Von Christian Ratz und Tape Lago – Koblenz. In der Koblenzer Innenstadt protestierten am Samstag, 21. Januar, 5000 Menschen gegen den Kongress der rechtspopulistischen ENF „Europa der Nationen und der Freiheit“. Zu der hörbaren Großdemonstration hatte ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Parteien, Kirchen, Verbänden und anderen Gruppen aufgerufen. Die Polizei war mit mehr als 1000 Kräften vor Ort und ermöglichte einen friedlichen Ablauf aller Veranstaltungen. Zahlreiche PressevertreterInnen waren von der Tagung der europäischen Rechten ausgeschlossen.
Die Veranstalter von „Koblenz bleibt bunt“ hatten rund 2000 Demonstrantinnen erwartet. Doch es kamen mehrere Tausende AntifaschistInnen, PolitikerInnen und weitere BürgerInnen, um ein deutliches Zeichen gegen Frauke Petry, Marie Le Pen, Geert Wilders und ihre Anhängerschaft zu setzen. Die Botschaft der DemonstrationsteilnehmerInnen war klar: „Kein Platz für Nationalismus und Rassismus in Koblenz und anderswo!“
Antifaschistische Blockade in eisiger Kälte
Nach einer gut besuchten „Nachttanzdemo“, die am Freitagabend durch die Innenstadt zog, trafen sich AntifaschistInnen am früheren Samstagmorgen zielgerichtet vor der Rhein-Mosel-Halle. Ziel ihrer Zusammenkunft vor dem abgeschirmten Tagungsgebäude war die Blockade der Zufahrten und Eingänge der Rhein-Mosel-Halle. Die AntifaschistInnen aus Koblenz, Mainz und Umgebung hatten sich vorgenommen, das Treffen der Rechtspopulisten um Frauke Petry, Marine Le Pen und Geert Wilders massiv zu stören. Doch die Einsatzkräfte hinderten sie daran, die KongressteilnehmerInnen zu stoppen.
Als Antwort auf das Eingreifen der Polizei während der Blockadeversuche organisierten die AntifaschistInnen trotz der eisigen Kälte eine Sitzblockade, um ihre Empörung und ihren Unmut kundzutun. Es folgte eine spontane Demonstration zum Hauptbahnhof, die den Verkehr behinderte. Auf dem Weg zur Großkundgebung, skandierten die Antifaschistinnen Parolen gegen die Nationalisten, Rechtspopulisten und Neonazis: „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda! Nationalismus raus aus den Köpfen! No ENF in Koblenz und anderswo!“. Kurz vor Beginn der Großdemonstration protestierten die AntifaschistInnen unüberhörbar gegen Sigmar Gabriel, um ein Zeichen gegen die Verschärfung des Asylrechts zu setzen.
Starker Schulterschluss gegen den Rechtsruck
Zu den Protesten gegen die rechtspopulistische Tagung in Koblenz kamen neben Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und Regierungsmitgliedern auch SPD-Chef Sigmar Gabriel, Janine Wissler, stellvertretende Parteivorsitzende der Linken, die Grünen-Vorsitzende Simone Peter und Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Auch Arbeit- und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD), SPD-Generalsekretärin Katarina Barley und die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Ulrike Lunacek (Grünen) waren vor Ort.
Der Koblenzer Bahnhofsplatz war bunt und voller Menschen. Es war kein Open-Air-Konzert, sondern eine Zusammenkunft von Menschen, die Deutschland und Europa nicht den Rechtspopulisten und Neonazis überlassen wollen. Ein noch nie dagewesenes Bild in Koblenz. „Ich bin stolz, dass wir diesen Europa- und Menschenfeinden heute die rote Karte zeigen können“ sagte eine AfD-Gegnerin sehr berührt. Neben den zahlreichen PolitikerInnen, Gewerkschaftsmitgliedern und weiteren Gruppen und Verbänden waren auf dem Bahnhofvorplatz auch viele junge Menschen und Familien mit Kindern. Es war ein starker Schulterschluss der Generationen gegen den Rechtsruck in Deutschland und Europa.
