Stuttgart. „Dieses Urteil ist ein Freibrief für die Polizei, Berichterstattung von Demonstrationen durch Verhaftung von Journalisten zu verhindern“, kritisiert Siegfried Heim, Leiter des Verdi-Landesfachbereichs Medien, eine Entscheidung des Landgerichts Stuttgart.
Die 10. Zivilkammer bestätigte einen Beschluss des Amtsgerichts Nürtingen und erklärte die Ingewahrsamnahme eines Fotojournalisten für rechtmäßig. Er hatte am 30. April über die Demonstrationen rund um den Stuttgarter Bundesparteitag der rechtspopulistischen AfD berichtet und dabei angeblich auch zu Fuß die Autobahn überquert.
Damals hatte die Polizei mindestens 660, vielleicht sogar 700 und damit über ein Drittel der etwa 1500 DemonstrantInnen gegen den Bundesparteitag der AfD auf dem Stuttgarter Messegelände festgenommen und den ganzen Tag über gefangen gehalten – unter ihnen mindestens drei Journalisten. Auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten Union dju in Verdi protestierte damals scharf (siehe „Aktionsbündnis wirft Polizei Eskalation vor„).
Nun hat das Landgericht das Vorgehen der Polizei erneut als rechtmäßig bestätigt. Sie habe ihn festhalten dürfen, da das Verhalten des Journalisten die Annahme gerechtfertigt habe, dass er erneut bereit sei, die Autobahn zu betreten.
- Eines der letzten Bilder vor der Festnahme / Foto: Hanno Polomsky
- Eines der letzten Bilder vor der Festnahme / Foto: Jens Volle
„Das Gericht hat polizeitaktische Entscheidungen über das Grundrecht der Pressefreiheit gestellt“, kritisiert Siegfried Heim, Landesfachbereichsleiter Medien von Verdi. Er verweist darauf, dass der von der Gewerkschaft rechtlich unterstützte Fotojournalist verhaftet wurde, nachdem er an einer Polizeikontrollstelle seinen Presseausweis gezeigt hatte. Außerdem enthalte das Urteil keine rechtliche Abwägung dazu, dass der Journalist auch im Polizeigewahrsam mehrmals auf seine Berufstätigkeit hingewiesen hatte und trotzdem elf Stunden unverhältnismäßig lange festgehalten und an der Berichterstattung gehindert worden war.
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