Von Tape Lago und Christian Ratz – Saarbrücken. In der saarländischen Landeshauptstadt demonstrierten am Samstag, 11. März, rund 5000 AntifaschistInnen und andere BürgerInnen gegen den Bundesparteitag der NPD. Zum breiten und lautenstarken Protest hatten die Antifa Saar (Saarbrücken) und das Bündnis „Bunt statt Braun“ aufgerufen. Die Blockade der NPD-Führungsspitze verzögerte den Start des Parteitages um etwa eine Stunde. Sie zeigte, dass der Parteivorsitzende Frank Franz und seine Anhänger in der Stadt absolut nicht willkommen waren.
Die Polizei war vor Ort mit einer starken Mannschaft und sorgte für einen friedlichen Ablauf aller Veranstaltungen. Presse- und MedienvertreterInnen waren kategorisch vom Parteitag ausgeschlossen worden. Damit zeigten die Neonazis ihre Feindschaft gegen die Pressefreiheit.
Ein Parteitag von Neonazis und ihre Anwesenheit im Saarbrücker Schloss – das war für viele BürgerInnen, Zeitzeugen von Nazi-Deutschland und AntifaschistInnen unvorstellbar. Doch der Regionalverband Saarbrücken, Betreiber des Saarbrücker Schlosses und die Stadt selbst fanden keine Mittel, gegen den NPD-Parteitag vorzugehen oder ihn verbieten zu lassen. Im Schloss war in der NS-Zeit sowohl die Gestapo-Zentrale als auch die Kreisleitung der NSDAP untergebracht. Dort folterten und ermordeten die Nazis zahlreiche GegnerInnen und andere Menschen.
NPD-Führungsspitze blockiert
Der Protesttag begann am frühen Samstagmorgen. Die Antifaschistinnen, die die Zusammenkunft der Neonazis im Saarbrücker Schloss stören und verhindern wollten, versammelten sich vor dem historischen Gebäude. Unter dem Motto „Kein NPD-Bundesparteitag in Saarbrücken!“ fing der Aktionstag gegen die politischen Nachfahren der Nazis mit rund 300 AntifaschistInnen an. Immer mehr Menschen kamen auf den Platz vor dem Schloss, um sich solidarisch zu zeigen.
Die Umgebung um den Veranstaltungsort der nationalistischen Partei war von starken Polizeikräften abgeschirmt. Nach einer kurzen Auftaktkundgebung, bei der die Organisatoren die Ziele des Protestes erklärten, gingen die Störaktionen gegen den Parteitag los. Die AntifaschistInnen verteilten sich um das Schloss, um alle Zufahrten und Wege zum Gebäude zu blockieren. Es gelang ihnen, den Durchgang zum Schlossplatz durch einen lautstarken Protest unmöglich zu machen. Auch die Talstraße und der Eingang zum Parkhaus „QPark am Schloss“ waren besetzt. Ein Neonazi-Konvoi aus Rheinland-Pfalz konnte durch Sitzblockade behindert werden. Auch die NPD-Führungsspitze wurde blockiert.
Beginn des Parteitags mit Verzögerung
Die Einsatzkräfte der Polizei nahmen die Blockaden gelassen hin und leisteten der NPD – anders als beim Parteitag 2015 in Weinheim (siehe „Massiv und bunt: Protest gegen die NPD„) keinerlei Unterstützung. Nach langer Verhandlung mit der Polizeiführung mussten der Parteivorsitzende Frank Franz, Udo Pastörs, Peter Richter, Peter Marx und ihre Anhänger umkehren und sich weitere Wege zum Schloss zu suchen.
Die AntifaschistInnen konnten der starken Polizeipräsenz wegen den Parteitag nicht verhindern, aber es gelang ihnen, den Start zu verzögern und massiv zu stören. So begann der NPD-Parteitag unter lautem Protest mit einer einstündigen Verspätung. Eine Mahnwache des Bündnisses „Bunt statt Braun“ am Schlossberg hielt den Neonazis im Schloss Texte von Erich Kästner und Bertolt Brecht entgegen. Sie lud die Bevölkerung ein, Nein zu Neonazis zu sagen und sie abzulehnen.
