Von Alfred Denzinger – Stuttgart. Die AfD veranstaltete am Donnerstag, 27. April, ihren Wahlkampfauftakt im „Bürgerhaus-Rot“ in Stuttgart-Zuffenhausen. Dort versammelten sich rund 60 ZuhörerInnen. An der Protestkundgebung des Stuttgarter Aktionsbündnisses gegen Rechts nahmen 90 Personen teil. Am Rande der Veranstaltungen soll der Stuttgarter AfD-Stadtrat Eberhard Brett von GegendemonstrantInnen angegriffen worden sein. Er wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Die Polizei nahm eine tatverdächtige Person fest.
Nach Polizeiangaben befand sich der 57-jährige AfD-Stadtrat Eberhard Brett mit seiner 43-jährigen Begleiterin auf dem Weg zum Veranstaltungsort. Dabei sei er „offenbar geschlagen und verletzt worden“, so die Pressemitteilung der Polizei. Gegen 18 Uhr hätten sich an der Stadtbahnhaltestelle Schozacher Straße zirka 40 bis 50 mutmaßlich dem linken Spektrum zuzurechnende Personen aufgehalten. In dieser Gruppe habe sich auch ein 18 Jahre alter Tatverdächtiger aufgehalten. Nach Bretts eigener Schilderung soll der Mann ihn auf dem Weg zur Veranstaltung mit einer Holzlatte auf den Kopf geschlagen haben. Seine Begleiterin soll von einem weiteren, bislang unbekannten Täter „offenbar einen Schlag in den Rücken“ erhalten haben.
AfDler im Krankenhaus
Rettungskräfte hätten sich sodann um den 57-Jährigen gekümmert und ihn in ein Krankenhaus gebracht. Polizeibeamte nahmen den tatverdächtigen 18-Jährigen gegen 20 Uhr an der Haltestelle Stadtbibliothek vorläufig fest. Er wurde nach Abschluss der Maßnahmen wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Ermittlungen dauern an. Während des gesamten Polizeieinsatzes anlässlich der politischen Veranstaltung nahmen die Polizeibeamten zusätzlich einen 24 Jahre alten Tatverdächtigen wegen angeblichen Widerstands und einen 31-Jährigen wegen angeblicher Beleidigung vorläufig fest.
Hat Brett die Situation provoziert?
Der nicht selten im Rampenlicht stehende Stadtrat (sie hierzu „Betrugsvorwurf gegen AfD-Stadtrat„) soll nach Augenzeugenberichten eine Gruppe von rund 20 AntifaschistInnen auf dem Gehweg durch Schlagen mit seinem Alu-Aktenkoffer provoziert beziehungsweise angegriffen haben. Dabei sei es zu einem Gerangel gekommen. Die AntifaschistInnen wurden daraufhin von Polizisten umringt. Brett stand mit seiner Begleiterin – augenscheinlich ohne jede Beeinträchtigung – am Rande des Geschehens. Von einer Verletzung bemerkten die Augenzeugen nichts.
Polizeilich verordnete Spontandemo
Die Polizei ließ die AntifaschistInnen anschließend nicht auf direktem Wege zu ihrem zugewiesenen Kundgebungsplatz neben dem Bürgerhaus, sondern verordneten ihnen eine „Spontandemonstration“ um den Wohnblock. Brett stand zu dieser Zeit auf dem Gehweg bei Polizisten.
AfD: „Opfer brutaler linker Gewalt“
Die AfD veröffentlichte auf ihren diversen Facebookseiten, Brett sei das „Opfer brutaler linker Gewalt“ geworden. „Nach einer heftigen Prügelattacke durch Antifa-Schläger“ hätte er ins Krankenhaus gebracht werden müssen. Die „Linksfaschisten“ hätten ihn „zunächst als „Nazi“ beschimpft und dann zusammengeschlagen“.
