Von Tape Lago – Kandel. In der Südpfälzischen Kleinstadt Kandel demonstrierten am Samstag, 7. Juli, rund 250 Menschen aus dem linken und antifaschistischen Spektrum lautstark gegen das sogenannte „Frauenbündnis Kandel“, eine Mischung von Neonazis, Pegida- und AfD-Anhängern, „Reichsbürgern“ und anderen Rechten. Aufgerufen hatten das „Mannerbündnis Kandel“, die Partei „Kandel gegen Rechts“ und antifaschistische Organisationen. Mit Kunst- und Störaktionen gelang es den AntifaschistInnen, die rechte Demoroute zu blockieren und den Aufzug zu verzögern. Die Polizei war mit 500 Beamten im Einsatz und setzte alles daran, dass die Fremden- und Islamfeinde durch die Innenstadt spazieren konnten. Dabei musste der rechte Demonstrationszug umgeleitet werden. Das Bündnis „Wir sind Kandel“ organisierte eine eigene Kundgebung am Saubrunnen.
Kandel war erneut Schauplatz einer rechten „Propaganda-Veranstaltung“ und im Ausnahmezustand. Am Vormittag standen an strategischen Ecken der Innenstadt PolizistInnen und Polizeifahrzeuge. Vor Beginn der rechten Veranstaltung waren einige TeilnehmerInnen in der Stadt unterwegs. Zwei davon sollen diverse Waffen bei sich gehabt haben. Gegen sie wird wegen Beleidigung, Verstoß gegen das Waffen- und Versammlungsgesetz ermittelt.
TeilnehmerInnen der rechten Demo mit Waffen erwischt
Eine geladene Schreckschusswaffe, ein Teleskopschlagstock, eine Schreckschusspistole und Pfefferspray. Das sind die Waffen, die bei den beiden mutmaßlichen TeilnehmerInnen der Demo des rechten „Frauenbündnis Kandel“ gefunden wurden. Es handelte sich um einen 30-jährigen Mann aus Karlsruhe und seine 63-jährige Begleiterin.
Der Vorfall ereignete sich in der Hauptstraße. Dort wurde ein dunkelhäutiger Antifaschist aus Trier rassistisch angegriffen und als „Nigger“ entwürdigt. Die Polizei, die in unmittelbarer Nähe war, griff ein und nahm beide „RassistInnen“ in Gewahrsam. In einem Hof in der Rathausgasse stelle die Polizei die Identität der Tatverdächtigen fest und sicherte die gefundenen Waffen.
Frühstück und Kundgebung auf dem Marktplatz
Mit einem Frühstück auf dem Marktplatz bot Die Partei den TeilnehmerInnen der Veranstaltung gegen Rechts eine Vernetzungsplattform an. Danach startete die Kundgebung des „Männerbündnisses Kandel“ um 11 Uhr mit Redebeiträgen und Musik. Nadine Reisch (Die Partei) gab den Ablauf der Veranstaltung bekannt und bedankte sich bei den TeilnehmerInnen für ihr Kommen.
Alexander, gebürtiger Kandler und Antifaschist, fand es „zum Kotzen“, dass die Rechte die Kleinstadt für ihre Zwecke missbrauchten. Er kritisierte die Polizei und die örtliche CDU, die AntifaschistInnen und GegnerInnen des rechten „Frauenbündnisses“ als TerroristInnen, Linksradikale und GewalttäterInnen verunglimpfe und kriminalisiere. Anschließend rief er die Bevölkerung auf, sich dem Antifa-Protest anzuschließen. Bob von der Band „Freidenkeralarm“ sorgte mit kritischen Liedern gegen Rechts für gute Stimmung.
AfD, CSU und Rechte für das Sterben im Mittelmeer mitverantwortlich
Der Antifaschist Spike kritisierte scharf die rassistische Stimmung die von Rechten wie AfD und CSU in der Gesellschaft verbreitet wird. Sie seien mitverantwortlich, dass Menschen in Not – Geflüchtete und MigrantInnen – im Mittelmeer ertrinken und sterben. Daraufhin skandierten die Protestierenden mehrmals: „Say it loud, say it clear, refugees are welcome here!“, um klar zu machen, dass Flüchtlinge willkommen seien.
Wir dürfen es nicht zulassen, dass Kandel von Rechten vereinnahmt wird, sagte ein Sprecher der Jusos. Er plädierte für ein offenes Deutschland und betonte, dass Hass und Fremdenhass nicht der richtige Weg seien.
