Kommentar von Ferry Ungar – Stuttgart. Zufällig hörte ich am Rand der letzten Pro-Diesel-Demo in Stuttgart ein Gespräch zwischen zwei Passanten: „Unter welchem Motto läuft eigentlich diese Veranstaltung hier?“ – „Dumm wie Brot am Neckartor!“. Ich muss zugeben, dass ich nicht nur sehr belustigt über diese Antwort war. Sie löste in mir bauchmäßig eine erschreckend tiefe Zustimmung aus. Zunächst. Dann mischte sich doch glücklicherweise auch mein Hirn ein. Was ist da eigentlich los? Wer ist da eigentlich gegen was, gegen wen und warum? Viele Fragen taten sich auf. Wie so oft, wenn ein Thema nicht klar schwarz/weiß ist.
Die FahrverbotsgegnerInnen sind der Meinung, dass das Dieselfahrverbot die falschen Leute trifft. Ich finde, da haben sie nun wahrlich nicht unrecht. Es trifft tatsächlich nur diejenigen, die nicht über genug Geld verfügen, sich einfach ein anderes Auto zu kaufen. Sie vertreten weiter die Meinung, dass die Grünen das zu verantworten haben.
Nun ja, auch da ist was dran. Allerdings haben die Grünen das zusammen mit der CDU beschlossen, das mit dem Fahrverbot. Sie erfüllten damit eine gerichtliche Vorgabe – die Luft in Stuttgart muss sauberer werden. Was soll man also tun, so als Landesregierung? Man verbannt die schlimmsten Verursacher aus dem Stadtgebiet. Die Diesel, besonders die älteren, haben nun mal einen verdammt hohen Schadstoffausstoß. Und mal ganz ehrlich: Wer will das denn haben. Das will doch absolut niemand. Aber da meldet sich mein Bauch wieder: Warum werde ich dafür bestraft, dass mein Auto ein Stinker ist? Ich habe es nicht gebaut.
Die rechte Propaganda trieft bis zum Schloßplatz
Reicht diese Argumentation der Pro-Diesel-Fraktion nun tatsächlich aus, dass ich mich einem Protest anschließe, der hinter dem Frontbanner mit der Aufschrift „Ganz Stuttgart hasst die Grünen“ läuft? Stehe ich hinter dem Plakat „Grüne – gefährlichste Partei Deutschlands“? Sicher nicht. So richtig überzeugen mich die Argumente der Diesel-Anhänger nun doch nicht. Hängen da nicht noch ein paar andere Dinge dran?
Die FahrverbotsgegnerInnen sind also für die Aufhebung des Diesel-Fahrverbots. Sie sind gegen die Grünen. Als Begründung geben sie an, diese Partei habe schließlich das Fahrverbot verhängt. Nun kommen noch die AfD und andere rechte Organisationen ins Spiel und versuchen, den teilweise berechtigten Protest für ihre braune Propaganda zu nutzen. Es wird nicht nach den wirklichen Verursachern gesucht, sondern man macht kurzer Hand die Grünen dafür verantwortlich. Die rechte Propaganda trieft übers Neckartor bis zum Schlossplatz.
Wenn dich A betrügt, dann solltest du nicht B dafür hassen
Okay, auch ich meine, dass das Dieselfahrverbot nicht das richtige Instrument ist. Und ja, es fallen mir einige Gründe ein, warum man gegen die Politik der Grünen sein kann. Aber es liegt einfach auf der Hand, dass hier Ursache und Wirkung vertauscht werden. Schuld an der ganzen Situation sind nicht die Grünen, sondern diejenigen, die diese Dreckschleudern auf den Markt geschmissen haben. Schuld sind die, die uns mit diesen Autos betrogen haben. Schuld ist die Automobilindustrie. Die VWs, Daimlers, Porsches, Audis… und wie sie alle heißen.
Sie sind die geldgierigen Betrüger – gedeckt durch unser Wirtschaftssystem, das nur eines kennt: Profit um jeden Preis. Und daran sind nicht in erster Linie die Grünen schuld. Allerdings geht es mir schon mächtig auf den Sack, dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu dieser Milliardenbetrügerei nur kurz den Zeigefinger gegen die Autobauer erhebt – und zur Tagesordnung übergeht. Einen Grund, die Grünen zu hassen, ist das aber nicht wirklich.
Wer einen Schaden verursacht, der muss dafür aufkommen
Die Betrüger sollen für den Schaden aufkommen. Die Automobilindustrie muss die Fahrzeuge auf ihre Kosten umrüsten. Das ist das Mindeste, was in Richtung Gerechtigkeit weisen würde. Das wäre die richtige Forderung. Nur so nebenbei: In einem Rechtsstaat wird normalerweise mit solchen Großbetrügern anders umgegangen. Das deutsche Strafgesetzbuch sieht für einen derartigen Betrug bis zu 10 Jahre Freiheitsstrafe vor.
Sei kein Brot!
Demonstriert also nicht am Neckartor, sondern zieht vor die Büros der Geschäftsleitungen der Automobilindustrie. Dann überlege ich mir nochmal, ob ich ein „Fahrverbotsgegner“ sein kann.
In diesem Sinne: Man sieht sich… auf der Straße! 😉
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