Von Tape Lago – Landau. In der südpfälzischen Universitätsstadt Landau demonstrierten am Samstag, 4. Mai, bei Regenwetter und Kälte 400 Menschen gegen rund 80 Rechte des sogenannten „Frauenbündnis Kandel“. Unter dem Motto „Wir haben die Faxen dicke!“ – anders gesagt „wir haben die Schnauze voll“ – machten die GegendemonstrantInnen den Rechten um Marco Kurz klar, dass sie in der Stadt unerwünscht und nicht willkommen seien. Die NazigegnerInnen werteten am Ende des Demotages die rechten Kundgebungen als Flop. Die Polizei war vor Ort mit einem Großaufgebot und demonstrierte ihre Macht den NazigegnerInnen gegenüber.
Als die Polizei am 9. März die Antifa-Blockade in der Martin-Luther-Straße auflöste, „brüllten“ Marco Kurz und seine Anhängerschaft lauthals: „Wir kommen wieder, wir kommen wieder.“ Sie kamen zwar wieder, aber sie waren wie bei der letzten Mini-Demonstration nur ein kleiner Haufen. Davon haben die LandauerInnen offenbar „die Faxen dicke“. Dies machten die AntifaschistInnen, Parteien, GewerkschafterInnen und Organisationen der Zivilgesellschaft der Ansammlung von Rechten, Neonazis, Hooligans, Reichbürger und anderen „Spinnern“ mit lautstarkem Protest deutlich.
Schnauze voll vom „Frauenbündnis Kandel“
„Wir haben die Schnauze gestrichen voll von ihrem Hass und ihrer Hetze gegen den Islam, Geflüchtete, MigrantInnen, Linke, PolitikerInnen und AntifaschistInnen. Wir wollen sie nicht mehr in unserer Stadt sehen“, sagte eine Demonstrantin vor Beginn des Protests gegen das „Frauenbündnis Kandel“ auf dem Obertorplatz. Es war die zweite rechte Demonstration in der südpfälzischen Unistadt.
Zu den Kundgebungen gegen das „Frauenbündnis“, das seit 2017 für Unfrieden in Kandel und Region sorgt, hatten der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA Landau) und Aufstehen gegen Rassismus (AgR) Südpfalz aufgerufen. Geplant war die erste Kundgebung des AStA Landau um 13 Uhr auf dem Obertorplatz. Die zweite von AgR Südpfalz um 15 Uhr Ecke Südring/Parkstraße.
Antifa-Gruppen wie die Antifaschistische Aktion Südliche Weinstraße, OAT (Offenes Antifaschistisches Treffen) Landau, Antifaschistische Aktion Südpfalz, KKA – Kurfürstlich Kurpfälzische Antifa, OAT (Offenes Antifaschistisches Treffen) Mannheim, OAT (Offenes Antifaschistisches Treffen) Karlsruhe, Antifa Trier, Kandel gegen Rechts (KgR), Omas gegen Rechts Kandel/Südpfalz, Wir sind Kandel (WsK) riefen ebenfalls zur Demonstration auf und beteiligten sich an den Protesten gegen das rassistische, Flüchtlings- und Islam-feindliche „Frauenbündnis Kandel“.
Antifa-Appell: „Alle zusammen gegen den Faschismus“
„Hoch die Internationale Solidarität! Alle zusammen gegen den Faschismus! Solidarität heißt Widerstand, stoppt den Faschismus in jedem Land!“, skandierten die AntifaschistInnen wütend, entschlossen und lautstark, als die rechte Kundgebung um 14 Uhr in Sicht und Hörweite auf dem Obertorplatz begann. Bei der rechten Versammlung waren die selben Gesichter auszumachen. Auch der Mann, der im Dezember in Kandel NazigegnerInnen mit einem Straßenschild attackierte (siehe unseren damaligen Bericht) war anwesend. Mit lauten Anti-Nazi-Sprechchören, die AntifaschistInnen und weitere TeilnehmerInnen bei der Gegenkundgebung skandierten, sollte die Zusammenkunft der Rechten übertönt werden.
Als Marco Kurz lokale Politiker diffamierte, gegen Antifa, Linke und Geflüchtete hetzte, wurden von der Gegenseite ein Rauchtopf angezündet und rohe Eier in Richtung der rechten Versammlung geworfen. Diese Protestaktion der AntifaschistInnen rief die Polizei auf den Plan. Polizisten griffen vereinzelt DemonstrantInnen und Transparente an. Es kam zu Gerangel. Daraufhin begann die Polizei mit der Filmerei der Gegenveranstaltung die bis zum Ende des Demonstrationstages andauerte.
Applaus für AntifaschistInnen und GegendemonstrantInnen
Eine ältere Landauerin, die den Antifa-Protest von ihrem Balkon aus beobachtete, jubelte den AntifaschistInnen zu und applaudierte. Sie zeigte den GegendemonstrantInnen, dass sie im Herzen bei ihnen sei und ihrem Kampf gegen Rechts zustimmte. Die Polizei rechtfertigte das Filmen der AntifaschistInnen mit Verstößen gegen die Auflagen und Straftaten, die sie begangen hätten. Die Trommelgruppe, die für Musik und gute Stimmung bei den NazigegnerInnen sorgte, und das Megafon bei der Antifa waren laut Polizei nicht erlaubt.
