Von Andreas Scheffel – Stuttgart. Die Polizei bekam Recht: Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat nach der mündlichen Verhandlung am Donnerstag, 16. April, mehrere Klagen wegen des sogenannten Polizeikessels bei einer Nazidemo am 12. Oktober 2013 in Göppingen abgewiesen. Fünf Gegendemonstranten hatten gegen das Vorgehen der Polizei geklagt.
Das Land Baden-Württemberg wurde vom Polizeipräsidium Ulm vertreten. Die fünf Kläger aus dem Raum Ulm hatten am 12. Oktober 2013 in Göppingen gegen den Aufmarsch der „Autonomen Nationalisten Göppingen“ (ANGP) protestiert. Sie waren mit knapp 500 weitere Personen von der Polizei bis zu sieben Stunden bei klirrender Kälte eingekesselt und festgehalten worden.
Dagegen wehrten sie sich nachträglich vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht. Die 1. Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Dr. Rolf Vondung wies ihre Klage jedoch ab.
In der Verhandlung am Donnerstag erklärte einer der Kläger, er habe angenommen, dass die Demonstration angemeldet war. Das war eine der entscheidenden jursitischen Fragen in dem Verfahren. Der Demonstrationszug durch die Schloss-Straße in Göppingen war jedoch nicht angemeldet. Auch als Spontandemonstration wollte ihn der Vorsitzende Richter nicht durchgehen lassen. Die Polizei sei daher berechtigt gewesen, die Kläger in Gewahrsam zu nehmen, bis die Gefahr eines Zusammentreffens mit den rechtsextremen Demonstranten vorüber war.
Dr. Rolf Vondung fragte den damaligen Göppinger Polizeichef, wie es mit richterlichen Anordnungen aussah. Martin Feigl räumte ein, dass ein Göppinger Amtsrichter nach den ersten zwei Vorführungen die Gewahrsamnahmen nicht bestätigt hatte und die Männer freigelassen werden mussten. Weitere Vorführungen habe es nicht gegeben. Das begründete Feigl mit Personalmangel. Außerdem sei der Richter zwischenzeitlich abwesend gewesen.
Das Verwaltungsgericht teile die Einschätzung der Lage durch die Polizei, dass die Kläger am 12.Oktober 2013 an einer nicht friedlichen und daher nicht durch Art. 8 Abs. 1 des Grundgesetzes geschützten Veranstaltung teilgenommen hätten, heißt es in der Erklärung der Kammer vom Freitag. Dieser Grundgesetzartikel garantiert „allen Deutschen“ das Recht, „sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln“.
Die Polizei begründete ihr Einschreiten vor allem mit einem angeblichen Angriff auf eine ihrer Absperrungen. Ein Video konnte diesen Angriff allerdings nicht belegen, es zeigte lediglich Gedrängel im engen Durchgang des Alten Kastens in Göppingen.
Dass die Kläger selbst sich an gewalttätigen Aktionen nicht beteiligt haben, ändert nach Auffassung des Gerichts nichts. Sie hätten sich „dem nicht angemeldeten und auch nicht spontan entstandenen Aufzug der gewaltbereiten Aktivisten angeschlossen und durch ihre Anwesenheit zu dem – bei verständiger Würdigung der Situation berechtigten – Eindruck einer bestehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit beigetragen“.
Das Gericht hat die Berufung nicht zugelassen. Die Betroffenen können sich damit nur gegen das Urteil wehren, wenn der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg als nächsthöhere Instanz die Berufung zulässt. Das können die Kläger innerhalb eines Monats nach Zustellung der noch nicht vorliegenden Urteilsbegründung beantragen.
Die Kläger aus Ulm beraten noch mit ihren Anwalt, ob sie den Weg über den Verwaltungsgerichtshof gehen wollen, um zu ihrem Recht zu gelangen.
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