Von Sahra Barkini – Stuttgart. Am Freitag, 19. Juni, lud Migrantifa Stuttgart zur ersten Kundgebung der Organisation auf den Stuttgarter Marktplatz. Rund 200 Menschen folgten der Einladung, um des rassistischen Anschlags von Hanau zu gedenken. Vor vier Monaten, am 19. Februar, starben im hessischen Hanau neun Menschen durch rassistisch motivierte Gewalt.
Erst vor wenigen Wochen gründete sich Migrantifa Stuttgart. Nun nahm die Initiative den Tag der Morde von Hanau zum Anlass, an die Opfer rassistisch motivierter Gewalt zu erinnern. Porträts der Ermordeten wurden gezeigt und ihre Namen verlesen. Mehrere Redner thematisierten Rassismus und Ausgrenzung. Sie forderten die lückenlose Aufklärung der rassistischer Morde.
Im Kundgebungsaufruf hieß es: „Wir denken nicht nur an Hanau zurück, sondern an alle rassistischen Gewalttaten, die in unserer Welt täglich passieren. Wir werden nicht vergessen und wir wollen, dass niemand vergisst. Wir fordern Gerechtigkeit und wir fordern Veränderung! Gemeinsam sind wir stark!“
Ein Redner verlas die Namen der Ermordeten und sagte dann: „In dieser Nacht hab ich gemerkt, mit diesen Taten sind alle gemeint, aber getroffen werden wir MigrantInnen, JüdInnen, Sinti und Roma und Schwarze Menschen. Ich habe geweint vor voller Wut, Trauer, Ohnmacht. Was hätten wir denn tun sollen, was sollen wir denn tun?“
Man wolle nicht mehr getroffen werden oder auf Listen stehen, begründete er, weshalb sich die Migrantifa bildete. Es sei ihm bewusst, dass dies alles nichts Neues ist. Migrantische Familien würden nicht geschützt, das kenne man von den NSU-Morden. Er sagte: „Das milde Urteil bei den NSU-Morden war ein Aufruf an alle Nazis weiterzumorden.“ PolitikerInnen zeigen sich betroffen nach Anschlägen wie in Halle oder Hanau, es ändere sich aber nichts. „Wir wollen nicht vergessen und wollen verhindern, dass vergessen wird.“
Danach folgte eine Schweigeminute, in der an die Opfer rassistischer Gewalt erinnert wurde. Sie dauerte 8 Minuten und 46 Sekunden. So lange drückte ein US-Polizist sein Knie auf George Floyds Hals und tötete ihn so.
Auf Schildern war zu lesen „Migrantifa zusammen trauern – Gemeinsam kämpfen – Black Lives Matter“ oder „Hanau 19.02.2020 kein Fussbreit dem Faschismus“, „Es war ein rassistischer Terrorakt und keine wahllos begangene Tat“.
Eine weitere Rednerin sagte, sie hoffe, dass sie nun der letzten Generation angehöre, die dafür kämpfen müsse, dass es aufhört, dass Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Hautfarbe ermordet und unterdrückt werden. Die Vergangenheit könne nicht mehr verändert werden, aber man könne aus ihr lernen, denn es sei nie zu spät, einen neuen Weg einzuschlagen. Weiter sagte sie, Rassismus sei tief in der Gesellschaft verankert. Dabei sei es egal, welche Hautfarbe man trage, welche Sprache man spreche oder welches Herkunftsland man habe. Alle seien gleich. „Wir alle sind verantwortlich für die Zukunft der nächsten Generationen“, sagte die Rednerin und schloss ihre Ansprache: „Hoffnung ist stärker als Angst, ich glaube an uns.“
Die KundgebungsteilnehmerInnen hatten noch die Möglichkeit, auf Plakate zu schreiben, was sie sich von Migrantifa Stuttgart erwarten, und sich solidarisch mit den Opfern von Rassismus zu erklären. Die aufgrund der Corona Pandemie herrschenden Abstandsregeln wurden eingehalten. Außerdem trugen die KundgebungsteilnehmerInnen alle einen Mund-Nasen-Schutz.
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