Von Sahra Barkini – Stuttgart. Wie an den Samstagen zuvor versammelten sich am 26. Oktober KurdInnen, linke AktivistInnen und andere solidarische Menschen in der Stuttgarter Lautenschlagerstraße, um gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Türkei in Nordsyrien zu demonstrieren. Nach Veranstalterangaben kamen 1800 Menschen zusammen.
Dieses Mal hatte die Demonstration eine besondere Brisanz, denn türkische Nationalisten planten ursprünglich eine Kundgebung auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Sie wollten ihre Soldaten in Syrien feiern und für den Krieg der Türkei demonstrieren. Die Stadt Stuttgart untersagte diese Kundgebung mit Blick auf die lange Shopping-Nacht und den zu erwartenden PassantInnenstrom wegen Sicherheitsbedenken. Sie wollte in Absprache mit der Polizei einen Ausweichort vorschlagen. Dies nahm der Anmelder der nationalistischen Kundgebung wohl zum Anlass, sie ganz abzusagen.
Leistungsschau der Polizei
Über die wirklichen Gründe kann nur spekuliert werden. Wegen der spannungsgeladenen Situation zwischen nationalistischen TürkInnen und KurdInnen rüstete die Stuttgarter Polizei auf. Sie zog Einheiten aus ganz Baden-Württemberg sowie anderen Bundesländern zusammen. So mutete dieser Samstag fast wie eine Leistungsschau der Polizei an.
Auf dem Stuttgarter Schlossplatz stand sowohl ein Räumpanzer als auch ein Wasserwerfer bereit. Ein weiterer Wasserwerfer war am Kernerplatz vor dem türkischen Konsulat positioniert. Über der Stadt stand den ganzen Nachmittag ein Helikopter, um das Geschehen aus der Luft zu beobachten. Mehrere hundert BeamtInnen begleiteten die Demonstration und zeigten auch an den entlegensten Orten Präsenz. ZivilbeamtInnen waren ebenso wie eine Reiterstaffel vor Ort. Gefühlt war die Polizei die größte Gruppe bei dieser Demonstration.
Schon auf dem Weg zur Kundgebung wurden AktivistInnen Vorkontrollen unterzogen, und es wurden wohl auch vereinzelt Platzverweise ausgesprochen.
Gefahr für Rojava durch IS-Kämpfer
Zu Beginn der Kundgebung wurde ein Grußwort einer Internationalistin der RHI (Roten Hilfe International), die sich zur Zeit in Rojava befindet, eingespielt. Sie sagte, in Rojava werde sehr genau verfolgt, was auf den Straßen der Welt geschieht. Und weiter: „Rojava darf nicht alleine sein, sich nicht alleine verteidigen. Die revolutionären Prozesse, die hier stattfinden, werden nicht nur von der Bevölkerung verteidigt. Alle, die an einer grundsätzlichen Veränderung dieses Systems interessiert sind, müssen sich zusammenschließen, müssen zeigen, dass wir das verteidigen, was wichtig ist.“
Rojava werde mit dem Problem der Daesh, der IS Kämpfer, alleingelassen. Sie flöhen aus den Gefängnissen und schlössen sich zusammen. Sie wollten Rojava zerstören. Weiter sagte sie noch, die Menschen in Rojava seien zuversichtlich, obwohl sie besorgt sind. Aber der Widerstand in Rojava sei groß, er werde auch genährt durch die Internationale Solidarität. Abschließend sagte sie: „Greift zu den Möglichkeiten die ihr habt, seid solidarisch, geht auf die Straße, zeigt eure Wut.“ (hier das vollständige Grußwort zum Nachhören https://rhisri.secoursrouge.org/gruswort-einer-internationalistin-der-rhi – siehe auch Video unten)
Vom Konsulat zum Sitz der SPD
Nach einer Schweigeminute setzte sich die Demonstration in Bewegung. Die Route führte von der Lautenschlagerstraße über die Schillerstraße weiter in Richtung Kernerplatz zum türkischen Konsulat. Dieses war weiträumig durch Hamburger Gitter abgesperrt. Auf dem Weg dorthin machten die DemonstrationsteilnehmerInnen lautstark auf sich aufmerksam. Mit Parolen wie „Erdoğan Terrorist“, „Alle Besetzer raus aus Kurdistan“, „Hoch die Internationale Solidarität“ oder „Biji Berzwedana Kurdistan“ zogen sie die Blicke der PassantInnen auf sich und erhielten positive Reaktionen.
- Parolen wie „Erdoğan Terrorist“ …
- … erzeugten positive Reaktionen
Am Konsulat gab es eine kurze Zwischenkundgebung. Dann zog die Demonstration weiter die Kernerstraße entlang in Richtung Schützenplatz, dann in die Olgastraße in Richtung Olgaeck. Auf Grund der etwas abgelegenen Demoroute waren kaum PassantInnen zu sehen, und auch die DemonstrationsteilnehmerInnen waren sehr leise.
- Türkisches Konsulat
Dies änderte sich erst am Olgaeck. Dort wurde es wieder eine laute und kraftvolle Demonstration. Und auch dort gab es vereinzelt Zustimmung der PassantInnen. Vom Olgaeck lief die Demonstration weiter in Richtung Wilhelmsplatz vor den dortigen Sitz der SPD. Nach einer kurzen Abschlusskundgebung und dem Hinweis, dass allabendlich um 18 Uhr eine Kundgebung am Kobanêplatz (Schlossplatz, Christoph von Württemberg-Denkmal) stattfinde, wurde die Demonstration für beendet erklärt. Während der gesamten Demonstration gab es keine besonderen Vorkommnisse. Störungen seitens türkischer Nationalisten sind uns nicht bekannt.
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