Von Franziska Stier – Basel. Am Freitagmorgen, 10. August, versperrten ab 7.30 Uhr rund 200 UmweltaktivistInnen Zugänge des Port of Switzerland durch gewaltfreie Massenblockaden. Gegen 4 Uhr hatte der Weckdienst auf dem Klimacamp in Pratteln begonnen. Viele der Anwesenden zogen wenig später los, um den Ölhahn abzudrehen, der ein Drittel allen Mineralölbedarfs der Schweiz durchschleust. Am Birsfelder Hafen saßen seit dem Morgen rund 90 Personen. Der Port of Switzerland wurde für 30 Stunden blockiert.
Ein Stück weiter westlich im Muttenzer Auhafen belebten rund 30 Personen die Hafenzufahrt. Die FahrradfahrerInnen waren über Schlösser und Ketten zu einer Material-Mensch-Blockade mit ihren Fahrrädern verschmolzen.
Dazwischen pendelte ein Out-of-action beziehungsweise Awareness-Team und verteilt Essen, Wasser, Sonnenschutz und gute Laune. Sobald diese Support-Gruppe mit den Fahrrädern auftauchte, jubelten die AktivistInnen in der Blockade. Wenig später wurde gesungen und getanzt.
Das Blockieren strengt an
Dass einige AktivistInnen im Schatten lagen, verwunderte nicht. Die meisten hatten wohl weniger als vier Stunden Schlaf, und obwohl es an diesem Freitag etwas kühler war als die Tage zuvor, gingen Hitze und Sonne an die Substanz. Bis Samstagmittag 12 Uhr harrten die KlimaaktivistInnen aus. Dann herrscht für alle im Rheinhafengebiet Wochenende.
„On est plus chaud que le climat“ (Es ist heißer als das Klima).
Die Stimmung war nicht nur bei den AktivistInnen gut. Ein Unternehmen stellte seine Toilette zur Verfügung und ein Hafenarbeiter spendierte den Blockierenden am Auhafen Pizza. Auch eine benachbarte Kaffeerösterei solidarisierte sich und offerierte den AktivistInnen gratis Kaffee – auch für die Nacht. Gleichzeitig entschuldigte sich der Mann ein wenig dafür, Pappbecher herauszugeben anstatt Mehrweggeschirr. Auch die Polizei zeigte sich gelassen. Fast schon solidarisch klärte sie Konflikte mit denen, die die Straße passieren wollten und nicht konnten.
Der Ölhafen sollte eigentlich in der Zeit der Climate Games (Freitag und Samstag, 10. und 11. August) geschlossen sein. Dennoch wurden einige Tanklaster befüllt, die jedoch nicht ausfahren konnten. Team Blau, wie die Polizei während der Games gern genannt wurde, ging eher deeskalativ vor. Damit war in einer Zeit der Aufrüstung, die spätestens seit dem G20 Gipfel 2017 allerorts begann, nicht zu rechnen.
Aktuell kann dieser Klimaprotest als Erfolg gewertet werden. Das Aktionskonzept ist für viele SchweizerInnen neu. Es könnte das erste Mal gewesen sein, dass sich Menschen in einem solchen Rahmen an Massenblockaden in der Schweiz beteiligten. Unterstützung erhielten die Climate-Games auch aus umliegenden Ländern. So reiste eine Gruppe aus Göttingen mit dem Fahrrad an das Camp.
Widerstand ist kein Selbstzweck
Die PressesprecherInnen betonten, dass die Form des Widerstands – ziviler Ungehorsam – kein Selbstzweck sein dürfe. Die Verantwortung für die Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens mit dem Ziel, bis 2050 aus den fossilen Brennstoffen auszusteigen, dürfe nicht weiter abgeschoben werden. Hier stünden auch die Eigner des Ports of Switzerland, also die Regierungen der Kantone Basel-Stadt und Baselland, in der Pflicht, erklärte Roberto, einer der beiden PresssesprecherInnen. Lisa ergänzte: „Wir sind die letzte Generation, die noch etwas tun kann. Wir haben es also in der Hand“ (siehe Video unten).
Kämpfe verbinden – so kann man gewinnen
Die Klimabewegung schaffte es erfolgreich Kämpfe zu verbinden. Am Camp nahmen auch Frauen der „Women in Exile“ teil und forderten eine Diskussion um Klimawandel und Fluchtbewegungen. Fluchtursachen infolge des Klimawandels seien eine Bedrohung, die von unserer Gesellschaft noch viel stärker wahrgenommen werden müssen. Frauen sind davon in besonderer Weise betroffen, da sie vielerorts die Versorgung der Familie übernehmen. Sind Zugang zu Wasser und Nahrung erschwert, wirkt sich das direkt auf ihre Arbeits- und Lebensbedingungen aus.
Am Hafen wurde dann auch ein Transparent zu den Folgen globaler Ausbeutung und sicherer Fluchtwege aufgehängt (siehe unten). Zudem trugen einige AktivistInnen Umhänge mit der Botschaft: „Climate Justice now – Frauenstreik 2019!“. Damit beteiligten sie sich nicht nur an einem Aufruf zum politischen Streik, der die Gleichstellung in Mitteleuropa einfordert, sondern zeigten als feministische Bewegung auch ihre Verbundenheit mit den Frauen des globalen Südens.
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