Von Lotta Thalmann – Karlsruhe. Im JUBEZ Karlsruhe gab es Mitte Juli eine Veranstaltung mit Rex Osa und BewohnerInnen der Erstaufnahmeeinrichtung in Ellwangen. Dort hatten BewohnerInnen im Mai gegen die Abschiebung eines Geflüchteten aus Togo protestiert. Wenige Tage später rückte die Polizei zu einem großangelegten Einsatz an. Sie rechtfertigte ihn mit Behauptungen, die sich inzwischen mehrheitlich als falsch erwiesen haben. Mehrere Hundert Polizisten traten zeitgleich die Türen der Zimmer der Geflüchteten ein, obwohl diese gar nicht abgeschlossen werden können.
Die Veranstaltung war Teil der „Antirassistischen Aktionstage – Stoppt den Wettbewerb der Unmenschlichkeit! Gleiche Rechte für alle Menschen“ in Karlsruhe. Sie werden vom „Offenen antirassistischen Treffen“ Karlsruhe – Solidarity4all (antira@soli-Karlsruhe.de) zusammen mit dem United Refugees Rights Moment eV Karlsruhe organisiert und enden mit einer landesweiten Demonstration am 13. Oktober in Karlsruhe.
Rechtfertigung für „Ankerzentren“ konstruiert
Auf die Vorfälle in Ellwangen folgte eine politische Hetzkampagne gegen Geflüchtete, hieß es an dem Abend in Karlsruhe. Ellwangen sei kein Einzelfall. Die damit geschaffenen Bilder von angeblich kriminellen Geflüchteten würden offensichtlich gebraucht, um dann die Lagerunterbringung, „Ankerzentren“ und Entrechtungsmaßnahmen zu rechtfertigen.
Die Veranstaltung sollte Gegenöffentlichkeit schaffen. In einer Zeit, in der Rechte von Geflüchteten systematisch in Frage gestellt und ausgehebelt werden, in der rassistische Hetze zunimmt, müsse die Stimme erhoben werden: „Repression und Abschiebung nicht in unserem Namen“, so die TeilnehmerInnen.
Angst vor weiterer Repression
Die anwesenden Geflüchteten wollten nicht, dass ihre Namen genannt oder ihre Gesichter veröffentlicht werden – so groß ist ihre Angst vor weiterer Repression. Sie berichten über die körperlichen Wunden, die zwar verheilt seien. Sie könnten aber nachts nicht oder wenig schlafen, seien von Alpträumen und immer fortwährenden Ängsten geplagt. Sie möchten gar nicht mehr über die furchtbare Nacht berichten, sondern über den jetzigen, auch psychischen Zustand.
Es sei sehr schwierig gewesen, die Leute zu bewegen, zur anschließenden Demonstration zu kommen – viele hätten Angst. Die Demonstration selbst sei erfolgreich gewesen, aber niemand hatte erwartet, was danach kam. Vorher hätten sie Unterstützung erhalten, jetzt nicht mehr. Nun hätten alle nur noch eine Duldung. Eine Person sei schon nach Italien verfrachtet worden. Viele seien in andere Unterbringungen verlegt, zum Beispiel nach Ludwigsburg. Ein Großteil werde wegen Widerstand gegen Polizeibeamte verurteilt.
Vermehrt polizeiliche Kontrollen und Belästigungen
Vor der Demonstration hätten viele Menschen ihre Hilfe angeboten, aber danach nicht mehr. Die Unterstützung durch AnwältInnen sei spärlich. Teils kümmerten sie sich wenig und meldeten sich nicht. Die wenigen, die engagiert sind, seien überlastet. Die Leute würden nicht als politische Personen gesehen. Der Prozess sei vollkommen isoliert. Diese Woche stehe ein Anwaltstermin an, bei dem geklärt werden solle, wie sie rechtlich in den Prozess gehen können. Der Organisator berichtet, er habe versucht, mehr Betroffene zu einem Vortrag zu bewegen. Aber die meisten wollten nicht, weil sich nach der Demo alles verschlimmert habe. Es gebe vermehrt polizeiliche Kontrollen, Belästigungen fänden täglich statt. Die Betroffenen litten sehr und bäten um Hilfe.
Rex Osa betont, die politische Verantwortung liege nicht mehr allein bei den Betroffenen. Die Politik müsse mit eingreifen, aber niemand fühle sich zuständig. Die Menschen würden weiter nach dem Dublinverfahren nach Italien verfrachtet. AnwältInnen würden vom CSU-Bundestagsabgeordneten Alexander Dobrindtals als „Anti-Abschiebe-Industrie“ deklariert und versucht, sie zu kriminalisieren. Es werde ein Keil in die Bevölkerung getrieben, dass AsylbewerberInnen abgeschoben gehören. In Ellwangen selbst gebe es keine Unterstützung. Es herrsche ein perfides System. Auch die Presse habe beigetragen, die Hetze gegen Geflüchtete zu forcieren.
Eine Sprecherin von United Refugees Rights Movement berichtet, bei der Demonstration sei auffällig gewesen, wie die Presse einseitig Fragen an die Bewohner gestellt und Aussagen von den Geflüchteten nicht veröffentlicht habe, sondern eher die der Polizeipresse.
Stimmungsmache gegen Flüchtlinge – auch durch die Presse
Jemand anders berichtet, wie die Presse den Vorgang der Demo ausgeschlachtet, Meinungen gegen Flüchtlinge unterstützt habe. Die Regierung benutze bestimmte Vorfälle wie die Silvesternacht in Köln, um Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen und Gesetze zu verschärfen. Auch die Medien schienen kein wirkliches Interesse an der Wahrheit zu haben. Die Regierung benutze sie im Kampf gegen Flüchtlinge, um sie zu kriminalisieren und abzuschieben. Wegen unerlaubter Einreise würden Strafverfahren angestrengt. Dies sei kein juristisches sondern ein politisches Problem. Ein Massenproblem. Nur einzelne AnwältInnen schüfen Gerechtigkeit.
Man will nun versuchen, zur Klarstellung ein neues Statement an die Presse abzugeben. Auch in Karlsruhe gibt es Gruppen, die nicht mit Refugees Rights Movement zusammenarbeiten. Einige wenige unterstützen die Forderung nach gleichen Rechten für alle. Die Rote Hilfe sei involviert, brauche aber Unterstützung.
Für den 13. Oktober wird in Karlsruhe zu einer landesweiten Demonstration aufgerufen: „Asylrecht verteidigen – Gegen nationalistische und rassistische Hetze – Stoppt den Wettlauf zur Ausgrenzung und Entrechtung!“
Folge uns!