Alfdorf. 300 Stühle hatte der Alfdorfer Bürgermeister in die „Alte Halle“ stellen lassen. Er hätte nicht vermutet, dass sie fast komplett belegt werden würden, sagte Michael Segan am Donnerstag, 6. November, in seiner Begrüßungsansprache. Alfdorf wird in den nächsten Jahren bis zu sechzig Flüchtlinge aufnehmen. Der Gemeinderat hatte zu einer Bürgerversammlung eingeladen, um Meinungen und Vorschläge zu ihrer Unterbringung zu hören.
Die Gemeinde Alfdorf zählt ungefähr 7500 Einwohner und Einwohnerinnen. Es ist bereits geklärt, dass sie in den nächsten Jahren bis zu 60 neue Einwohner bekommen wird. Am Donnerstag ging es konkret um die Frage, wo und wie die Flüchtlinge untergebracht werden können.
Bisher hatten sich drei private Stellen gemeldet, die eine Wohnung an die Gemeinde vermieten würden. Eine weitere Möglichkeit sei es, das Wohnheim für Obdachlose, in dem derzeit acht Flüchtlinge wohnen, abzureißen und neu aufzubauen. Zusätzlich stand der Vorschlag im Raum, eine Wiese mit „Systembauten“ zu bestücken, um dort Menschen unterzubringen. Dagegen wehrte sich ein direkter Nachbar des möglichen Containerdorfs jedoch vehement.
Der Bürgermeister wurde nicht müde, immer wieder zu betonen, dass bisher keine Entscheidung getroffen sei und dieser Abend lediglich dazu diene, Vorschläge zu unterbreiten und zu sammeln.
Immer wieder meldeten sich Frauen und Männer zu Wort. Die Stimmung gegenüber der Unterbringung von Flüchtlingen ist in Alfdorf mehrheitlich positiv. Die Bewohner und Bewohnerinnen de Gemeinde ziehen jedoch dezentrale Lösungen in einzelnen Wohnungen einer „Containersiedlung“ oder einem großen Wohnheim vor. „Wir wollen hier in Alfdorf kein Ghetto haben“, sagte ein älterer Mann und erntete damit Beifall.
„Das ist für die Flüchtlinge doch auch besser. So klappt das mit der Integration doch viel einfacher, als wenn die abgeschottet leben“, fuhr er fort. Ein anderer Mann fragte, wie das mit der Integration angestellt werden soll: „Wie soll die Integration in der Tat aussehen? In einer Einrichtung wie Penny aufeinander zugehen?“ Daraufhin brach Gelächter aus.
Eine Frau appellierte an Ihre MitbürgerInnen von Alfdorf, dass es an der Zeit für eine Willkommenskultur wäre. Man dürfe sich nicht von der Angst leiten lassen. Die Angst könne man überwinden, indem man das Neue – in diesem Fall die Flüchtlinge – kennenlernt. Sie machte den Vorschlag, dass Interessierte sich zu einem „Arbeitskreis Flüchtlinge“ zusammenschließen könnten. Die Bürgerin erhielt den lautesten Applaus des Abends.
Der Gemeinderat will am 17. November über eine der vorgeschlagenen Varianten entscheiden. Davon waren die Versammelten nicht begeistert.
„Jetzt lässt man uns hier zehn Tage vorher vor vollendete Tatsachen stellen oder wie?“ fragte eine Frau. Mantraartig wiederholte der Bürgermeister seine Aussage: „Es ist noch nichts entschieden.“
Am Ende des Abends trat ein junger Mann an das Mikrofon und kam auf ein Flugblatt zu sprechen. „Jeder von euch hat diesen Zettel im Briefkasten gehabt. Mir macht solche eine Einstellung von einigen Bürgern Angst“, sagte er. Gemeint war ein Flyer, der einige Tage zuvor verteilt worden war. Auf ihm ist rassistische Hetze gegen Flüchtlinge zu lesen, wie sie sont nur an Stammtischen zu Hause ist. Neben weiteren falschen Behauptungen wurde auch die Zahl von 150 Flüchtlingen genannt, die nicht im entferntesten der Realität entspricht.
Der auf dem Pamphlet angegebene Urheber ist nach Recherchen unserer Redaktion tatsächlich der Autor. Eberhard B. verhielt sich den ganzen Abend jedoch sehr ruhig und sagte nicht einmal etwas zur Sache.
Im Anschluss an den offiziellen Teil der Veranstaltung kamen die Menschen draußen vor der Halle noch miteinander ins Gespräch. Hier konnten von angereisten und ortsansässigen AktivistInnen, welche dem linken Spektrum zuzuordnen sind, viele Ängste und Vorurteile ausgeräumt werden.
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