Weiter konstruiert die AfD: „So sieht es also aus, wenn man „das Personal der AfD attackiert“, wie es SPD-Vize Ralf Stegner dreist eingefordert hat.“ Manuela Schwesig von der SPD und deren Ministerium drücke „allerlei obskuren Organisationen jährlich 100 Millionen Euro für den „Kampf gegen rechts“ in die schmutzigen Hände“. Die „Sturmabteilung des 21. Jahrhunderts“ schrecke „weder vor Sachbeschädigung noch vor Körperverletzung zurück.“ „Spezialdemokraten wie Stegner“ registrierten es vermutlich mit klammheimlicher Freude, „wenn die Saat ihrer Schreibtischtaten und Verbalattacken aufgeht.“
Die Stuttgarter AfD-Fraktion greift auf ihrer Facebookseite die Caritas an. Diese habe „trotz gewaltbereiter öffentlicher Aufrufe, den Gegendemonstranten“ ihr Gelände für ihren Protest zur Verfügung gestellt. „Die Antifa wurde unterstützt durch die grüne Jugend, Jusos und Linke“, erklärten die Rechtspopulisten.
Wir dokumentieren nachstehend den Protest-Aufruf des Stuttgarter Aktionsbündnisses gegen Rechts:
„Jetzt also doch: Nach dem Rückzieher in Cannstatt veranstaltet die AfD ihren Wahlkampfauftakt nun in Zuffenhausen-Rot. Dieses Mal jedoch eine Nummer kleiner. Anstatt einer landesweiten Großveranstaltung ist der Abend jetzt „nur“ vom Stuttgarter Kreisverband organisiert. Im „Bürgerhaus Rot“ wollen sich die beiden Bundestagskandidaten der rechtspopulistischen Partei vorstellen.
Warum ist das ein Problem?
Schon seit einiger Zeit befinden sich rechtspopulistische Kräfte im Aufwind. Vor etwa einem Jahr zog die AfD mit 15,1 Prozent in den baden-württembergischen Landtag ein. Ähnliches strebt die rechtspopulistische Partei im Herbst auf Bundesebene an. Der Wahlerfolg der Rechten ist Spiegel einer gesellschaftlichen Entwicklung, in der rassistische Vorurteile und Ellenbogendenken eine immer größere Rolle spielen. Die AfD kanalisiert diese Stimmung, hetzt gegen Geflüchtete und andere Minderheiten und präsentiert sich selbst als Lösung gesellschaftlicher Probleme.
Doch um die besagte Lösung geht es den Rechten überhaupt nicht. Vielmehr will die Partei die bestehende soziale Ungleichheit weiter verschärfen. Die AfD fordert ganz direkt die Abschaffung sozialer Mindeststandards und forciert die weitere Spaltung der Gesellschaft anhand von Herkunft, Geschlecht oder Einkommen. Der offene Rassismus und die antifeministische Hetze der Partei im Stile Trumps sind also nur die Spitze des Eisbergs.
Was kann ich dagegen tun?
Natürlich geht es darum am Arbeitsplatz, in der Schule oder in der U-Bahn Position zu beziehen wenn rechte Sprüche fallen oder Leute ihre „das wird man ja noch sagen dürfen“-Mentalität auspacken. Trotzdem ist klar: Dem Aufwind der Rechten können wir nur gemeinsam wirklich etwas entgegensetzen.
Gerade deshalb geht es uns darum, auch bei öffentlichen Veranstaltungen und im Wahlkampf den rechten Hetzern eine klare Absage zu erteilen. Rassistische Hetze und sozialdarwinistisches Denken haben in unserer Stadt keinen Platz. Deswegen nehmen wir uns gemeinsam die Straße. Schließlich ist es unser konkreter und vielfältiger Widerstand gegen Veranstaltungen der AfD, der dafür sorgt, dass die Rechten keine Plattform für ihre Hetze bekommen. Eine Legitimität für menschenverachtende Hetze gab und gibt es nicht – weder im Wahlkampf noch sonst irgendwann.
Darum rufen wir zur gemeinsamen Bündniskundgebung am 27. April um 18 Uhr* auf. Rechtspopulistische Treffen in unserer Stadt sind keine Normalität und dürfen es auch nicht werden!
Beteiligt euch an der Bündniskundgebung und den Protesten in Zuffenhausen-Rot!
Keine Plattform für rechte Hetze, weder in Zuffenhausen-Rot noch sonstwo!
Für ein solidarisches Miteinander!
* Die Kundgebung findet direkt vor dem Bürgerhaus Rot (U7 / „Schozacher Straße“) statt.“
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