Von Sahra Barkini und Tanja Hilton – Stuttgart/Freiburg. Der CSD Freiburg nutzt für den diesjährigen CSD ein Logo der „Antifaschistischen Aktion“ und dazu ein vermummtes Schwarzwaldmädel mit Bollenhut. Sowohl der Stuttgarter CSD als auch der LSVD (Lesben- und Schwulenverband) Baden-Württemberg haben daraufhin ihre Teilnahme am Samstag abgesagt. Da fragt man sich als Antifaschistin schon: „Sagt mal, geht’s euch gut?“. Wer war denn Demo für Demo in Stuttgart, als vor zehn Jahren die homophobe und rechte „Demo für Alle“ durch die Stadt zog? Es war „die Antifa“, vor der ihr nun Panik habt, weil die Flagge Bürgerliche abschrecken könnte. Ihr stellt euch also gegen Allies, die immer und immer wieder an eurer Seite stehen? Das ist dreist und ziemlich geschichtsvergessen.
Beim Stuttgarter CSD hat man kein Problem mit der Polizei trotz reihenweise rechter Chatgruppen. Und keines mit der CDU trotz Hans-Georg Maaßen, trotz des kürzlichen Auftritts der Bundespolizistin Claudia Pechstein und trotz der transfeindlichen Aussagen des Stuttgarter Oberbürgermeisters Dr. Frank Nopper über die installierten Tampon/Bindenspender auf der Rathaustoilette. Stattdessen bekommt Ihr Schnappatmung, wenn ihr eine „Antifa Flagge“ seht. Eure Erklärungsversuche sind dermaßen peinlich, dass ich darauf gar nicht eingehen werde. Zumal das Tanja Hilton im nachfolgenden Kommentar schon macht:
Tanja Hilton: „Meine ganz persönliche Stellungnahme zur Absage des LSVD Baden-Württemberg e.V. und des CSD Stuttgart an der Teilnahme beim CSD Freiburg:
Ich bin queere Antifaschistin. Als solche habe ich schon immer den Kampf gegen Rechts in Verbindung mit dem Kampf für die Rechte der LGBTQI+ Community geführt. Antifaschismus bedeutete für mich schon immer, die Rechte marginalisierter Gruppen zu stärken und sie gegen Angriffe von Rechts zu verteidigen.
In einer Zeit, in der die AfD mit queerfeindlicher Hetze bessere Umfragewerte erzielt als je zuvor, in der während oder am Rande von CSDs in Deutschland stetig zunehmende Gewalt gegen queere Menschen zum traurigen Alltag wird, ist dieses Verbinden der Kämpfe umso wichtiger.
Leider nehme ich auch immer öfter wahr, dass CSDs hier und da immer mehr als zunehmend unpolitisches buntes Straßenfest organisiert werden, und der politische Kampf um die Rechte queerer Menschen in den Hintergrund rückt, und dabei immer mehr in Vergessenheit gerät, dass es sich bei den Riots nach der Razzia im Stonewall-Inn eben nicht um ein unpolitisches, gewaltfreies Familienfest handelte, sondern um die tatsächliche Gegenwehr gegen Repressalien und Unterdrückung.
Ich möchte nachfolgend auf einige Passagen in der Stellungnahme des LSVD Baden-Württemberg e.V eingehen. Sie ist hier zu finden.
„[…] wir können als familienorientierter Verband an keiner Veranstaltung teilnehmen, die offen für Linksradikalismus wirbt oder im direkten Zusammenhang mit gewaltbereiten Gruppierungen steht“
Wie bereits erwähnt, handelt es sich beim CSD um einen Protest, nicht um eine bunte Familienfeier mit Spaßprogramm. Stonewall was a riot! Ohne die damals stattgefundene Gewalt gäbe es keinen CSD, und mir stellt sich die Frage, ob die beiden boykottierenden Vereine sich ebenso von den mutigen queeren Menschen, die im Zuge der Repressalien damals ebenfalls mit Gewalt reagierten, distanziert hätten. Wenn ja, weshalb nimmt man dann überhaupt an einer Veranstaltung teil, die auf eben diesem nicht gewaltfreien Gegenprotest basiert?
Ebenfalls empfinde ich persönlich es als unerhört, allen Antifaschist*innen, welche die Flagge der Antifaschistischen Aktion nutzen, generell gewaltbereiten Linksradikalismus zu unterstellen.
Weiter noch die Aussage:
„Eine antifaschistische, linke Gesinnung ist nicht das Problem. Im Gegenteil – die Welt wäre viel besser, wenn es mehr Antifaschist:innen geben würde, die auch auf die Straße gehen. Aber Logo mit Symbol muten ungefähr so an, als würden stramm konservative Veranstalter direkt das Logo der CDU auf ihr Kampagnenmotiv mit drauf nehmen.“
Dazu kann ich nur sagen, dass eine antifaschistische Gesinnung nicht nur „nicht das Problem“ ist, sondern Pflicht eines jeden Menschen, der mit beiden Füßen auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung steht. Allein schon die Aussage, dass es nicht „das Problem“ sei, suggeriert, dass es als Problem gesehen werden könnte.
Der Vergleich mit dem Logo der CDU hinkt dann noch ganz gewaltig, denn Antifaschismus sollte nicht nur einer Partei zugeordnet werden, auch wenn ich als Linke durchaus stolz darauf bin, dass man in der Weite der Parteienlandschaft anscheinend nur noch uns mit Antifaschismus in Verbindung bringt. Wer die FDGO schützen möchte, muss Antifaschist*in sein. Und wer Antifaschist*in ist, spaltet diese nicht in gute und böse Antifaschist*innen, sondern solidarisiert sich gemeinsam gegen die stetig steigende Gefahr von Rechts. Stattdessen wird sich hier von Seite beider Verbände entsolidarisiert.
Mein Fazit: Da mein Budget für diese CSD-Saison sehr begrenzt ist, werde ich nicht, wie geplant, am CSD Stuttgart teilnehmen, der mit seiner Absage klar gezeigt hat, dass ich als queere Antifaschistin dort nicht willkommen bin. Ich werde stattdessen den CSD in Freiburg unterstützen.
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