Von unseren Reportern und der Redaktion – Villingen-Schwenningen. Rätschen, Vuvuzelas, Kochtöpfe, Tröten, Trommeln: Bis zu 500 Nazi-GegnerInnen boten am Sonntag, 13. September, alles auf, was Lärm macht, um Hetze gegen Flüchtlinge zu übertönen. Erstmals seit längerer Zeit hatte sich in Villingen-Schwenningen wieder die „SBH-Gida“ versammelt – ein Pegida-Ableger, wobei „SBH“ für Schwarzwald-Baar-Heuberg steht. Zu dem Protest hatten das Bündnis No Pegida und das Offene Antifaschistische Treffen Villingen-Schwenningen aufgerufen.
Nach Angaben der Polizei beteiligten sich an der Kundgebung der „SBH-Gida“ auf dem Villinger Münsterplatz 130 bis 140 Personen. Die örtlichen Zeitungen berichteten jedoch nur von 100 TeilnehmerInnen. Ihr Aufmarsch in einer Art Hinterhof blieb wegen der Lautstärke des Protests ohne jede Außenwirkung. Hauptredner war Michael Viehmann, Organisator des Pegida-Ablegers in Kassel.
Am frühen Sonntagnachmittag versammelten sich zunächst rund 100 AntifaschistInnen auf dem Latschariplatz. Als Pegida-Anhänger demonstrativ direkt an ihrem Infostand vorbeiliefen, gab es kleinere verbale Auseinandersetzungen.
Breites Bündnis gegen Rechts
Bei der Kundgebung von No Pegida auf dem Franziskanerplatz sprach neben Nicola Schurr auch Oberbürgermeister Rupert Kubon. Er kritisierte offen und eindeutig die Pegida-Bewegung. Ihre Anhänger seien keine besorgten Bürger. Für solche Leute gebe es in Villingen-Schwenningen keinen Platz. Es sei wichtig, Flagge zu zeigen für ein buntes Villingen-Schwenningen, sagte Kubon. Die Stadt werde die Herausforderung meistern, Flüchtlinge unterzubringen. Diese Aufgabe sei nichts gegen das, was hinter den Flüchtlingen liegt, die hier angekommen sind.
Unter anderem waren Fahnen der SPD, der MLPD, der DKP und der Antifa zu sehen. Auch MigrantInnen schlossen sich dem Protest an. Villingen-Schwenningen habe am Sonntag mit zwei Kundgebungen gegen Pegida ein klares Zeichen gegen Rechts gesetzt und sich deutlich für eine bunte Gesellschaft ausgesprochen, erklärte York Töllner vom Bündnis No Pegida nach der Demonstration. Nicola Schurr ergänzt: „Wir von No Pegida haben mit unserem Bündnis über Parteigrenzen, mit Gewerkschaften, Vereinen und NGO’s mehr Zuspruch denn je gefunden. Nachdem PEGIDA bei uns immer wieder mit diversen Größen vom rechten Rand zu punkten versucht und vor dem Hintergrund der jüngsten Übergriffe in Baden-Württemberg wünschen wir uns auch von den LandespolitikerInnen Unterstützung. Hier sind alle demokratischen Kräfte gefordert, frühzeitig Stellung zu beziehen und den Umtrieben von Pegida die Grenzen aufzuzeigen!“
Reiterstaffel und Hunde im Einsatz
Nach den Reden auf dem Franziskanerplatz zogen die Versammelten am Sonntag zum Rathaus und zum Münsterplatz. Motto der Demonstration von No Pegida war „Laut gegen Rechts“. Das Offene Antifaschistischen Treffen machte sich kurz danach ebenfalls auf den Weg. Ein Teil der AntifaschistInnen schloss sich dem lautstarken Protest von No Pegida an. Eine zweite Gruppe versuchte, den Zugang zur „SBH-Gida“ zu blockieren. Das verhinderte die Polizei, die unter anderem vier Pferde und einige Hunde im Einsatz hatte.
Nach Abschluss der Pegida-Kundgebung gab es kleinere Auseinandersetzungen zwischen abziehenden Rechten und AntifaschistInnen. Der Nachmittag, der überwiegend in guter Stimmung verlaufen war, hätte nach unserer Einschätzung dennoch weitgehend friedlich zu Ende gehen können. Die Polizei ließ sich jedoch von einer Pegida-Anhängerin instrumentalisieren.
Polizei erstattet Anzeige in vier Fällen
Obwohl ihr nur entgegen gerufen wurde, sie solle abziehen, fing die Frau an zu schreien, als ob sie angegriffen worden wäre. Polizisten nahmen in auffallend grober Weise eine Frau und einen Mann aus dem antifaschistischen Spektrum fest. Die Polizei-Pressestelle berichtete später von insgesamt vier Anzeigen gegen Verdächtige aus Schwenningen, Lörrach und Stuttgart wegen versuchter Körperverletzung, Widerstands gegen Vollzugsbeamte und Beleidigung. Zwei Polizisten seien leicht verletzt worden.
Zu einem weiteren Zwischenfall kam es, als sich ein Pegida-Anhänger über „illegale Fotos“ beklagte, was immer damit gemeint gewesen sein mag. Eilfertig forderte ein Polizist den betroffenen Journalisten auf, seinen Presseausweis zu zeigen. Der Beamtete behauptete, wer nicht als Journalist akkreditiert sei, dürfe nicht fotografieren. Der daneben stehende Chefredakteur der Beobachter News erklärte dem Polizisten, dass es für ein solches Verbot keinerlei Rechtsgrundlage gibt. Der Beamte beendete dann auch seinen Versuch, die Arbeit der Presse zu behindern.
Rabiates Polizeiverhalten bei der Festnahme von AntifaschistInnen
Die Polizei meldete zwei leicht verletzte Polizisten – Wer daran wohl schuld sein soll?
Weitere Bilder des Tages
Folge uns!