Von Meide Wolt – Stuttgart. Auf dem Rotebühlplatz in Stuttgart gab es am Donnerstag, 22. Juni, eine Kundgebung gegen Abschiebungen nach Afghanistan. Für den 28. Juni wurde mit der nächsten Sammelabschiebung aus Deutschland gerechnet. Sie soll nach jüngsten Medienberichten inzwischen ausgesetzt sein – allerdings keinesfalls aus prinzipiellen Erwägungen, sondern weil sich die deutsche Botschaft in Kabul nicht in der Lage sieht, die Ankunft der Abgeschobenen abzuwickeln.
Eröffnet wurde die Kundgebung, zu der 130 Menschen gekommen waren, mit einer Rede des Offenen Treffens gegen Krieg und Millitarisierung. Dessen Sprecherin sagte: „Als drittgrößte Streitmacht ist Deutschland seit 2001 in Afghanistan stationiert. Zudem ist die Bundesrepublik der wichtigste Waffenlieferant für die installierte afghanische Regierung. Um den Einfluss der BRD im mittleren Osten zu festigen, werden Entwicklungshilfe und deutsche Unternehmen eingesetzt, die vor Ort gezielt zusammenarbeiten. So werden durch die Entwicklungshilfen Aufträge für deutsche Unternehmen beschafft, und diese erschließen sich so neue Absatzmärkte für Kühlsystem, Telekommunikation und Fahrzeuge. Derzeit sind 60 Firmen aus Deutschland in Afghanistan vertreten und machen Millionengewinne.“
Mohammad Faisal Aleefi von „Jugendliche ohne Grenzen“ sagte in seiner Rede in Farsi und Deutsch: „Gerade die Situation in Deutschland ist so, dass viele tausende Menschen in Angst leben. Nicht nur die Afghanen, die Angst haben vor Abschiebung, aber auch viele andere Menschen von anderen Ländern, wo es auch keine Sicherheit gibt.“ Außerdem beklagte er, „dass die Schutzsuchenden von den Behörden unterschiedlich behandelt werden. Das führt zu einer großen Frustration und Stress.“
Flüchtlings-Aktivist Rex Osa nannte Abschiebungen eine „koloniale Tradition“. „Der Krieg aus verschiedenen Teilen der Welt kommt jetzt hier an“, verdeutlichte er. Den deutschen Behörden warf er vor: „Sie kategorisieren Geflüchtete und entscheiden, wer bleiben darf und wer gehen muss.“ An die PassantInnen auf dem Rotebühlplatz gerichtet sagte er: „Ich bin ein Weltbürger. Der Wohlstand in Deutschland zeigt nur die Intelligenz, andere Länder auszurauben. Hören Sie auf einkaufen zu gehen und schließen Sie sich dem Kampf der Geflüchteten an“.
Ein Sprecher der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend erklärte: „Es wird deutlich, dass die Diskussion um die sicheren Herkunftsstaaten nichts mit Sicherheit zu tun hat, sondern lediglich eine weitere Aushöhlung des Asylrechts darstellt. Ziel ist es dabei, möglichst viele Menschen möglichst schnell wieder in ihre Heimatländer abzuschieben, die erst vorher von den imperialistischen Mächten aufgrund geostrategischer und wirtschaftlicher Interessen systematisch zerstört worden sind und für die selbst das Auswärtige Amt aufgrund der hohen Gefahrenlage Reisewarnungen ausgibt“.
Eine Sprecherin des Arbeitskreises Internationalismus Stuttgart führte aus: „Durch Aufrüstung, den Ausbau der Bundeswehr und Interventionen im Ausland will Deutschland die eigene Position im globalen Kräfteringen ausbauen und Expansionsmöglichkeiten für das deutsche Kapital schaffen. Ob in Mali, im Kongo, am Horn von Afrika oder in Syrien – immer öfter kommt die Bundeswehr dabei als militärischer Arm deutscher Banken und Konzerne zum Einsatz. Eine besonderes erprobte Taktik ist dabei: Erst wird der Gegner weggebombt, dann eine Marionettenregierung installiert, und im Anschluss können sich deutsche Konzerne für Milliardenaufträge um den Wiederaufbau der Wirtschaft und der Infrastruktur kümmern.“
Ein Sprecher des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart und Region (AABS) sprach über den Zusammenhang zwischen Rechtsextremen und der Situation von Geflüchteten in Deutschland. Dazu sagte er: „Allein 2016 gab es 3500 Angriffe auf Geflüchtete und deren Unterkünfte.“ Musikalisch wurde die Kundgebung von iLaz61 auf der Gitarre begleitet. Er singe auf kurdisch, um daran mitzuwirken, diese Sprache zu erhalten.
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