Für ein freiheitliches und friedfertiges Europa
Bei der Auftaktkundgebung, die um 11 Uhr startete, appellierten die RednerInnen an ein solidarisches und gefestigtes Europa ohne nationalistisches und rassistisches Gedankengut. Deutlich gemacht wurde in den Redebeiträgen, dass mehr Widerspruch gegen rechte Thesen und Parolen notwendig sei. Die RednerInnen riefen die Gesellschaften Europas zur Gegenwirkung auf. „Es ist eine Demonstration für die Freiheit, für den Zusammenhalt in unserem Land, für Weltoffenheit, für Toleranz“ sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer: „Und wenn die Rechtspopulisten sagen „Wir sind das Volk“, dann sage ich: „Nein! Sie missbrauchen das Volk!“. Die Menschen sollten aufstehen für ein freiheitliches und friedfertiges Europa und widersprechen, wenn an Stammtischen oder anderen Orten rechtspopulistisch argumentiert wird, forderte sie.
DGB-Landeschef Dietmar Muscheid richtete sich an die Kongress-TeilnehmerInnen mit klaren Worten: „Ihr seid mit Eurer Ideologie hier nicht willkommen!“ Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn äußerste sich gegen ein „braunes Europa“. Wir stehen hier für ein buntes, für ein offenes und für ein soziales Europa des 21. Jahrhunderts sagte er. Der Koblenzer Oberbürgermeister Joachim Hofmann-Göttig (SPD) verteidigte seine Stadt und Europa mit deutlichen Worten. „Wir sind Koblenz, nicht die Gäste in der Rhein-Mosel-Halle“ betonte er. Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Ulrike Lunacek (Grünen) rief die TeilnehmerInnen und Bevölkerungen auf, Europa gegen die Rechtspopulisten zu verteidigen.
Endloser Demonstrationszug gegen Rechtspopulisten
Nach der Auftaktkundgebung setze sich der Demonstrationszug Richtung Rhein-Mosel-Halle am Nachmittag in Bewegung. Die Polizei begleitete den Protestmarsch mit starken Kräften. Die TeilnehmerInnen schwenkten ihre Fahnen, trugen selbstgemachte Plakate und Transparente. Am Tagungsort der ENF angekommen, setze sich der Protest gegen Petry, Le Pen, Wilders und ihre Getreuen fort. Es wurde musikalisch und laut.
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Egbert Bialk (BUND Koblenz) prangerte es an, dass die Europäischen Rechten sich in der Rhein-Mosel-Halle versammeln durften. Er bezeichnete sich als „besorgten Bürger“, der sich Sorgen über den Fortbestand der Demokratie mache. Er warf der AfD und Pegida Fremdenfeindlichkeit und Rassismus vor. Daraufhin sangen die TeilnehmerInnen den deutschen Text der Europahymne „Ode an die Freude“. Der Protestzug zog danach weiter zum Reichenspergerplatz wo die Abschlusskundgebung geplant war.
Kampf gegen Rechts erfordert mehr Engagement
Dort sprachen Sozial- und Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), die Grünen-Vorsitzende Simone Peter, die stellvertretende Bundesvorsitzende der Linken Janine Wissler und der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde Rheinland-Pfalz Ahmet Günes. Die RednerInnen riefen die Bevölkerung und die anwesende TeilnehmerInnen auf, sich entschlossen gegen den Rassismus von Petry, Le Pen, Wilders und ihrer Anhängerschaft zu wehren.
Sie forderten mehr Engagement im Kampf gegen Rechts und einen Zusammenhalt der demokratischen Kräfte in der Gesellschaft. Sebastian Hebeisen vom DGB Koblenz moderierte die Auftakt-, und Johannes Thon die Abschlusskundgebung. Die Großdemonstration gegen die Rechtspopulisten, die Europa abschaffen wollen, verlief friedlich.
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