Rechte sind die Gefährder und nicht die AntifaschistInnen
Ein Sprecher der Kurfürstlichen Kurpfälzischen Antifa (KKA) schilderte die Gewalttaten der Rechten in Kandel und kritisierte die Kriminalisierung der AntifaschistInnen durch die Behörden, die Polizei und Politik scharf. Der „Waffenfund“ bei den beiden Rechten in der Hauptstraße zeige, dass diese die Gefährder seien und nicht die Antifa und GegnerInnen von Neonazis.
Auch ein Sprecher des Offenen Antifaschistischen Treffens (OAT) kritisierte das Bündnis „Wir sind Kandel“. Es sei dafür verantwortlich, dass sich die Rechten in den Straßen Kandels breitmachen und gegen Geflüchtete und MigrantInnen hetzen können. Die Musikband „Okay.danke.tschuess“ und eine Theatergruppe von der Partei sorgten ebenfalls für eine fröhliche Stimmung vor Beginn der Demonstration.
Lautstarke Demo in der Innenstadt – Rechte Demoroute blockiert
Mit Sprechchören gegen Nazis und Rechts, Plakaten und Transparenten machten sich die Demonstrierenden gegen 14.30 Uhr von der Marktstraße auf den Weg in die Innenstadt. Die TeilnehmerInnen – darunter AntifaschistInnen aus Landau, Mainz, Trier, Mannheim und Karlsruhe – wollten mit dieser Demonstration deutlich machen, dass die rassistische Gruppierung, die seit Monaten Stimmung gegen Geflüchtete und MigrantInnen macht, in Kandel auch weiterhin nicht erwünscht sei.
Sie blockierten die Hauptstraße dort, wo der rechte Demonstrationszug von der Bahnhofstraße einmünden sollte. Ebenda blieben die AntifaschistInnen stehen und auf dem Boden sitzen, um die Rechten daran zu hindern durch die Innenstadt zu marschieren. Die Polizei räumte die Blockade nicht, kesselte die AntifaschistInnen ein und leitete den Zug des „Frauenbündnisses“ über die Gartenstraße um. In der Nähe hatte das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“ mit Hilfe eines Künstlers eine symbolische „Schutzwand gegen rechts“ auf einem Privatgrundstück aufgebaut.
Aggressiver rechter Demonstrationszug
Ziel der künstlerischen Aktion sei es gewesen, einen Protest in Sicht- und Hörweite des rechten „Frauenbündnisses“ zu ermöglichen. Bei ihrer „Störaktion“ teilte die Polizei den AntifaschistInnen mit, dass sie diese bei einem rechten Angriff nicht beschützen werde. Bei ihrem Versuch, den rechten Aufzug zu stören und blockieren, wurden die AntifaschistInnen von der Gartenstraße in die Gegendemonstration von der Polizei zurückgedrängt. Dies sorgte für Aufregung.
Die Stimmung bei den Rechten, die mit einer Verzögerung aufmarschieren konnten, war sehr aggressiv. Ihre Plakate und Transparente richteten sich gegen Merkel, Migranten und Flüchtlinge. Sie sorgten für eine gewalterfüllte und hetzerische Atmosphäre. Die Polizei schätzte die Zahl der TeilnehmerInnen bei der rechten Demonstration auf 300.
Zusammenschluss gegen Rechts
Nachdem der rechte Zug die Gartenstraße passiert hatte, durften die AntifaschistInnen zum Marktplatz zurück zur Abschlusskundgebung mit einem Redebeitrag des Wörther Bürgermeisters Dr. Dennis Nitsche (SPD). Nitsche begrüßte zunächst die wertvolle Meinungsbildung der Antifa und bezeichnete die Debatte um Flüchtlinge und MigrantInnen als unehrlich und eine „Scheindebatte“. Denn Flucht und Migration seien kein Problem. Es sei eine Lüge zu behaupten, dass der Staat die Kontrolle verloren hätte. Die Angst, die in der Gesellschaft verbreitet wird, sei unbegründet, so Nitsche. Anschließend rief er zu einem Zusammenschluss gegen Rechts auf.
Am Ende der Veranstaltung werteten einige TeilnehmerInnen und AntifaschistInnen ihren Protest wegen der Blockade und Umleitung der rechten Demonstration als großen Erfolg. Dabei kritisierten sie das Verhalten des Bündnisses „Wir sind Kandel“, das immer noch nicht mit AntifaschistInnen und Linken demonstrieren wolle. Das Bündnis besteht aus Parteien und Organisationen des bürgerlichen Spektrums und konnte rund 100 Menschen am Saubrunnen versammeln.
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