Von unseren ReporterInnen. Uhingen. Zu einer Veranstaltung der AfD Göppingen am Donnerstag, 22. Juni, im Uhinger Uditorium reiste extra die Vize-Parteichefin der AfD Beatrix von Storch an. Während ihrer Rede über „direkte Demokratie“ und Flüchtlinge kaperten Linke aus dem Kreis die Veranstaltung. Im Saal brach unter den AfD-Sympathisanten starke Unruhe aus. Kurz darauf wurde die Veranstaltung für beendet erklärt.
Gut 150 ZuhörerInnen waren am Donnerstagabend zum Wahlkampfauftakt des AfD-Kreisverbands in das Uditorium nach Uhingen gekommen. Sie wollten die stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende und Europaabgeordnete Beatrix von Storch und die beiden Bundestagskandidaten Volker Münz (Göppinger AfD-Kreisvorsitzender) und Simon Dennenmoser (Schatzmeister im Kreisvorstand) hören.
Eine kleine Truppe der Polizei, unterstützt von vier Berittenen und zwei Hundeführern, sicherte den Veranstaltungsort. Die Kreis-AfD setzte am Eingang des Uditorium auf Security-Personal, welches mitgebrachte Taschen nur flüchtig kontrollierte.
Bundestagskandidat malt sich Bürgerkrieg in China aus
Thorben Schwarz von der Jungen Alternative (JA) eröffnete die Veranstaltung um 20 Uhr mit einer kurzen musikalischen Klaviereinlage. Direkt im Anschluss sprach der Bundestagskandidat Volker Münz. Theatralisch beschwor er die Bundestagswahl im September als Schicksalswahl. Schon im Jahr 2013 hatte Münz bei einer Veranstaltung zur Bundestagswahl in der Eislinger Stadthalle klargestellt, was er von Flüchtlingen und Ausländern hielt: Deutschland habe sich zum Negativen verändert, das Bild der gewohnten Ehe sei in der Gesellschaft umdefiniert und abgeschafft worden.
Aus Sicht von Münz spricht Bundeskanzlerin Angela Merkel auch viel zu wenig über das deutsche Volk. Weitere Diffamierungen blieben nicht aus. So bezichtigte Münz unter anderem die Staatsministerin im Kanzleramt Aydan Özoguz. Sie sage, dass das Zusammenleben mit Flüchtlingen täglich neu ausgehandelt werden müsse. Noch nie habe eine Bundesregierung Deutschland so viel Schaden zugefügt, wie es jetzt geschehe, sagte Münz.
Zur rechten Szene grenzt sich die AfD nicht ab
Es sei „kriminell und skandalös zugleich“, dass Politiker vor den drohenden Gefahren ihre Augen verschlössen. Wenn in China ein Bürgerkrieg ausbräche, würden hunderte Millionen von Flüchtlingen, Deutschland bevölkern. Das Ergebnis wäre ein Vielvölkerstaat.
Unter den Gästen war auch der mittlerweile bekannte Organisator der Kleinstgruppe „Fellbach wehrt sich“ (wir berichteten über die FWS) auszumachen, die der Reichsbürgerbewegung und Neonaziszene zurechnen ist. Ebenso waren Anhänger der Identitären Bewegung Schwaben und weitere Personen aus der Neonaziszene vor Ort.
Chef der „Jungen Alternative“ verlangte Austritt aus der EU
Simon Dennenmoser, ein weiterer Bundestagskandidat der AfD, sprach in einer eher holprigen, auf Schwäbisch gehaltenen Rede über das Verhältnis der AfD zur EU. Erst vor kurzem hatte er bei einer Tagung in Schwerin über sicherheitspolitischen Probleme referiert. Dort wurde eine „Schweriner Erklärung“ verabschiedet.
„Ein unabdingbarer Schritt zur Stärkung des Rechtsstaates ist eine in die Tat umgesetzte Abschiebung von islamistischen Gefährdern und rechtskräftig abgelehnten oder straffälligen Asylbewerbern. Eine deutlich erhöhte Rückführungsquote ist überdies unerlässlich, damit die enormen Kosten der Massenzuwanderung für den Bürger wirksam gesenkt werden können“, heißt es in ihr. In Uhingen bezichtigte Dennenmoser wiederholt Politiker der so genannten „Altparteien“ der Verlogenheit.
