Von Tape Lago – Fulda. In der Universitätsstadt Fulda in Osthessen demonstrierten am Samstag, 16. Februar, 1500 bis 2000 Menschen gegen einen Fackelmarsch der neonazistischen Splitterpartei „Der Dritte Weg“. Der Aufmarsch stieß auf erbitterten Widerstand. Mit breitem Protest und Aktionen des zivilen Ungehorsams gelang es den NazigegnerInnen, ihn massiv zu stören und eine Zeitlang zu blockieren. Die Polizei war mit rund 1000 Kräften vor Ort und setzte alles daran, dass die Neonazis durch leere Straßen marschieren konnten.
Der Protest gegen die Neonazis in der Innenstadt von Fulda war vielfältig und breit aufgestellt. Die Universitätsstadt wollte kein Ort für Nazis sein, und das ist ihr auch gelungen. Zum Widerstand gegen die extrem rechte Kleinpartei „Der Dritte Weg“ hatte der antifaschistische Verein „Bündnis Fulda stellt sich quer – gegen Rassismus“ aufgerufen. Das Bündnis wurde von rund 80 Organisationen unterstützt – unter ihnen der DGB Hessen/Thüringen und mehrere Parteien.
„Ein guter Tag für ein weltoffenes Fulda“
Nach dem „Protesttag“ in der Innenstadt wirkte Andreas Goerke, Sprecher des Bündnisses „Fulda stellt sich quer“, ein wenig erschöpft, aber dennoch erleichtert. „Wir haben heute einen guten Tag in Fulda erlebt. Einen guten Tag für ein weltoffenes, buntes und tolerantes Fulda“, sagte der bekannte Antifaschist und Nazigegner. Weit über 1500 Menschen seien aktiv gewesen im Kampf gegen den „Dritten Weg“. Es sei den NazigegnerInnen mit zivilem Ungehorsam und Zivilcourage gelungen, die Neonazis in ihre Schranken zu weisen.
Zudem sei es auch ein Riesenerfolg gewesen, dass Fulda aufgestanden ist und gezeigt hat: „Nein, wir wollen den „Dritten Weg“ in dieser Stadt nicht haben“. Also ein deutliches Zeichen, so Goerke. Auch die Geschäfte, Kneipen und Lokale beteiligten sich an dem Protest gegen die Neonazis. Mit klaren Botschaften wie „Kein Bier für Nazis“, „Rassisten werden hier nicht bedient!“ und „Lieber Schokokuchen als braun im Kopf“ machten sie deutlich, dass sie die Neonazis ablehnen und gegen Rassismus stehen.
Demoroute der Neonazis blockiert
Während die Neonazis eine Zwischenkundgebung vor dem Peterstor abhielten, gelang es am Abend einer Gruppe von rund 100 Linken und anderen AntifaschistInnen, die Naziroute zu blockieren. Sie richteten in der Dalbergstraße eine Sitzblockade ein und sorgten dafür, dass der Fackelmarsch der Neonazis zunächst gestoppt wurde. Die Stimmung bei der Sitzblockade war gelassen und entspannt. Diejenige die angespannt wirkten, waren Einsatzkräfte der Polizei.
„Wir stehen hier gerade an einer Stelle, wo eine Kreuzung blockiert wird, damit ‚Der Dritte Weg‘, die Rassisten, hier nicht durchkommen“, sagte Torsten Felstehausen, Mitglied der Linksfraktion im Hessischen Landtag. Die Polizei solle ihre Aufgabe wahrnehmen und die hessische Verfassung schützen. Dies bedeute, dass Gruppen wie „Der Dritte Weg“ die das NS-Regime verherrlichen, kein Recht auf Versammlungsfreiheit haben sollten, betonte der linke Politiker.
Fackelmarsch zwangsläufig umgeleitet
Nach internen Diskussionen und Rücksprachen mit der Einsatzleitung leitete die Polizei den Naziaufmarsch um – wohl um Gewaltszenen und Auseinandersetzungen mit den Blockierenden zu vermeiden. Dies werteten die AntifaschistInnen und Linken auf der Straße als „Sieg gegen die Faschisten“. In Hör- und Sichtweite der Neonazis machten die Protestierenden mit lautstarken antifaschistischen Sprechchören ihrem Unmut weiter laut.
