Hachenburg. Am Abend des 28. Dezember 1990 wurde der 17- jährige Kurde Nihad Yusufoglu im rheinland-pfälzischen Hachenburg von einem gleichaltrigen Nazi-Skinhead erstochen. Die Initiative gegen das Vergessen Hachenburg lädt für Mittwoch, 28. Dezember, zum Gedenken an Nihad Yusufoglu und die deportierten Jüdinnen und Juden bei den von Gunter Demnig verlegten Stolpersteinen ein. Beginn ist um 17 Uhr in der Mittelstraße 2.
Dem Verbrechen an Nihad Yusufoglu waren wochenlange Beleidigungen und Bedrohungen durch Neo-Faschisten vorausgegangen. Sie hatten gegenüber der Wohnung von Nihads Familie in einem Parkhaus ihren Treffpunkt. Um so verwunderlicher war es, dass niemand etwas von den Nazis bemerkt haben wollte. Dabei hatte es schon Wochen vor der Tat faschistische Schmierereien in dem Parkhaus gegeben, außerdem Anfeindungen und Flaschenwürfe auf die Rollläden der achtköpfigen Familie im dicht bewohnten Gebiet.
Der Täter wurde gefasst und gehörte laut Staatsanwaltschaft Koblenz zum Umfeld der rechtsextremem Gruppierung „Taunusfront“. Das Landgericht verurteilte ihn wegen Totschlags zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren. Ein rechtsextremer Hintergrund sei zwar zu erkennen, aber ein rechtsextremistischer Hintergrund sei dem Täter zum Zeitpunkt des Messerstichs nicht nachzuweisen, hieß es in dem Urteil.
Anhaltende Panikmache
Genau wie Anfang der 1990er Jahre macht sich derzeit auf erschreckende Weise zunehmende fremdenfeindliche, rassistische Stimmung breit. Tausende gehen unter der Bezeichnung „Pegida“ auf die Straße, um ihren Ressentiments gegen Muslime, Zuwanderer und geflüchtete Menschen freien Lauf zu lassen. Doch bleibt die Frage nach den Ursachen rechter Gewalt meist außen vor. Rassismus und rechtes Gedankengut entstehen nicht im luftleeren Raum, sie finden Bedingungen vor, die diese Ideologie erst ermöglichen – und das in allen Teilen der Gesellschaft, häufig aus der bürgerlichen Mitte heraus.
Durch die deutsche Abschiebepraxis und rassistische Stimmungsmache gegen Asylsuchende wird die Angst vor dem vermeintlich Fremden heraufbeschworen. Die anhaltende Panikmache fußt in der befürchteten Ausnutzung des deutschen Sozialsystems durch sogenannte Armutsmigration. Von der AfD über die CSU reicht die rechtspopulistische Hetze, die Stimmung gegen Muslime macht oder metaphorisch das Bild des „vollen Bootes“ prognostiziert.
Immer mehr rechtsextreme Gewalt
Rechtsextreme Straftaten haben in Deutschland stark zugenommen. Insgesamt wurden 2015 mehr als 13 800 Delikte registriert – ein Anstieg um rund 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Empörung darüber allein ist zu wenig. Um die täglichen rassistischen Angriffe zu bekämpfen, ist ein aktiver Antifaschismus und Antirassismus notwendig – für das Recht jedes Menschen sicher und ohne Angst zu leben.
Rechter Gewalt muss entgegengetreten werden. Ob dafür die örtlichen Nazistrukturen bekämpft oder alltäglicher Rassismus thematisiert wird, vor allem eines darf man nicht: Rechte Gewalt und deren Opfer vergessen! Daher der von der Initiative gegen das Vergessen Hachenburg veranstaltete Gedenkspaziergang am 28. Dezember, Treffpunkt 17 Uhr in Hachenburg, Mittelstraße 2.
Eindrücke vom Gedenkspaziergang 2014
Fotos: privat
Folge uns!