Köln. Für den 3. September war das vom Demokratischen Gesellschaftszentrum der Kurdinnen und Kurden in Deutschland NAV-DEM organisierte 24. Internationale Kurdische Kulturfestival im RheinEnergieStadion in Köln geplant. Auf Druck des SPD-Innenministers von Nordrhein-Westfalen, des Bundesamts für Verfassungsschutz und des Polizeipräsidenten von Köln hat der Stadionbetreiber die zugesagte Unterzeichnung des Veranstaltungsvertrages jedoch kurzfristig zurückgezogen, klagt der Rechtshilfefonds für KurdInnen AZADÎ. Er sieht darin einen neuerlichen politischen Kotau.
„Fraglos steht diese Maßnahme im direkten Zusammenhang mit der an die Öffentlichkeit gelangten Einschätzung des Bundesinnenministeriums, wonach sich die Türkei seit 2011 schrittweise „zur zentralen Aktionsplattform für islamistische Gruppierungen der Region des Nahen und Mittleren Ostens“ entwickelt habe“, heißt es in einer Erklärung von AZADÎ.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière habe erklärt, dass er an dieser auf einem Bericht des BND basierenden Aussage „nichts zu bereuen“ habe. Die Türkei sei zwar Nato-Partner und „für uns auch Partner im Kampf gegen den internationalen Terrorismus“. Die Analyse müsse aber als eine „pointierte Darstellung eines Teilaspekts türkischer Wirklichkeit“ bewertet werden.
Türkischer Außenminister: „Neuer Beweis für schräge Einstellung“
Bundeskanzleramt und Auswärtiges Amt haben sich „in dieser Pauschalität“ hiervon distanziert. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavușoǧlu warf Deutschland vor, dass der Bericht des Bundesnachrichtendienstes ein „neuer Beweis für die schräge Einstellung“ sei, mit der versucht werde, „die Türkei zu zermürben“. Zu den Beschuldigungen werde es „eine Klärung vor bundesdeutschen Gerichten“ geben.
Weiter meinte er, dass „bestimmte politische Kreise“ in Deutschland hinter den Behauptungen stünden, die für ihre „doppelten Standards“ hinsichtlich des Anti-Terror-Kampfes bekannt seien und erwähnte in diesem Zusammenhang die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Auf dieser Ebene bewegen sich auch die Kommentare türkischer, der AKP nahestehender Zeitungen.
Innenminister lässt sich von Anwürfen aus der Türkei treiben
„Es scheint, als habe sich der nordrhein-westfälische Innenminister und das Bundesamt für Verfassungsschutz von diesen Anwürfen aus der Türkei treiben lassen. Mit dieser Intervention hat sich wieder einmal deutlich gezeigt, auf welcher Seite die politisch Verantwortlichen in der BRD stehen“, kritisiert AZADÎ: „Der gleiche Innenminister, der jetzt den Kurdinnen und Kurden faktisch verboten hat, ihr traditionelles Kulturfestival mit Gästen aus allen Teilen Europas durchzuführen, hat es Zehntausenden türkischen Nationalisten Ende Juli gestattet, in Köln zu demonstrieren, und zwar nicht in einem Stadion, sondern inmitten der Stadt am Deutzer Rheinufer. Sie konnten unbehelligt dem Autokraten Erdoǧan huldigen, der einen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung führt und in staatsterroristischer Manier gegen alle und alles vorgeht, was sich ihm auf dem Weg in die absolute Herrschaft entgegenstellt.“ Selbst vielfache Rufe nach der Todesstrafe von Demonstrierenden und verhohlener in Redebeiträgen seien kein Grund gewesen, hiergegen einzuschreiten.“
Unterstützung des AKP-Regimes auf politischen Druck
Trotz besseren Wissens stelle sich der Bundesinnenminister „an die Seite des türkischen Despoten“: „Die Frage sei erlaubt, ob er sich durch diese Unterstützungshandlung nicht schuldig macht. Hinzu kommt, dass die Türkei aufgrund der intensiven Kooperation mit deutschen Justiz-, Polizei- und Geheimdienstbehörden inzwischen über eine Vielzahl sensibelster Daten von in Deutschland lebenden oppositionellen politischen AktivistInnen verfügt. Deshalb muss diese Zusammenarbeit und der Flüchtlingsdeal mit der Türkei gestoppt werden.“
Die Verhinderung des Kurdischen Kulturfestivals auf politischen Druck hin unterstütze das AKP-Regime in Ankara ebenso wie die politisch motivierte strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivisten und Aktivistinnen in Deutschland, die sich seit 23 Jahren dem Vorwurf des Terrorismus ausgesetzt sähen. Derzeit befänden sich zwölf Kurden nach § 129b StGB in Straf- oder Untersuchungshaft – so viele wie seit langer Zeit nicht.
AZADÎ fordert, dass das 24. Internationale Kurdische Kulturfestival stattfinden kann – und darüber hinaus, „die Kriminalisierung von Kurdinnen und Kurden zu beenden, die Verfahren nach §129b StGB einzustellen und die politischen Gefangenen freizulassen“.
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