Nachdem die Polizei den Fackelmarsch in eine dunkle Nebenstraße geführt hatte, zog sie starke Kräfte um die Blockierenden und kesselte sie ein. Es kam zu Rangeleien und Gewaltszenen. Dabei wurde ein Demonstrant gewaltsam aus der Gruppe herausgezogen und mit Handschellen abgeführt. Der Polizeikessel dauerte bis 19 Uhr an.
Er wurde aufgemacht, als die Neonazis den Hauptbahnhof erreicht hatten. Um den Parteigängern des „Dritten Wegs“ eine „sichere Heimreise“ zu ermöglichen, versperrte die Polizei die Zugänge zum Hauptbahnhof mit Absperrgittern und Polizeiketten.
Ein starkes Zeichen für eine bunte und vielfältige Stadt
Die Demonstration gegen den „Dritten Weg“ unter dem Motto „Wir sind Fulda – #wirsindmehr – Kein Ort für Nazis“ hatte um 15 Uhr auf dem Universitätsplatz begonnen. Dort versammelten sich hunderte Menschen aus der Zivilgesellschaft, um ein starkes Zeichen gegen Rassismus und für ein weltoffenes, buntes und vielfältiges Fulda zu setzen.
Mit Plakaten und Transparenten zeigten die Demonstrierenden auf dem „Uniplatz“, dass sie keine Neonazis in der Stadt haben wollten. Das Ziel des Bündnisses „Fulda stellt sich quer“ war im Vorfeld klar. Es wolle alles daran setzen, den Fackelmarsch der Neonazis massiv zu stören und womöglich zu blockieren, wurde erklärt. Es rief die Teilnehmenden auf, Zivilcourage zu zeigen und Aktionen des zivilen Ungehorsams anzuwenden.
Kein Platz für Rassismus in Fulda
- Martin Übelacker
- Dr. Ulrich Schneider
- Simone Barientos
- Torsten Felstehausen
- Markus Hoffman
Nachdem Martin Übelacker von „Fulda stellt sich quer“ die Kundgebung eröffnet hatte, sprach zunächst Dr. Ulrich Schneider (Generalsekretär der F.I.R. Internationale Föderation der überlebenden Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus).
Danach redeten unter anderem Simone Barrientos, Mitglied des Deutschen Bundestags und kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Torsten Felstehausen (Hessische Linke), Markus Hoffman (Grüne) und Lukas Schauder. Sie kritisierten die Neonazi-Partei und machten deutlich, dass es in Fulda kein Platz für Rassismus gibt und geben darf. Sie riefen die Anwesenden auf dem Universitätsplatz auf, später ein starkes Zeichen gegen die Neonazis zu setzen.
Neonazis umzingelt – Lautstarker Protest gegen den „Dritten Weg“
„Der Dritte Weg“ versammelte sich zeitgleich mit rund 100 ParteisoldatInnen und Gästen auf dem Heilig-Kreuz-Platz vor der Stadtkirche (ehemaliger Adolf-Hitler-Platz). Dort waren die Neonazis – wie in einem Gehege – von GegnerInnen umzingelt.
Während Matthias Fischer (Stellvertretender Vorsitzender), Julian Bender (Gebietsleiter West) und Co. unter dem Motto „Ein Licht für Dresden“ angeblich auf die Opfer der Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945 aufmerksam machen wollten tatsächlich aber Geschichtsrevisionismus betrieben, protestierten hunderte GegnerInnen in Sicht und Hörweite an vier abgesperrten Zugängen zum Heilig-Kreuz-Platz.
Auch die „Omas gegen Rechts“ zeigten bei den Protesten starke Präsenz. Ein Gegendemonstrant, der wohl direkt am Kundgebungsort der Neonazis protestieren wollte, wurde in Polizeigewahrsam genommen. Die Neonazis durften offenbar bei ihrer hetzerischen Kundgebung nicht gestört werden.
Vor dem Start des Fackelmarsches des „Dritten Wegs“ setzte die Kirche ein wichtig solidarisches Zeichen mit den Protestierenden und ließ die Glocken läuten. Unter Glockengeläut startete der Naziaufmarsch unter massiver Polizeibegleitung und stieß bis zu der Sitzblockade auf erbitterten Widerstand. Für musikalische gute Stimmung sorgten der Liedermacher Broder Braumüller, die Songwriterin Cynthia Nickschas und die Band Blaufuchs aus Hildesheim.
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