München. War es rechtens, dass die bayerische Polizei im Jahr 2014 einen Bus aus Stuttgart auf dem Weg zum Protest gegen die Nato-Sicherheitskonferenz in München ohne Anlass stoppte, die Insassen zweieinhalb Stunden festhielt und sie so daran hinderte, von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch zu machen? Darüber verhandelt das Verwaltungsgericht München am Mittwoch, 13. Januar, ab 13 Uhr, in der Bayerstraße 30 im Sitzungssaal 4 im Erdgeschoss. Das Offene Treffen gegen Krieg und Militarisierung (OTKM) Stuttgart, das die Anreise wie in den Vorjahren organisierte, hat Anfang 2015 Klage „gegen diese willkürliche Kontrolle“ eingereicht.
Auch für 2016 sind Proteste gegen die Nato-Sicherheitskonferenz angekündigt. Die Auftaktkundgebung zur Demonstration am Samstag, 13. Februar, beginnt um 13 Uhr in München am Stachus/Karlsplatz.
Kontrollen bei der Anreise zur Demo gegen die Nato-Sicherheitskonferenz hatte es auch schon früher gegeben. Doch im Jahr 2014 wurden AntimilitaristInnen und Friedensaktive in dem Bus aus Stuttgart nach eigenen Angaben in einem Innenhof der Autobahnwache der bayrischen Polizei „ohne jeglichen Anlass kontrolliert, erkennungsdienstlich behandelt und de facto an der Teilnahme an der Demonstration gegen die Sicherheitskonferenz gehindert“, da sie erst gegen Ende zu der Demo stoßen konnten.
Penible Durchsuchung im Innenhof der Autobahnwache
Gegen diesen „rechtswidrigen polizeilichen Eingriff ins Versammlungsrecht“ reichten die Betroffenen beim Verwaltungsgericht München Klage ein. Der vom Offenen Treffen gegen Krieg und Militarisierung Stuttgart organisierte Bus aus Stuttgart sei etwa sechzig Kilometer vor München von zwei Streifenwägen, einem Zivilpolizeiauto und vier Kastenwägen begleitet und in eine Polizeiwache geleitet worden. Auf den voll besetzten Bus warteten nach Angaben der Betroffenen im Innenhof der Autobahnwache bereits mehrere Polizeieinheiten des USK München, Einheiten aus Ingolstadt und Beamte in Zivil. Ein Augenzeuge:
Wir fuhren auf den Hof, wo schon die Polizisten in voller Montur auf uns warteten. Hinter uns schob sich langsam das Stahltor zu. Mein Herz hat noch nie so schnell geschlagen – ich dachte: die können jetzt alles mit uns machen und niemand bekommt es mit.
Das USK habe ohne Vorankündigung, ohne die Möglichkeit zu verhandeln oder zu erfahren, auf welcher rechtlichen Basis die Polizei vorging, den Bus gestürmt und das Geschehen von Beginn an gefilmt. Ein Großteil der TeilnehmerInnen der Busfahrt habe zu diesem Zeitpunkt in dem engen Mittelgang des Busses gestanden. Sie seien „zum Teil gewaltvoll aus dem Bus gezerrt oder brutal auf die Sitzplätze niedergedrückt“ worden.
Klage gegen überzogenes Vorgehen der Polizei
Erst nach einer ersten Festnahmen habe der Zugführer des USK erklärt, dass es sich um eine „Buskontrolle“ handle. Anschließend seien alle Anwesenden einzeln aus dem Bus geführt, penibel durchsucht, fotografiert, in Listen aufgenommen und in Freiluft-Gewahrsam gebracht worden. Erst nach zwei Stunden konnten die Reisenden weiterfahren.
Gegen die Buskontrolle wurde im Januar 2015 Klage eingereicht. Es soll die Rechtswidrigkeit der Buskontrolle und der erkennungsdienstlichen Behandlung geprüft werden. Eine 61-jährige Gewerkschafterin, Mitglied der VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) habe sich bereiterklärt, die Fortsetzungsfeststellungsklage zu führen.
Versuch der Kriminalisierung schlug fehl
Gegen vier Personen ließ die Staatsanwaltschaft Strafbefehle wegen angeblichen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verhängen. Sie hatten nach dem Grund der polizeilichen Maßnahme gefragt und wollten die Kontrolle nicht widerspruchslos über sich ergehen lassen.
Zur Begründung sei „ein tendenziös zusammengeschnittenes Polizeivideo“ vorgelegt worden. Da auf dem ungeschnittenen Polizeivideo der wahre Ablauf der Kontrolle erkennbar war, seien alle, die gegen den Strafbefehl Rechtsmittel eingelegt hatten, vom Vorwurf des Widerstands freigesprochen werden.
Die Betroffenen sammeln für den Prozess Spenden
Die Verteidigung der Versammlungsfreiheit vor Gericht kostet Geld. Da der Regelstreitwert auf 5000 wurde, betragen die Prozesskosten nach Angaben des OTKM in erster Instanz knapp 1500 Euro inklusive Fahrtkosten. Die Gerichtskosten von 438 Euro habe die Klägerin bereits vor Prozessbeginn einzahlen müssen, damit das Gericht überhaupt seine Arbeit aufnimmt. Damit sie mit den Kosten nicht allein bleibt, sammelt das OTKM jetzt Geld. „Falls wir den Prozess gewinnen, werden wir die eingegangenen Spenden für weitere Prozesse zur Verteidigung der Versammlungsfreiheit einsetzen“, kündigt es an.
Das Spendenkonto:
Betreff: SIKO BUS2014
Kontoinhaber: DFG-VK Stuttgart
Konto-Nr.: 4006161740
BLZ 43060967
Bank: GLS Bank
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