Stuttgart. Die Tarifrunde für den Sozial- und Erziehungsdienst ist beendet. Bei der Urabstimmung zum Tarifergebnis, das am 30. September in Nachverhandlungen erreicht wurde, haben sich 57,2 Prozent der Verdi-Mitglieder für die Annahme ausgesprochen. Das teilt die Gewerkschaft mit.
„Damit wird ein erster Schritt in Richtung Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe erzielt, und die Entgelte werden rückwirkend zum 1. Juli 2015 angehoben“, erklärt Wolfgang Pieper vom Verdi-Bundesvorstand. Dagmar Schorsch-Brandt, stellvertretende Landesbezirksleiterin von Verdi Baden-Württemberg, forderte erneut, die Sozial- und Erziehungsberufe weiter aufzuwerten: „Eltern wussten schon lange, was Erzieherinnen täglich leisten. Die Arbeit mit und für die Flüchtlinge führt uns in diesen Wochen dramatisch vor Augen, welchen Beitrag auch die Sozialarbeit für unsere Gesellschaft leistet. Die sozialen Berufe müssen aufgewertet werden, dafür sind wir angetreten, ein Etappenziel ist nun erreicht.§
Allerdings, monierte Schorsch-Brandt, seien die Arbeitgeber zu einer endgültigen Einigung, die jahrzehntelange Lohndiskriminierung in den sozialen Berufen zu beenden, noch nicht bereit gewesen. Für einige Beschäftigtengruppen könne sich das Ergebnis durchaus sehen lassen, für andere, besonders den Bereich der Sozialarbeit, nicht. „Unser Ziel ist klar, daran halten wir fest, auch wenn es offenkundig noch ein längerer Weg ist“, so Schorsch-Brandt.
Wolfgang Pieper: Bessere Bezahlung allein reicht nicht
Mit dem Tarifergebnis werden Verdi zufolge vor allem jüngere Erzieherinnen und Erzieher in den unteren Erfahrungsstufen besser gestellt als zuvor. Es gebe nun auch Verbesserungen für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter im Allgemeinen Sozialdienst, die vom Schlichtungsergebnis nicht profitiert hatten. Sie erhielten nun zwischen 30 und 80 Euro monatlich mehr. Wie in der Schlichtungsempfehlung vorgesehen, profitieren auch die Leitungen von Kindertagesstätten und Einrichtungen der Behindertenhilfe sowie Kinderpflegerinnen.
Zur Aufwertung gehörten nicht nur eine bessere Bezahlung, sondern auch gute Bedingungen, um die Qualität der frühkindlichen Bildung zu verbessern, betont Pieper: „Die Politik ist jetzt aufgefordert, nicht nur von der Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienstes zu reden, sondern auch die Verbesserungen zu schaffen, mit denen die Bedingungen in den Einrichtungen verbessert werden.“ Das sei auch mit Blick auf Flüchtlingskinder und Jugendliche dringend notwendig. Dazu gehörten vor allem zusätzliche Investitionen in Personal- und Sachmittel.
In Baden-Württemberg gab es viele Aktionen
Die Tarifrunde war auch in Baden-Württemberg von vielen Streiks (siehe etwa Kitas werden weiter bestreikt und Warnstreik im Sozial- und Erziehungsdienst ) und anderen Aktionen begleitet, so etwa in der Behindertenhilfe (siehe „Wichtige Arbeit für die Gesellschaft„). Nachdem die Betroffenen ein erstes Schlichtungsergebnis zunächst mit großer Mehrheit abgelehnt hatten (siehe „Schlichterspruch abgeschmettert„), wurde noch einmal nachverhandelt und am 15. September der jetzt angenommene Tarifabschluss erzielt (siehe „Neue Einigung im Kita-Streik„).
Die Verdi-Mitglieder sind offenbar einverstanden. Das Ergebnis der Urabstimmung zeugt jedoch eher von einer nüchternen Bewertung der Kräfteverhältnisse als von großer Euphorie. „Ein ehrliches Ergebnis – wir müssen weitermachen“, kommentiert etwa Jochen Dürr, Mitglied im Verdi-Landesfachbereichsvorstand für die Behindertenhilfe, den Abschluss.
Siehe auch unsere früheren Berichte:
Schlichterspruch abgeschmettert
Ärger über Schlichterspruch (Interview mit Jochen Dürr)
Wichtige Arbeit für die Gesellschaft
Verschnaufpause bei Kita-Streiks
Verdi will Arbeitskampf ausweiten
Warnstreiks und Demonstrationen in Karlsruhe und Stuttgart
Die Erzieherinnen streiken weiter
Streik in Kitas und Werkstätten
Warnstreik im Sozial- und Erziehungsdienst
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