Dennenmoser verlangte einen Austritt aus der EU. Der Polizist studiert nach eigenen Angaben an der Polizeihochschule in Villingen-Schwenningen. Er hat bereits wegen vermutlich rechtsradikalen Äußerungen auf seinem Facebookaccount Ermittlungen auf sich gezogen. Im November berichtete die Neue Württembergische Zeitung (NWZ) über „Ermittlungen gegen AfD-Polizisten“. Laut NWZ soll der Polizist auf Facebook die Reichsbürger verharmlost, Material der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ und von Pegida verbreitet und Politiker beleidigt haben. Das Polizeipräsidium Ulm sowie das Göppinger Polizeipräsidium Einsatz – die Dienststelle des Mannes – hatten dazu Ermittlungen gegen den Kollegen aufgenommen.
Von Storch beschwört „Flüchtlings-Tsunami“ herauf
Die stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende und Europaabgeordnete Beatrix von Storch sprach über „direkte Demokratie“ in Deutschland und über Menschen, die nach Deutschland Zuflucht suchen. Die AfD stehe fest auf dem Boden des Grundgesetzes – mehr als jede andere Partei, behauptete von Storch. Die Gesellschaft sei bereits quer durch die Bevölkerung gespalten. Der „Flüchtlings-Tsunami“ werde der in seinem Ausmaß nicht richtig dargestellt. In einem widersprach die Europaabgeordnete ihrem Schützling Simon Dennenmoser: Man wolle nicht aus der EU austreten. Der Staatenverbund gehöre jedoch reformiert.
Linke kapern AfD Wahlkampfauftakt
Als von Storch über die Türkei sprach und forderte, Flüchtlinge via Einfachticket zurückzuschicken, wie es auch die Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ im Postkartenformat von unliebsamen Widersachern verlangt, sprangen der Göppinger Stadtrat Christian Stähle und weitere Mitglieder der Linken empört von ihren Stühlen auf. Sie hielten schweigend Plakate in die Höhe, auf denen stand: „Rassismus ist keine Alternative“ oder „Der Storch bringt Kinder. Die Storch tötet sie.“
Im Saal wurde es daraufhin unter den Sympathisanten der AfD unruhig. Einige Besucher der Veranstaltung, die in der Nähe Stähles saßen, versuchten kurz, ihn zu ergreifen. Das gelang seinen Kontrahenten zwar nicht, es hielt sie aber auch nicht davon ab, die Protestierenden zu schmähen.
Linke Aktivisten lassen sich nicht beirren
Unbeirrt blieben die fünf Aktivisten in den Stuhlreihen stehen. Sie drehten sich mit ihren Plakaten mehrmals im Kreis. So war der Aufdruck für jeden im Saal zu erkennen. Nach gut fünf Minuten stillen Protests verließen die Linken unaufgefordert den Saal.
Im Foyer verwiesen Verantwortliche der AfD-Veranstaltung die Aktivisten des Gebäudes. In Begleitung des Einsatzleiters der Polizei wurden sie vor die Tür geleitet. Keine fünf Minuten später sangen die AfD-Anhänger zum Abschluss die Nationalhymne.
Podiumsdiskussion mit jüdischen AfD-Mitgliedern geplant
„Jüdische AfD Mitglieder im Gespräch“ – das ist das Motto einer geplanten Veranstaltung der Göppinger Kreis-AfD im Uhinger Uditorium am Sonntag, 9. Juli, ab 15 Uhr. Volker Münz hat hierzu Wolgang Fuhl, Alexander Beresowski, Dr.Vera Kosova und Thorben Schwarz auf ein Podium eingeladen. Fuhl war Mitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland und zugleich Bundestagskandidat der AfD Lörrach. Zuvor war er bei den Jusos aktiv und in der Gewerkschaft.
Die Kardiologin Dr. Vera Kosova ist Bundestagskandidatin der AfD in Nürtingen, Alexander Beresowski Kaufmann und Journalist. Thorben Schwarz, ebenfalls Gast auf dem Podium, ist parlamentarischer Mitarbeiter der AfD. Er war früher Mitglied der FDP.
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