Von Sandy Uhl – Königsbronn. Ein breites Bündnis rief am 9. April zur Kundgebung gegen die 5. Königsbronner Gespräche. Schwerpunkt war die Debatte um die „Flüchtlingskrise“. Aufgrund gleichzeitig stattfindender Aktivitäten von Neonazis in Süddeutschland hatten sich viele AntifaschistInnen kurzfristig entschlossen, gegen diese aktiv zu werden. Die Kräfte konnten daher nicht nur an einem Ort gebündelt werden. Dies wurde zwar von den Veranstaltern bedauert, jedoch als genauso wichtig im Kampf gegen den Faschismus angesehen. Mit rund 150 TeilnehmerInnen waren es weniger als im Vorjahr.
Die erste Rednerin des OTKM – Offenes Treffen gegen Krieg und Militarisierung – ging gezielt auf das Thema Faschismus, vor allem in der Türkei, sowie auf die Repressionen gegen linke AktivistInnen ein.
Georg Elser – von Faschisten ermordet
Die Kundgebung des Bündnisses richtete sich auch gegen die Vereinnahmung des Antimilitaristen Georg Elsers durch die Bundeswehr und startete am Denkmal von Elser – an seinem 71. Todestag. Der entschiedene Gegner des deutschen Faschismus und Militarismus stammt aus Königsbronn. Elser wollte mit dem Anschlag auf Hitler den zweiten Weltkrieg verhindern. Sein Bombenanschlag scheiterte nur knapp. 1945 wurde Georg Elser am 9. April von den Faschisten ermordet.
„Wir nerven sie und wir müssen sie auch nerven“
Gegen 12.15 Uhr setzte sich der Demonstrationszug mit lautstarken Parolen in Richtung Hammerschmiede, dem Tagungsgebäude der Königsbronner Gespräche, in Bewegung.
Bereits im Vorfeld hatten die Königsbronner Gespräche ein größeres Medieninteresse erlangt, nachdem der CDU/CSU Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter, Oberst a.D. und Präsident des Reservistenverbands, für Negativschlagzeilen sorgte. In einer jetzt öffentlich gewordenen E-Mail aus dem April 2015, die Kiesewetter nach den Königsbronner Gesprächen an seinen damaligen Büroleiter geschrieben hatte, beleidigte er die Grünen Politikerin Margit Stumpp. Sie war letztes Jahr an der Organisation und Durchführung der Demo gegen die Königsbronner Gespräche beteiligt. Eine Vertreterin der Informationsstelle Militarisierungen aus Stuttgart (IMI), thematisierte bei der Zwischenkundgebung diesen Vorfall mit den Worten: „Das zeigt uns einmal mehr, wir nerven sie und wir müssen sie auch nerven, denn Widerstand ist wichtig und auch wenn die Folgen nicht immer schnell sichtbar werden, so dient jeder Protest dazu, zu zeigen, dass der vorangetriebene Militarismus in Politik und Wirtschaft nicht geduldet wird!“
Ferner kritisierte sie die Entscheidung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die der Bundeswehr eine Finanzspritze von 130 Milliarden € bis 2030 nur für Rüstungsbeschaffungen zugesagt hat. Eine klare Forderung an die Bundesregierung war, sich um die Kinderarmut in Deutschland zu kümmern und diese zu bekämpfen, Wohnen für alle zu ermöglichen und Flüchtlinge nicht in mental und physisch zermürbende Massenunterkünfte zu pferchen. Die Bundesregierung solle die 130 Milliarden € nicht in Rüstungsprojekte stecken, sondern in Sozialpolitik. Denn die beste Sicherheitspolitik seit soziale Gerechtigkeit, Freiheit statt Sicherheit und Zukunftsperspektiven für alle.
Abzug der Bundeswehr aus Syrien und der Türkei gefordert
Den sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Syrien und der Türkei forderte Roland Hamm, IG-Metall-Bevollmächtigter aus Aalen, bei der Schlusskundgebung vor dem Tagungsort. „Es ist doch infam, wie Auslandseinsätze begründet werden, nämlich immer mit humanitärer Hilfe“, so Hamm. Er ergänzte, dass Bombardierungen sprichwörtlich das Allerletzte seien – sie wären nicht humanitär, sie brächten keinen Frieden, sie schafften nur neues Leid und würden den Tod von Zivilisten billigend in Kauf nehmen. Hamm hatte eine eindeutige Botschaft an die Akteure der Königsbronner Gespräche und an Herrn Altmaier: „Wir, die wir uns heute hier versammelt haben, wir lehnen klipp und klar ab, dass das Militär gegen Flüchtlinge eingesetzt wird. Das ist so ziemlich das Übelste, was man sich vorstellen kann.“
Polizeipferde und nervöser Staatsschutz
Begleitet wurde der Demonstrationszug von einer Pferdestaffel der Polizei, sowie von mehreren Einsatzfahrzeugen. Auch das Antikonflikteam der Polizei war zahlreich vertreten.
Der Staatsschutz, der mit mindestens 6 Personen präsent war, wirkte sichtlich nervös. So wurde ein Fotograf der Beobachter News barsch aufgefordert das Fotografieren zu unterlassen. Zuvor hatten unsere Reporter eine Szene beobachtet, in der ein augenscheinlich ahnungsloser Jugendlicher durch den Biergarten entlang des Tagungsgebäudes gelaufen war. Dieser war von der Polizei offensichtlich nicht abgesperrt worden. Nachdem der Jugendliche seinen Tascheninhalt und den Ausweis vorgezeigt hatte, konnte er seinen Weg ungehindert fortsetzen.
Königsbronner Gespräche
Die fünften Königsbronner Gespräche fanden in der Königsbronner Hammerschmiede statt. Es soll sich um einen „sicherheitspolitischen Dialog“ gehandelt haben, an dem laut Mitteilung des Veranstalters rund 360 Gäste anwesend gewesen sein sollen.
„Wir sprechen viel über vernetzte Sicherheit, aber die Operationalisierung ist nicht klar erkennbar“, sagte Oberstleutnant André Wüstner und ergänzte: „Um Stabilität im Hinblick auf die Bündnisse zu erreichen, müssen wir auch mit Partnern zusammenarbeiten, die nicht in unser Wertekonzept passen.“ Karl-Heinz Brunner erklärte in seinem Schlusswort: „Teil der Antwort ist ein starkes Europa mit starken Staaten und einem starken Deutschland.“
Siehe auch unsere Berichte „Keine Toleranz für Kriegstreiberei“ und „Pflüger fordert Rücktritt Gaucks“
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