Stuttgart. Deutlich mehr Menschen als im Vorjahr beteiligten sich am Freitag, 1. September, an der traditionellen Antikriegstagsveranstaltung des DGB und der VVN am Mahnmal gegen Faschismus und Krieg in Stuttgart. Sie stand unter dem Motto „Nie wieder Krieg. – Nie wieder Faschismus.“
Ilse Kestin von der VVN und Susanne Wenz, Stellvertretende Landesbezirksleiterin von Verdi, kritisierten die Rüstungsausgaben, die besser in soziale Politik investiert wären. Der DGB-Vertreter sagte, man dürfe bei der Rüstungsindustrie die Arbeitsplätze nicht an erster Stelle sehen, und kritisierte die massive Erhöhung der Rüstungsexporte um 1 Milliarde Euro in einem Jahr. Das könne nicht entschuldigen, dass Rüstungsexporte Kriege anheizen, die Millionen Menschen in die Flucht treiben.
Kritik an geplanter Rüstungsmesse
Paul Russmann von der Organisation „Ohne Rüstung leben“ rief dazu auf, die in Stuttgart 2018 geplante Rüstungsmesse ITEC („International Forum für the Military Training, Education and Simulation Sectors) zu verhindern. Er sagte, wenn die Stadt Stuttgart sich bei der Organisation „Bürgermeister für den Frieden“ für eine atomwaffenfreie Welt engagiert oder keine Vermögenswerte mehr in Unternehmen anlegt, die Militärwaffen oder Militärmunition herstellen, sei das schön.
Es werde aber ad absurdum geführt, wenn die Stadt Stuttgart und das Land Baden-Württemberg als Eigentümer der Landesmesse Stuttgart Gastgeber einer internationalen Militär- und Waffentechnikmesse werden wollen, wo „Militärs aus China, Indien, Pakistan und Saudi-Arabien einträchtig durch die Messehallen marschieren und sich Computerprogramme zur Simulation von Krieg und Töten präsentieren lassen, mit denen sie sich zukünftig möglichst effizient gegenseitig auf den Kriegsschauplätzen dieser Welt umbringen können.“ Allerdings treffe es genau die ja nicht, sondern viele unschuldige Frauen, Männer und Kinder.
Kranzniederlegung und pazifistische Lieder
Umrahmt wurde die DGB-Veranstaltung von pazifistischen Liedern wie „Sag mir wo die Blumen sind…“, aber auch von kämpferischen Transparenten wie: „Kein Krieg von Stuttgart aus – US-Kommandozentralen AFRICOM und EUCOM schließen – keine Beteiligung an Auslandseinsätzen!“ oder „Kein Drohnenkrieg aus Stuttgart! AFRICOM schließen“, „Freiheit für Kurdistan! Schluss mit der Zusammenarbeit der Bundesregierung mit dem Erdogan-Regime“ oder „Recht auf Flucht“ „Gegen jede imperialistische Aggression“
Nach der traditionellen Kranzniederlegung am Mahnmal änderte sich nicht nur der Charakter der Musik. Den Auftakt bildete das Partisanenlied Bella Ciao, das den bewaffneten Widerstand gegen den faschistischen Krieg besingt. Ein großer Teil der Anwesenden – weit über 200 Menschen – brach auf zu einer von der Jugend im Internationalistischen Bündnis/MLPD organisierten Demonstration zum Mailänder Platz beim Einkaufszentrum Milaneo.
Kundgebung mit Live-Musik vor Milaneo
Dieser Platz ist sehr beliebt bei Jugendlichen, bot sich also als Ort für eine Kundgebung mit Live-Musik an. An ihr beteiligten sich unter anderem Vertreter von REBELL und Rotfüchsen, der MLPD, YDG (Neue demokratische Jugend), ATIK (Migrantenorganisation aus der Türkei), SYD (Socialist youth movement), BIRKAR, Zusammen-Kämpfen-Stuttgart, von der Roten Hilfe, von der Linksjugend Solid, Nav-Dem, Frauen aus der kurdischen Frauenbewegung, vom Kongress für eine demokratische Gesellschaft und Frauen vom Frauenverband Courage.
Freefighter Muzik fasste kurz seine politische Überzeugung so zusammen: In Kobane habe die YPG (kurdische Befreiungskräfte) gezeigt, wie man es machen müsse: „Keinen Rückzug, keine Unterwerfung!“ Die Band feuerte die Teilnehmer an: „Jetzt wollen wir laut sein: Hoch die Internationale Solidarität.“
Diskussion über Pazifismus
Hier waren unterschiedliche Meinungen zu hören: Während der Solid-Sprecher mit der Parole „Nie wieder Krieg“ keinen Unterschied machte, betonte der Vertreter des Socialist Youth Movement: „Nein zu den Verteilungskriegen der Mächtigen, ja zum Volkskrieg.“
Stuttgarter Rebellen aus verschiedenen Ländern trugen ein Iranisches Lied der Friedenssehnsucht vor: „Stell Dir vor, auch wenn es schwer ist, sich das vorzustellen. Eine Welt, in der jeder Mensch glücklich ist, eine Welt, wo nicht Geld oder deine Hautfarbe über dein Glück bestimmt. Eine Welt der Solidarität, die nicht mit Waffen zerstört werden kann …“
MLPD: Kriegsursachen thematisieren
Monika Gärtner-Engel, Spitzenkandidatin der Internationalistischen Liste/MLPD in Baden Württemberg, nutzte die Umbaupause für den Auftritt von Group Yorum zu einem kurzen Beitrag. Die Polizei habe behauptet, es seien verbotene Sätze gesagt worden. Sie könne kein Kurdisch, aber sie sei dagegen, dass die kurdischen Kämpfer kriminalisiert werden.
„Es war wichtig, dass wir bei der DGB-Demo dabei waren, denn die Arbeiter sind eine wichtige Kraft im Kampf gegen den Krieg“, wandte sie sich an ihre MitstreiterInnen. „Aber nicht einmal war dort das Wort Kapitalismus oder Imperialismus zu hören“, kritisierte sie. Man müsse „die Wurzel der imperialistischen Kriege anprangern“, und es gebe einen Ausweg.
Group Yorum begeistert Publikum
Man könne aus der Oktoberrevolution lernen, dass man „den Krieg beenden, Arbeiter- und Frauenrechte durchsetzen kann“. Monika Gärtner-Engel schloss sich auch der Kritik eines Solid-Sprechers an den Grünen an. Ministerpräsident Winfried Kretschmann habe daran mitgewirkt, dass Afghanistan zum sicheren Herkunftsland erklärt wurde: „Die deutsche Botschaft wird geräumt, weil es zu gefährlich ist, aber die Jungs hier will man dorthin schicken. Das lassen wir nicht zu und stellen uns vor, hinter, neben sie“, erklärte sie.
Begeistert begrüßt wurde die Delegation von Group Yorum, die mit ihrem ersten Lied „Bandiera Rossa“ ihre Solidarität mit den Hungerstreikenden in der Türkei ausdrückten. Die Musik ging in die Beine und animierte die Leute schnell zum Tanzen. Den Abschluss des Konzerts machte „Kommando Umsturz“.
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