stadt Neustadt, das durch die Anwesenheit von Bürgermeisterin Blarr unterstrichen werde. Winkler prangerte den Missbrauch des Hambacher Schlosses durch die AfD an. Die AfD sei eine rassistische, sexistische, antisemitische und neo-nationalistische Partei, betonte Winkler unter Applaus. Er rief anschließend die Demonstrierenden auf, der AfD stets entgegenzutreten.
Für Felix Diener, Sprecher von Linke.SDS Heidelberg, ist die AfD eine faschistische Partei, die eine Spaltung der Gesellschaft vorantreibe. Deshalb sei es notwendig, dass die Gesellschaft ihr gegenüber Flagge zeige.
Protest-Botschaft der Hambach-Gesellschaft gegen die AfD
Abschließend verlas Rüdiger Stein die Protest-Botschaft der Hambach-Gesellschaft, die von Professor Dr. phil. Wilhelm Kreuzt verfasst wurde. Die Hambach-Gesellschaft protestiert aufs Schärfste gegen eine erneute politische Vereinnahmung des Hamacher Festes durch die AfD. Eine Partei die zum Inbegriff für Geschichtsklitterung geworden ist, hieß es darin. In Hambach sollte es kein Platz für antieuropäische Stimmungsmache, nationalistischen Ressentiments und Ausländerfeindschaft geben, mahnte Kreuzt. Die Kundgebung auf dem Marktplatz wurde mit AfD-kritischen Liedern von Liedermacherin Martina Gemmar begleitet.
Ein „kleines Volk“ auf dem Hambacher Schloss
Vor der Gegendemonstration versammelten sich rund 70 AfDler um die Mittagszeit auf dem Schlossberg mit einem Transparent und rund 30 Deutschland-Fahnen. Ein Banner mit der Aufschrift „Gegen Rassismus und Fremdenhass“ zeichnete den Protest von AnwohnerInnen aus. Unter dem Motto „Hinauf zum Schloss“ zog der kleine Demonstrationszug zum Hambacher Schloss. Auf dem Weg zur „Wiege der deutschen Demokratie“, wurden die AfDler mit einem stillen Protest konfrontiert.
Auf der Straße vom Schlossberg bis zum Schloss waren AfD-kritische Parolen wie „Ihr macht die Gesellschaft krank“, „Braunes Beipack“, „Bitte keine Nazis“, „FCK AfD“, „Nazis raus“ und „EkelhafD“ zu lesen. Die „Mini-Demo“ der AfD bezeichnete eine Gegnerin als „kleines Volk“. Das regionale „Bündnis gegen Rechts“ war mit dem Verlauf seiner Veranstaltung sehr zufrieden und wertete den Protest als großen Erfolg: „Das war ein Schulterschluss gegen den Rechtsruck und Rassismus“.
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