Von Franziska Stier – Bern. Ein breites Bündnis aus 40 Frauenorganisationen, Gewerkschaften, Parteien und queeren Verbänden rief für Samstag, 22. September, zu #ENOUGH18 auf. 20 000 Menschen kamen nach Bern und präsentierten ihre Forderungen nach Lohngleichheit.
Kommende Woche wird der Schweizer Nationalrat über Maßnahmen gegen Lohnungleichheit diskutieren. Die Demonstration in Bern hat gezeigt, dass das alte Leiden nach wie vor Menschen auf die Straße zieht und die Wut über die Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern groß ist. Immerhin entgehen den Frauen laut Schweizerischem Gewerkschaftsbund pro Monat rund 590 Franken, und das ist nur die Spitze des Eisbergs.
Es gibt kein faules Geschlecht, aber ein armes
Schaut man sich die Verteilung der geleisteten Arbeit an, sieht man, dass Frauen und Männer etwa gleich viele Stunden arbeiten. Dabei verbringen Männer einen größeren Teil in der Erwerbsarbeit. Frauen leisten hingegen mehr unbezahlte Arbeit in Haushalt, Kinderbetreuung und Altenpflege. Würde diese Arbeit zu marktüblichen Löhnen bezahlt, hätten sie allein in der Schweiz rund 100 Milliarden Franken mehr zur Verfügung.
Im Vergleich dazu beträgt die Höhe der Lohndiskriminierung etwa 10 Milliarden Franken (1 Franke entspricht etwa 89 Cent). Diese Einkommensunterschiede wirken sich nicht nur auf die Lebenssituation erwerbsarbeitender Frauen aus, sondern auch auf die Situation der Familien und natürlich das Leben im Pensionsalter.
Es geht um mehr als ökonomische Gleichstellung
Forderungen nach Lohngleichheit und politischer Repräsentation von Frauen und queeren Menschen sind in Wirtschaft und Gesellschaft unbestritten. Ein großer Teil der DemonstrantInnen stellte Forderungen darüber hinaus auf. Am 14. Juni 2019 soll es in der Schweiz einen feministischen Streik geben. Es wird ein doppelter Streik sein: Niederlegung der Erwerbsarbeit sowie der unbezahlten Arbeit.
Mehrere Demoblöcke machten auf dieses Datum aufmerksam. „Wir haben genug von Sexismus und von allen anderen Formen der Gewalt. Gleichstellung heißt: zu leben ohne Angst vor Angriffen, arbeiten ohne Angst vor Belästigung, nach Hause zu gehen ohne Angst vor Schlägen und Misshandlungen“, heißt es in einem Flugblatt, das für den Frauenstreik wirbt. Zudem wird betont, dass sich der Streik nicht gegen Männer richtet, sondern gegen das Patriarchat, das ausgedient habe.
Männliche und strukturelle Gewalt
Männliche Gewalt gegen Frauen und queere Menschen ist Realität. Ebenso real sei aber auch strukturbedingte Gewalt über die Art der Verteilung der Arbeit, hieß es bei der Demonstration. So lange der Fokus der Gesellschaft auf Erwerbsarbeit gerichtet sei und ein großer Teil der gesellschaftlich notwendigen Arbeit wie die Sorge und Pflege von Menschen unbezahlt und unsichtbar in Frauenhänden liege, bleibe auch Armut vor allem ein Problem der Frauen – insbesondere der Migrantinnen. Der feministische Streik 2019 will auch diese Themen in Angriff nehmen.
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