Kommentar von Angela Berger – Stuttgart. „Landwirtschaft und Gesellschaft hat sich entfremdet”, damit beginnt ein Bericht über die Bauernproteste, die es seit einiger Zeit gibt. Die Initiative der Landwirte und der Bauernverband lehnen den Agrarpakt ab. Lediglich der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter hat kapiert, dass es dringend Zeit für Veränderung ist.
Was ist es, was die Landwirte da ablehnen? Bis 2024 soll spätestens der Unkrautkiller Glyphosat verboten werden. Schon vorher alle schädlichen Insektengifte in und um die Naturschutzgebiete. Damit soll das Insektensterben reduziert werden.
Da frage ich mich als Verbraucherin, warum zum Teufel wollen die Landwirte das nicht? Die Insekten sind doch wichtig für die Landwirtschaft, es muss doch auch im Interesse der Bauern sein, die Insekten zu schützen. Ein funktionierende Ökosystem ist doch der einzige Weg der langfristig eine Chance hat.
Bisher wurden Subventionen allein schon für den Besitz der landwirtschaftlichen Flächen gezahlt. Sprich, desto mehr Fläche ein Betrieb angeben kann, desto höher sind die Subventionen. Werden damit nicht die Massentierhaltung und die Megagroßbetriebe gefördert, anstatt die kleinen Landwirte, die womöglich noch oder wieder ökologisch anbauen? Überhaupt blickt doch kein Mensch mehr durch, wohin die Subventionen so verschwinden.
Der Agrarpakt möchte nun Geld aus dem Agrarpaket entnehmen und damit Umweltprojekte von Landwirten finanzieren. Das ist doch gut so. Dazu sagt aber die Initiative, das würde bäuerliche Familienbetriebe gefährden. Wie soll ich das nun als Verbraucher verstehen? Auf der einen Seite regen sich seit Jahren die Bauern auf, dass der größte Subventionstopf an die großen Betriebe geht. Jetzt sollen einzelne kleine Betriebe, die ökologisch wertvollen Anbau betreiben, stärker gefördert werden.
Was ist daran verkehrt? Geht es nur um das Geld, Subventionstöpfe, möglichst viel Gewinn, egal ob auf Kosten des Tierwohls, der Natur und der Gesundheit der Menschen?
Dafür soll jetzt also der Verbraucher, der Konsument, der Steuerzahler Verständnis haben? Doch wo ist das Verständnis der Bauern dafür, dass wir alle nur eine Chance habe, nur eine Erde?
Klar, so eine Traktorenkolonne, die alles lahm legt, macht schon Eindruck. Aber hilft das bei der Lösung der Probleme? Die Nitratbelastung, die überdüngten Böden, die Insektizide, die Menschen krank machen und Insekten töten. Massentierhaltung, mit Medikamenten vollgepumptes Fleisch, Obst und Gemüse, das Allergien hervorruft, der Klimawandel? All das kann man weder wegdiskutieren, noch geht es weg, wenn man mit Traktoren Städte lahmlegt.
Es ist längst eine Systemfrage geworden. Wenn der Kosten- und Preisdruck so groß ist, dass jegliche Vernunft und Einsicht beiseite geschoben werden, ist es höchste Zeit für einen Systemwechsel. Daran müssen alle zusammen arbeiten.
Dorf gegen Stadt? Bauern gegen ihre Kunden? Das ist widersinnig und blödsinnig. Es erinnert mich nur an die dumpfen Parolen der Spalter, die Mechanismen aller Populisten. Tatsächlich finden sich auf der Seite der Bauernprotestierer rechtsradikale Einzelpersonen und auch die AfD. Klar, die springen immer auf, wenn es darum geht, irgendwo mitzuschwimmen, sich Themen anzueignen, ihren Hass zu verbreiten. Lösungen hat die AfD aber noch nie präsentiert.
Die Bauerninitiative täte gut daran, sich klar von diesen Rechten zu distanzieren und aktiv an Lösungen der Probleme mitzuarbeiten. Dann klappt das auch mit der Akzeptanz der Menschen.
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