Schon vor Beginn der Kundgebungen machte die Polizei am Bahnhof und in der Stadt Personenkontrollen und stellte die Identität einiger AntifaschistInnen fest. Während des Protestes soll die Polizei willkürlich Strafanzeigen gegen AntifaschistInnen und NazigegnerInnen ausgestellt haben. Zudem habe sie auch zugelassen, dass Anhänger des rechten „Frauenbündnis“ GegendemonstrantInnen provozieren konnten, so der Vorwurf von Protestierenden.
„Radikalisierung und Rechtsextremismus entgegentreten“
Die Kundgebung, die vom Landauer AStA angemeldet wurde, begann auf dem Obertorplatz um 13 Uhr wie geplant. In einer Ansprache prangerte Bürgermeister Dr. Maximilian Ingenthron den Hass und die Hetze der Neonazis und Rechten gegen Minderheiten in unserer Gesellschaft an. Ingenthron erinnerte auch an die 600 Menschen jüdischen Glaubens, die während des Nationalsozialismus aus Landau vertrieben wurden. Der SPD-Politiker bedankte sich bei den TeilnehmerInnen für das Zeichen das sie mit ihren Kommen und Bekenntnis für ein pluralistisch und demokratisch verfasste Gesellschaft setzten.
Ein Zeichen gegen diejenigen, die meinen, der Begriff Rechtsstaat habe offenkundig mit Rechts zu tun und eben nicht mit Bürgerrechten. „Ich glaube, denen da drüben muss man noch eine gehörige Portion Nachhilfe in Sachen Demokratieverständnis erteilen“, erklärte Ingenthron unter Beifall weiter. Die Würde des Menschen sei unantastbar, betonte der Landauer Bürgermeister. Anschließend rief er die Anwesenden dazu auf, jeglicher Art von Radikalisierung und insbesondere dem wachsenden Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft entgegenzutreten.
AntifaschistInnen lassen sich nicht kleinkriegen
Als gegen 15 Uhr das „Frauenbündnis Kandel“ seine erste Kundgebung in einer Ecke des Obertorplatz beendete, versuchten die Rechten in einem „Spaziergang“ durch die Innenstadt zu ziehen. Dort fand ein Fest statt. Sie stießen auf Protest und wurden von der Polizei aufgefordert, in kleineren Gruppen weiter zu laufen, um in die Wallstraße, wo ihre zweite Kundgebung stattfinden sollte, zu kommen.
Zeitgleich wurden GegendemonstrantInnen, die versuchten, den Ort der Gegenkundgebung (Ecke Südring/Parkplatz) zu erreichen, von der Polizei angehalten und kontrolliert. Ihre Identitäten wurden festgestellt. Auch die AntifaschistInnen, die geschlossen den Obertorplatz verließen und zur Gegenkundgebung wollten, wurden von der Polizei gestoppt, eine Weile eingekesselt und aufgefordert, in kleinen Gruppen einen Umweg zu nehmen.
- AntifaschistInnen von Polizisten gestoppt
- Sie ziehen in einer spontanen Demo weiter
Die AntifaschistInnen kamen der Aufforderung der Polizei nach, ließen sich jedoch nicht kleinkriegen und zogen in einer spontanen Demonstration Richtung Südring. Sie wurden von der Polizei kurz vor der Ecke Südring/Parkstraße erneut gestoppt. Es kam zu Gerangel. Daraufhin ließ die Polizei die GegendemonstrantInnen weiter ziehen, bildete jedoch eine Kette auf der Straße, um die Gegenkundgebung von der rechten Versammlung zu trennen. Die massive Polizeipräsenz hinderte die AntifaschistInnen nicht daran, ihren Unmut gegen die Rechte kund zu tun.
Engagement gegen Rechts: „Eine Bürgerpflicht“
„Oft werde ich gefragt, warum ich immer wieder gegen Rechts auf die Straße gehe, warum ich mich unermüdlich im Kampf gegen rechts engagiere“, sagte Tanja Sattler von Aufstehen gegen Rassismus Südpfalz und Anmelderin der zweiten Kundgebung. Die Frage lasse sich einfach beantworten: „Weil ich es als meine verdammte Bürgerpflicht sehe, den immer stärker werdenden Rechtsextremismus zu bekämpfen, aufzuklären und mich für Minderheiten einzusetzen. Weil wir das alle machen müssen“, betonte Sattler.
Die Antifaschistin kritisierte die AfD, Pegida und Neonazis für die Hetze und den Hass auf Minderheiten. Sie erwarte von unserem Rechtsstaat, dass er die Verteidigung der Grund- und Menschenrechte nicht allein der Zivilgesellschaft überlässt und dass Minderheiten vor Verächtlichmachung, Diskriminierung und Hass geschützt werden. Sie wolle nicht, dass die juristischen Spielräume in der Gesetzgebung weiter großzügig zu Gunsten von Neonazis, Rechten und Rechtspopulisten genutzt werden, sondern dass sie eingesetzt werden, um die gesamte Gesellschaft vor dem Hass der Ewiggestrigen zu schützen.
Sattler beendete die zweite Gegenkundgebung um 17 Uhr, als Marco Kurz seiner „Hass-Veranstaltung“ in der Wallstraße mit rund 50 Personen ein Ende setzte. Die Sprecherin von AgR Südpfalz zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf des Protests gegen die Rechte und wertete die Gegenkundgebungen als Erfolg.
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