Bunte und Lautstarke Demonstration
Die Großdemonstration, die das Bündnis „Bunt statt Braun“ am Nachmittag geplant hatte, begann um 13 Uhr am Tbilisser Platz. Alle im Landtag vertretenden Parteien waren anwesend. Auch Gewerkschaften wie DGB, Verdi und viele Organisationen waren da. Die Landesregierung, vertreten durch Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und Anke Rehlinger (SPD), war am Fronttransparent zu sehen. Der Demonstrationszug mit rund 5000 Menschen zog durch die Saarbrücker Innenstadt, um sich dann auf dem Schlossplatz mit den über den ganzen Tag hinweg anwesenden AntifaschistInnen zu vereinigen.
Zu Beginn der Abschlusskundgebung, bedankte sich Philipp Weis (Sprecher des Bündnisses Bunt statt Braun) bei den PressevertreterInnen und allen TeilnehmerInnen. Er lud alle Versammelten ein, das Bündnis „Bunt statt Braun“ zu unterstützen. Für ihn sei die NPD eine faschistische Organisation, die bekämpft werden muss. Er rief alle DemokratInnen in Saarbrücken und bundesweit auf, sich stets gegen die Nazis zu wehren. Tobias Wolfanger (Landesjugendring), Damhat Sisamci (DGB-Jugend) und Maja Emanuel (Landesschülervertretung) plädierten in ihren Redebeiträgen für eine tolerante, vielfältige, bunte und solidarische Gesellschaft.
Neonazis – das dunkle Deutschland
Benedikt Welter (Katholischer Pfarrer) sagte im Hinblick auf Geflüchtete, dass ein Mensch ein Mensch sei und nicht angegriffen werden darf. Für Ihn seien die Neonazis im Schloss das dunkle Deutschland, gegen das sich die Bevölkerung und Demokratinnen wehren müssten. „Wir müssen nicht zulassen, dass dieser braune Sumpf unsere Mitmenschen vergiftet, unsere Sicherheit gefährdet und Angst verbreitet“ sagte Faruk Özdemir, Sprecher der Alevitischen Gemeinde, mit Blick auf die NPD und ihre Nazipropaganda. Er rief ebenfalls die Menschen auf, alles daran zu setzen, damit ihre Stadt bunt und vielfältig bleibt.
Für Frank Matthias Hofmann (Sprecher der evangelischen Kirchen im Saarland) seien alle Menschen gleich, und es sei in Deutschland Platz für alle da. Er kritisierte den Ausschluss von Medien- und PressevertreterInnen aus dem NPD-Parteitag scharf und rief die TeilnehmerInnen und die Zivilgesellschaft auf gegen Nazis und RassistInnen aufzustehen. „Wir lassen uns weder von der NPD, noch von der AfD, noch von der Identitären Bewegung, noch von irgendwelchen Reichsbürgern einreden, dass Menschen, die vor Terror und Krieg fliehen müssen, hier bei uns keine Aufnahme finden dürfen“ betonte er unter lautem Applaus.
Nie wieder Pogrom, nie wieder Ausschwitz, nie wieder Krieg
„Wir lassen uns nicht von den Rechtsextremen einreden, die Flüchtlinge seien an allem schuld. In Nazi-Deutschland waren es die Juden, die an allem Schuld sein sollten. Heute sollen es die Muslime sein. Dazu sagen wir nein!“ Mit dieser Forderung beendete er seine Rede: „Nie wieder Pogrom, nie wieder Ausschwitz, nie wieder Krieg.“
Nach der Abschlusskundgebung zogen die AntifaschistInnen in einer spontanen Demonstration in Richtung Innenstadt. Nach unseren Informationen erteilte die Polizei nur einer Person einen Platzverweis. Zwei weitere Personen wurden zur Identitätsfeststellung mitgenommen – auch dieser Versuch wurde zeitweise blockiert.
Alle demokratischen Kräfte standen zusammen
Mit dieser Großdemonstration, zeigte Saarbrücken, dass ein Zusammenschluss aller demokratischen Kräfte gegen Neonazis, RassistInnen und Verfassungsfeinden möglich ist. Die Neonazis wählten bei ihrem Parteitag den alten Parteivorsitzenden Frank Franz, der in den Kreisen seiner Anhängerschaft als moderat gelten soll.
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